Mit dem Kia Ceed verpassen die Koreaner dem Dauerbrenner Golf einen Stich ins Herz. Ein Auto, gebaut in Europa, für Europa. Und das merkt man.
Text: Maximilian Barcelli
Einen Asiaten erkennt man schon von der ferne. Vor allem Toyota hat eine schrullige und meist überfuturistische Designsprache entwickelt salonfähig gemacht. Aber auch der Nissan Juke ist alles andere als introvertiert. Und der Hyundai Kona? Der buhlt mit seinen engen Frontscheinwerfern um Aufmerksamkeit.
Ganz anders: der Kia Ceed. Der hat im Namen zwar ein Apostroph verloren, gewonnen hat er wiederum an Ernst und Reife. Das zeigt sich schon beim Einsteigen. Wer ein noch unverspielteres Interieur sucht, findet sich wohl bei VW wieder. Anlass zur Kritik also? Im Gegenteil. Der Innenraum ist grundsätzlich sehr beruhigt, es gibt zwar nicht wenige Knöpfe und Schalter, die sind allerdings so platziert, dass das gesamte Cockpit schön übersichtlich und aufgeräumt ist.
Der Materialienmix ist tadellos, fast schon beeindruckend in der Kompaktklasse. Softtouch und Leder bestimmen das Bild, nur sehr selten erfühlen wir Plastik. Und wenn, dann an Orten, an denen die Fingerchen eigentlich eh nix verloren haben. Besonders gerne greifen wir das lederbezogene Lenkrad an. Zum einen, um der Fuhre die Richtung zu dirigieren. Zum anderen, um mit den vier chromenen Schaltern beispielsweise den Tempomaten oder den Bordcomputer zu bedienen. Die Schalter sind nämlich wunderbar verarbeitet und geben haptisch richtig was her.
Weil wir gerade beim Lenkrad ergo lenken ergo fahren sind: Auch da braucht sich der Koreaner, der wie der Sportage im slowakischen Žilina gebaut wird, wirklich nicht zu verstecken. Beim Fahrwerk fand der Hersteller einen guten Kompromiss zwischen Sport und Komfort. Richtig vom Hocker reißen konnte uns der kultivierte Selbstzünder, der wahlweise mit einer Automatik kombiniert werden kann, bei uns seine Pferdchen allerdings mit dem manuellen 6-Gang-Getriebe auf den Asphalt brachte. Ausreichend Kraft ist dank 136 PS quasi immer vorhanden, die Maximalleistung liegt bei 4.000 Umdrehungen an. Knackig, aber nicht knochig: die Schaltung.
Auch knackig: die Optik. Die ist im Gegensatz zu manchem Kontinentsmann viel gelassener und unaufdringlicher, aber nicht weniger scharf. Die Tagfahrlichter an der Front erinnern mit dem Vier-Punkt-Design ein bisserl an Porsche, was ja wirklich kein Schaden ist. Grimmig blicken auch die Heckleuchten drein.
Ein bedeutender Vorteil asiatischer (und amerikanischer, französischer, … ) Fahrzeuge gegenüber deutschen ist die Finanz. Beim Kia Ceed ist dem nicht ganz so. Allerdings nur auf dem ersten Blick. Der Basispreis unseres Testwagens beträgt rund 31.000 Euro. Was in der Kompaktklasse schon ein recht ordentliches Sümmchen ist. Doch ein Blick in den Konfigurator zeigt: Viel Geld kann man, nachdem man die Platin-Ausstattungslinie (Ledersitze, Parksensoren und vieles mehr, was das Herz begehrt) gewählt hat, sowieso nicht mehr zum Fenster rauswerfen. Höchstens zum Schiebedach – das ist mit 1.200 Eiern die teuerste und fast einzige Zusatzoption. Somit relativiert sich der anfangs happig geglaubte Preis auch wieder.