Der Name löst bei der Bleifußfraktion noch immer ein Kribbeln aus und die Autos sind legendär. Doch wirtschaftlich läuft es für Lotus seit Jahren eher bescheiden und die Mutter des Leichtbaus tut sich mit dem Überleben ungeheuer schwer. Zu viele Investoren haben schon zu viele neue Anläufe genommen und zu viele große Ideen gehabt, als dass dabei etwas Sinnvolles herausgekommen wäre. Und so genial die Elise ist, nutzt sich auch das einfachste Sportwagen-Konzept irgendwann einmal ab und braucht deshalb ein paar Frischzellen. Für die hat sich Lotus mit solventen Partnern zusammengetan. Denn mit dem Geld des neuen Eigentümers Geely und der Power von niemand geringerem als Mercedes-Ableger AMG melden sich die Briten jetzt mit dem überfälligen Nachfolger von Elise und Exige zurück auf der Überholspur: Emira heißt der Hoffnungsträger, der sich im Frühling nächsten Jahres zu Preisen, die bereits unter 72.000 Euro (D) beginnen, im Heck von Autos wie dem Porsche Cayman, dem Toyota Supra oder dem Ford Mustang verbeißen soll.
Gezeichnet mit den schnellen Linien des elektrischen Überfliegers Evija, aber mit einer Länge von 4,41 Metern, einer Breite von 1,90 Metern und einem Radstand von 2,58 Metern zwei Klassen kleiner, und wie jeder Lotus dem Leichtbau verpflichtet und deshalb kaum mehr als 1.400 Kilo schwer, nutzt der Emira eine komplett neue Plattform, die Lotus aus Aluminium zusammengenietet hat.
Sie bietet trotz des handlichen Formats mehr Platz als je zuvor und irritiert Elise-Kunden mit einem bislang ungeahnten Maß an Alltagstauglichkeit. So gibt es diesmal nicht nur einen halbwegs ordentlichen, 151 Liter großen Kofferraum hinter dem mittig montierten Motor und 208 Liter Ablage hinter den Sitzen, sondern sogar Platz für Getränke in den Türen. Und wo bei der Elise bei der Premiere vor 25 Jahren selbst das Radio eine Option war, haben die Briten nun digitale Instrumente samt Touchscreen-Infotainment und Komfortfeatures wie ein schlüsselloses Zugangssystem zu bieten. Selbst einen Tempomaten mit Abstandsregelung baut Lotus neuerdings ein.
Neues Design, neue Plattform, neues Ambiente – nur der Motor ist ein alter Bekannter. Denn für die Startaufstellung übernehmen die Briten den 3,5 Liter großen V6, den sie wie für Exige und Evora bei Toyota einkaufen. Anstelle des bisherigen 1,8 Liter allerdings bauen sie einen neuen Vierzylinder ein, den ihnen niemand geringerer als AMG liefert. Da war es wahrscheinlich kein Schaden, dass Lotus-Eigentümer Geely auch der größte Einzelaktionär bei Daimler ist und den Briten so ein paar Türen geöffnet hat. Bislang in Bug von A-Klasse & Co montiert, wandert der Turbo im Emira nun ins Heck und nimmt seine Doppelkupplung gleich mit. Das ist ebenfalls eine Premiere bei den Briten und erweitert die Auswahl, denn Handschalter und Automatik für den V6 bleiben im Programm.
Finale Leistungsdaten hat Lotus noch nicht ermittelt, doch schon die Eckwerte sorgen für ein nervöses Zucken im rechten Fuß. Denn die Leistungsspanne wird irgendwo bei 360 bis 400 PS liegen, das maximale Drehmoment soll bei 430 Nm gipfeln und einen Sprintwert von weniger als 4,5 Sekunden ermöglichen und als Spitzentempo stellen die Briten über 290 km/h in Aussicht.
Zwar wäre der Neustart von Lotus ohne das Geld von Geely und die Hilfe einiger Vollgasfreunde wohl kaum gelungen, doch werden sich die Briten dafür brav revanchieren und einer anderen Sportwagenmarke das Überleben sichern. Denn auf Basis des Emira baut Renault auch die nächste Generation der Alpine.