Kia e-Soul: Der Pragmatiker unter den Stromern

Grantiger Blick, unter der Schale ist er aber eh ganz lieb: Die dritte Generation des Kia Soul fällt optisch auf. Technisch lag der Fokus, wie könnte es anders sein, auf E-Mobilität.

Und zwar besonders in Europa: Während der neue Kia Soul anderswo nämlich noch mit konventionellen Antrieben angeboten wird, gibt’s ihn bei uns nur noch rein elektrisch. Immerhin aber in zwei Varianten; nämlich der Basisversion „Mid Range“ mit der 39,2 kWh großen Batterie, die eher den Nahverkehr, wie man in der ÖBB sagen würde, abdeckt und als Long Range für den Fernverkehr.

Allzu fern darf’s aber auch nicht sein: Einen stressfreien Trip nach Stockholm garantiert der Akku mit einer Kapazität von 64 kWh nämlich nicht. Doch die Reichweite von 452 Kilometer nach WLTP macht immerhin Salzburg in einem Zug möglich. Vor allem, weil die 452 Kilometer nicht so realitätsfremd sind, wie das manchmal der Fall ist. Zumindest bei guten Außentemperaturen, zurückhaltender Fahrweise und geringen Geschwindigkeiten.

Der letzte Punkt ist besonders deshalb wichtig, weil der Kia e-Soul jetzt nicht gerade das aerodynamischste Automobil am Markt ist (das ist nämlich der Mercedes EQS). Auch in Generation 3 setzen die Koreaner nämlich auf die eigenwillige Würfelform, die ihn zwar irgendwie sympathisch macht, aber halt nicht windschlüpfrig. Die Stirnfläche ist massiv – und das spielt bei Autobahn-Tempo schon beim Verbrauch mit rein. Dafür ist das Raumangebot recht üppig, trotz einer Außenlänge von nur rund 4,2 Meter.

Apropos (Innen-)Raum: Der hat kaum was mit dem extrovertierten Äußeren zu tun, allerdings ist das durchaus als Kompliment zu verstehen! Es gibt Knöpfe und Regler, die die Bedienung erleichtern und obendrein auch noch gut verarbeitet sind. Solide ist auch die Materialienauswahl, besonders für das Segment.

Dank analoger Knöpfe ist die Bedienung sehr intuitiv.

Klar gibt’s Hartplastik, allerdings überwiegt Softtouch und vereinzelt, etwa an Lenkrad oder den Sitzen, ziert auch Leder den Innenraum. Dazu serviert Kia natürlich einen Touchscreen sowie teildigitale Armaturen, weil man ja trotz analoger Schalter nicht in der letzten Dekade stecken geblieben ist, und fertig ist ein wohltuend unaufgeregtes Interieur.

Ausgeglichene Materialienauswahl, die Sitze sind mit (Falsch-)Leder überzogen.

Genauso unaufgeregt fährt sich der Kia e-Soul Long Range auch: Fahrwerk und Lenkung sind angenehm komfortabel und die Gas- respektive Stromannahme ist antriebsbedingt großartig, die 204 PS schieben aber nicht nur sehr spontan, sondern generell recht ordentlich an: Nach nur 7,9 Sekunden ist Landstraßentempo erreicht, der Vortrieb endet dann bei 167 km/h.

Eine Geschwindigkeit, die aber aufgrund der vorhin erörterten Gründe sowieso weniger empfehlenswert ist, zumindest wenn man auf dem Weg nach Salzburg nicht in Sankt Pölten stranden will – und dort will eigentlich niemand stranden. Wobei: Schnellladestationen gibt’s auch dort, im Idealfall ist der leere Akku des Kia e-Soul Long Range in knapp unter einer Stunde wieder 80 Prozent voll. Idealfall bedeutet: 80 kW, also die maximale Ladeleistung des kompakten SUVs.

Wie bei allen Elektroautos ist der finanzielle und steuerliche Aspekt ein interessanter: Klar, generell ist ein Kia e-Soul (ebenfalls wie alle anderen E-Autos) nicht günstig, dazu später mehr. Allerdings ist das Sparpotential ein großes: Die motorbezogene Versicherungssteuer entfällt und als Unternehmen kann man sogar die Vorsteuer absetzen. Außerdem gibt es natürlich den E-Mobilitätsbonus von 5.000 Euro. Nutzt halt alles nix, wenn das individuelle Mobilitätsbedürfnis wenig kompatibel mit dem Aktionsradius eines Elektroautos ist.

Wenn Mensch und Maschine aber zusammenpassen, dann bietet sich der Kia e-Soul wohl als eines der pragmatischsten E-Autos am Markt an. Typisch für den koreanischen Hersteller wird auf große Würfe verzichtet: Es gibt keinen ultracoolen Hyperscreen und auch keine Ladeleistung von 270 kW, die man eh nie nutzen kann, weil dafür die Infrastruktur (noch) fehlt. Dafür bekommt man ein freches Design, einen angenehm konventionellen Innenraum und grundsolide State-of-the-Art-Technologie zu einem „okayen“ Preis von mindestens 39.390 Euro.

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