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Jaguar E-Pace: Raubkätzchen

Kratzgefahr!

Ein Raubkätzchen namens Jaguar E-Pace

Der F-Pace ist noch keine zwei Jahre alt und schon ist er das meistverkaufte Jaguar-Modell. Kein Wunder also, dass die Briten auf den Geschmack gekommen sind und jetzt mit einem kleinen Bruder im ganz großen Stil die SUV-Welle reiten wollen. Auf den F-Pace folgt deshalb nun zu Preisen ab 34.950 Euro der E-Pace und will Konkurrenten wie dem BMW X1, dem Audi Q3 oder dem Mercedes GLA das Leben schwermachen.

Von Thomas Geiger
Dabei setzen die Briten vor allem auf die verführerischen Formen aus der Feder von Ian Callum, der die Linien des F-Pace bei der Schrumpfkur noch ein bisschen straffer und sportlicher gezogen und noch etwas weiter in Richtung F-Type getrimmt hat. Der Blick ist deshalb noch entschlossener, das Dach ist flacher, die Seitenscheiben haben eine schnellere Grafik, die Flanken sind stärker konturiert und das Heck noch knackiger. So wird der E-Pace zum Sportwagen auf Stelzen, der mit einer fast schon erotischen Ausstrahlung alle Blicke fängt und die Konkurrenz der jungen Wilden gefährlich schal aussehen lässt.
Zwar setzt Jaguar vor allem auf die Kunst der Verführung. Doch weil es so ganz ohne Vernunft nicht gehen wird, will der E-Pace auch ein praktisches Auto sein. Für sein knappes Format von 4,40 Metern bietet er deshalb nicht nur einen mit 557 bis 1.237 Litern überraschend großen Kofferraum. Sondern bei 2,68 Metern Radstand kann man selbst im Fond noch ganz ordentlich sitzen und wenn man erst einmal unter der tief herunter gezogenen Dachlinie durch die schmale Tür getaucht ist, geht sogar die Kopffreiheit in Ordnung.
Dazu gibt es eine Ausstattung, die der jungen Zielgruppe des Nachwuchs-Jaguars Rechnung trägt. Nicht umsonst hat der Wagen einen WLAN-Hotspot für bis zu acht Endgeräte, einen großen Touchscreen mit eigenem App-Store, ein Head-Up-Dispaly und in den gehobenen Varianten auch digitale Instrumente. Von Selbstverständlichkeiten wie der automatischen Abstandsregelung und der Kameraüberwachung ganz zu schweigen. Dummerweise allerdings merkt man dem E-Pace dabei Druck an, unter dem die Kostenrechner gestanden haben müssen und das Alter des F-Type, aus dessen Baukasten er sich großzügig bedient. Denn während Land Rover mit dem Range Rover Velar gerade neue Standards in Sachen Infotainmet gesetzt hat, sieht der E-Pace schon als Neuwagen innen alt und abgegriffen aus und fährt in dieser Disziplin hinterher.
So frisch der E-Pace auftritt und so neu er für die Marke ist, ist er streng genommen ein altes Auto. Denn im Grunde trägt Jaguar damit nur den Evoque auf, der bei Range Rover so langsam in die Jahre gekommen ist. Doch haben die Briten dem Jaguar trotzdem einen ganz eigenen, sehr viel sportlicheren Charakter gegeben. Das liegt weniger an den Motoren, die allesamt vier Zylinder und zwei Liter Hubraum haben. Selbst wenn die drei Diesel von 150 über 180 bis 240 PS reichen und es bei den Benziner sogar nur 250 oder 300 PS gibt. Und es liegt auch nicht so sehr an den Fahrleistungen, die obwohl ein Sprintwert von 6,4 Sekunden und ein Spitzentempo von 243 km/h für das Top-Modell ja nicht so schlecht sind. Sondern was den E-Pace zum sportlichen Schrittmacher unter den kleinen SUV macht, das ist alleine die Sitzposition. Denn wie ein Ball im ledernen Handschuh eines Baseball-Spieler in den stark konturierten Sitzen gefangen und vom weit herum gezogenen Cockpit umrahmt, fühlt man sich der Straße und dem Auto im E-Pace viel näher als im Evoque und der Konkurrenz aus Deutschland – und hat entsprechend mehr Spaß bei der Sache. Zwar ist weder das Fahrwerk sonderlich sportlich abgestimmt, noch ist die Lenkung übermäßig scharf und spitz. Und trotzdem tollt und tobt man mit dem flotten Kätzchen über die Landstraße als habe man vom Quell der ewigen Jugend getrunken. Und als kleinster und handlichster Jaguar der Neuzeit fühlt sich mit dem E-Pace auch in der Stadtverkehr plötzlich frei und unbeschwert an.
Zwar haben die Briten den E-Pace bei der Entwicklung immer wieder als verspieltes Katzenjunges betrachtet und sich und ihre Arbeit deshalb nicht ganz so ernst genommen. Nicht umsonst tollen deshalb zwei Kätzchen im Rahmen der Frontscheibe und nicht ohne Grund haben die Etiketten an den Sitzen tupfen wie das Fell eines Jaguar. Doch darf man sich von dieser Leichtigkeit nicht täuschen lassen: ohne jeden Zweifel wird der E-Pace schon bald der meistverkaufte Jaguar und die Konkurrenz könnte es künftig deutlich schwerer haben.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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