Elektrifizierung? Nicht mit uns! Während Toyota, Honda, Nissan und Mitsubishi seit Urzeiten Hybriden bauen und mittlerweile allesamt an der Steckdose parken, hat sich Mazda als einziger Japaner lange gegen den Strom gestemmt. Und selbst wenn sich die Querdenker jetzt getrieben vom Tesla-Hype und den drohenden CO2-Strafzahlungen an die EU dann doch dem Trend beugen und nun tatsächlich ihren ersten Stromer bringen, bewahren sie sich ihren fast schon traditionellen Eigensinn. Denn der MX-30, der ab sofort zu Preisen ab 33.490 Euro (D) bestellt werden kann und von Ende September an ausgeliefert wird, hat nicht nur eine ausgesprochen unkonventionelle Karosserie, selbst wenn er auf den ersten Blick wie ein gewöhnliches SUV aussieht. Sondern auch die Konfiguration des Antriebs und seine Fahrleistungen stempeln den Gegner von VW ID.3 oder Nissan Leaf zum Exoten unter den Elektroautos.
Von Thomas Geiger
Grund dafür sind neben der Coupé-Silhouette mit den vom RX-7 inspirierten Türen mit gegenläufigem Anschlag und dem Verzicht auf die B-Säule vor allem der mit 107 kW vergleichsweise schwache Motor und der mit 35,5 kWh konkurrenzlos kleine Akku. Konkurrenten wie der ID.3 von VW starten bei 45 kW für 330 Kilometer und bieten in der Top-Version bis zu 78 kWh für 550 Kilometer.
Wer das negativ sehen will, der jammert über eine Reichweite, die mit gerade einmal 200 Kilometern weit unter dem Durchschnitt liegt, und stöhnt genervt auf, wenn die Elektronik schon bei 140 km/h den Stecker zieht. Doch wer die Sache positiv betrachtet, der akzeptiert das als „Right Sizing“ und freut sich über einen attraktiven Preis, der mit der gerade erhöhten Förderung und der im Gegenzug gesenkten Mehrwertsteuer auf rund 23.000 Euro (D) fällt und damit unter dem vergleichbaren CX-30 liegt. Und vor allem genießt er ein Fahrgefühl, das konkurrenzlos ist. Denn kein anderes Elektroauto in dieser Klasse ist so leicht und lässt sich deshalb so schnittig durch die Kurven treiben – nicht von ungefähr erinnert das Typenkürzel an den Freudenspender MX-5.
Und das enge Band zwischen Mensch und Maschine, zwischen Fahrer und Fahrbahn ist nicht der einzige Unterschied zu Leaf & Co. Zwar rekuperiert der MX-30 mit seinen fünf unterschiedlichen Modi genauso gut wie andere Stromer und ermöglicht damit das bei der Generation E so beliebte One-Pedal-Fahren. Und er hat bei 271 sofort abrufbaren Nm einen ähnlich engagierten Antritt und hängt beim Ampelspurt jeden GTI ab. Doch wo die Konkurrenz den Kunden die Stromer als Oase der Stille schmackhaft machen will oder sie mit einem spacigen Surren ins Weltall beamt, simuliert Mazda einen vergleichsweise konventionellen Motorsound, der obendrein nur nach innen schallt. Der ist unaufdringlich und dezent, reizt die Sinne aber gerade so sehr, dass der Fahrer ein gutes Gespür für seine Geschwindigkeit bekommt und macht den Umstieg so sehr viel leichter.
Das ist nicht zuletzt deshalb wichtig, weil die Japaner in einer anderen Disziplin ein wenig patzen: Das Bedienkonzept wirkt selbst im nagelneuen Cockpit ziemlich altbacken: Hinter dem Lenkrad gibt es links und rechts eines Monitors noch analoge anzeigen und der Bildschirm für Navi & Co ist vergleichsweise klein und lässt sich nur im Stand mit den Fingern bedienen. Einzig das zweite Display für die Klima-Bedienung, das im MX-30 seine Premiere feiert, schmeichelt der Generation iPhone.
Auch bei der Karosserie muss man Kompromisse machen: Ja, der MX-30 sieht unverwechselbar aus, und wenn beide Türen offenstehen, bietet er ungewohnt tiefe Einblicke in eine hübsch eingerichtete Kabine, die eher an ein Wohnzimmer erinnert als an ein Auto. Doch durch die schmalen Fondtüren ist der Zustieg beschwerlich, wo andere Stromer extra viel Beinfreiheit bieten, sitzen man bei Mazda im Fond eher bescheiden und die Kopffreiheit ist trotz einer Delle in der Dachverkleidung auch nicht gerade riesig. So zahlen bei 4,40 Metern Länge und 2,66 Metern Radstand vor allem die Hinterbänkler den Preis für den Anspruch der Japaner, auf Teufel komm raus anders zu sein.
Beim Aufbau mag die Rechnung nicht aufgehen, beim Ambiente dagegen schon. Denn auch bei der Materialauswahl gehen die Japaner neue Wege – und finden damit zugleich zu ihren Wurzeln zurück. Zum ersten Mal kommen in einem Auto für die Großserie Verkleidungen aus echtem Kork zum Einsatz. Das ist natürlich und nachhaltig und fühlt sich obendrein gut an. Und es erinnert im Jahr des 100. Geburtstags an die Anfänge der Firma, die nicht zum Bau von Autos gegründet wurde, sondern zur Produktion von Korken.