Der bessere Civic?
Honda Civic Diesel
Text: Jakob Stantejsky
In Japan müssen täglich ganz schön viele Köpfe zerbrochen werden, schließlich gehen aus dem Land der aufgehenden Sonne dauernd allerhand Neuentwicklungen in Serie. Siehe den 2019er Mazda 3 mit Benzin-Selbstzünder oder den Infiniti QX50 mit variabler Verdichtung. Auch bei Honda rauchen die Schädel mit Erfolg, wie sich beim nigelnagelneuen Civic Diesel zeigt. Der macht zwar nicht diese ganz großen Schlagzeilen, bringt aber wirklich gescheite Features mit. So braucht er etwa kein AdBlue, um zum Supersaubermann zu werden, sondern fängt die Schadstoffe in einem ganz speziellen Filter auf, wo sie dann je nach Bedarf durch Einspritzung von einer kleinen Menge zusätzlichen Treibstoffs in harmlose Einzelteile zersetzt werden. Generell haben die Ingenieure um jedes Bisschen Einsparungs- und Effizienzpotential gekämpft, dabei aber nie auf den Fahrer vergessen. Denn so umweltbewusst der Civic vor sich hin dieselt, so sehr bleibt er auch seinem Ruf als driver’s car treu. Es ist schon etwas Besonderes, dass man in einem Auto mit einer Verbrauchsangabe von 3,4 Litern auch wirklich Spaß haben kann – und genau das bietet der Civic.
Ja, er ist kein Racer, schon klar. Aber so ruhig und cool der doch recht kleine Diesel vor sich hin werkt, so dynamisch ist er jederzeit. Die 120 PS fühlen sich richtig druckvoll an und ein Drehmoment von 300 Newtonmetern sorgt dafür, dass der Japaner nie einbricht. Mehr Drehmoment bringt übrigens innerhalb der Familie nur der Type R auf die Straße, rein subjektiv fühlt man sich dem 182 PS-Benziner nicht wirklich unterlegen, auch wenn der eineinhalb Sekunden weniger auf die 100 braucht. Dass Honda Autos bauen kann, weiß jeder Beobachter der Branche – dementsprechend mutet es auch nicht überraschend an, dass mit dem Civic durchaus Spaß zu haben ist. Flotter Antritt, geschmeidige Gleitfähigkeiten und eine anregende Kurvenfreudigkeit machen den Klassiker zum idealen Alltagsauto mit dem gewissen sportlichen Extra.
Dabei ist es egal, ob man den letzten Nutzen aus seinem Vehikel quetschen will und daher zum Hatchback greift, oder doch den schnittigen Linien der Limousine verfällt. Denn genug Platz bieten beide auch auf Hinterbank und im Kofferraum – mich als Limo- und Fließheck-Fan begeistert die Flunderform einfach mehr, die dem Civic auch erstaunlich gut zu Gesicht steht. Er kommt irgendwie ein wenig erwachsener rüber als in der Fünftürerversion, bei der das Heck doch deutlich auffälliger daherkommt – aber auch das kann seinen Charme haben. Jeder wie er mag, wie es so schön heißt. Da weine ich nur dem Coupé noch eine kleine Träne nach, von der es in den fernen USA allerdings keine Notiz nehmen wird. In Europa wird es nämlich nix mit dem zweitürigen Civic. Innen besinnt sich Honda erfolgreich auf die eigenen Stärken und stellt ein sympathisches Auto auf die Beine, dass Jedermann sofort im Griff hat und dessen Ästhetik sich irgendwo zwischen simpel, direkt und einladend bewegt. Andere Hersteller bieten zwar viel mehr Spielereien, aber der Civic ist eben vor allem ein Fahrzeug, kein Social Media-Tool. Dafür danke ich Honda inbrünstig!
Ein Kompaktwagen, der einen vielseitigen und agilen Motor, Verlässlichkeit und einen erfrischend anderen Style in sich vereint ist doch das perfekte Alltagsauto, oder? Wer auf Hightechfirlefanz und Premium verzichten kann, der wird mit dem Honda Civic nicht nur glücklich, sondern kommt auch ein wenig weg vom Mainstream – zumindest mit der Limousine, die in unseren Breitengraden bisher ja nicht so der Renner war. Höchste Zeit, dass sich das ändert!