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Mercedes-AMG G 63: Das nächste Kapitel der G-schichte

Von wegen Ende Gelände. Nur weil alle Welt mit Hochspannung auf die elektrische G-Klasse wartet und wie elektrisiert ist von der Aussicht auf eine Bonsai-Ausgabe des kantigen Klassikers, haben die Entwickler in Stuttgart, Graz und Affalterbach das Original nicht vergessen. Im Gegenteil: Während sie eifrig an der Zukunft basteln, schicken sie die Gegenwart noch einmal in die Verlängerung und spendieren der aktuellen G-Klasse ein gründliches Facelift. 

Fotos: Hersteller

Von außen wird man dieses Update – das gehört schließlich seit bald 50 Jahren zur Tradition der G-Klasse – natürlich kaum erkennen. Denn viel mehr als ein bisschen aerodynamischen Feinschliff aus der Entwicklung des EQG werden sich die Schwaben bei dem lieb gewordenen Vierkant nicht erlauben. Und innen dürfte es außer ein bisschen mehr Lack und Leder vor allem den dann neuesten Softwarestand für das Infotainment-System geben – mit Google-Einbindung in den Karten und einer noch schlaueren Sprachsteuerung.

Doch was wirklich einen Unterschied macht und zugleich ein Bekenntnis zum klassischen G ist, das sind die neuen Motoren, die mit der Modellpflege im nächsten Sommer Einzug halten. Zwar müssen sich die Kunden vom lieb gewordenen G500 verabschieden, der nur noch als Marketing-Mogelpackung mit einem Reihensechszylinder samt 48 Volt-Technik weiterlebt. Doch genau wie Mercedes in einem G Vierhundertirgendwas mit einem ebenfalls milde hybridisierten Sechszylinder dem Diesel die Treue hält, leistet sich AMG für den G 63 noch einmal einen überarbeiteten V8. Das Vier-Liter-Triebwerk bekommt dann ebenfalls einen Starter-Generator mit 48 Volt-Technik, der so auch noch den letzten Rest vom Turboloch zuschaufelt und schon im Prototypen einen mächtigen Punch demonstriert. Für finale Daten ist es noch zu früh: Aber mehr als die aktuell 585 PS und 850 Nm wird er schon haben und die vollen 4,5 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 wird er auch nicht brauchen. Wäre doch gelacht, wenn bei der Leistung am Ende nicht eine Sechs an erster Stelle stünde und es vielleicht – nomen est omen – sogar für 630 PS reichen würde. Und mit ein bisschen Glück knackt der G 63 im Sprint vielleicht sogar erstmals die Vier-Sekunden-Marke. Man wird ja wohl mal ein bisschen träumen dürfen. 

Insbesondere AMG lässt es aber nicht allein beim neuen Achtzylinder. Sondern weil es keine andere Modellreihe mit so einem hohen AMG-Anteil gibt und sie wahrscheinlich an keinem Auto mehr verdienen, leisten sich die schnellen Schwaben noch den Luxus eines neuen Fahrwerks, das am Ende wahrscheinlich sogar mehr ausmacht als das bisschen mehr Leistung des neuen Motors, weil der Koloss damit auf der Straße noch schneller ums Eck kommt und abseits des Asphalts noch mehr Traktion entwickelt. 

Dafür bedienen sich die Scharfmacher aus Affalterbach ausgerechnet am neuen SL und seinem geschlossenen Ableger AMG GT. Denn genau wie bei den beiden Flachmännern gibt es künftig als Option auf für den G 63 die so genannte Active Ride Control mit einer hydraulischen Regelung der Dämpfer, die gleichermaßen den Komfort verbessert, die Stabilität und die Traktion.

Im zivilen Betrieb lässt sich mit dem unterschiedlichen Druck für jedes Rad und einer ultraschnellen Vernetzung mit allen Stabilitäts- und Assistenzsystemen damit fast aufs Grad genau die Wankneigung der Karosserie und der Grad der Anbindung einstellen. Während der G 63 im Komfortmodus deshalb jetzt übers Kopfsteinpflaster schlurft wie in flauschigen Filzpantoffeln, schnürt er in Sport+ nun die Laufschuhe, ist scharf, stramm und vor allem nahezu aufrecht. Selbst in engen Kurven neigt er sich kaum mehr zur Seite und nach drei Minuten hat man vergessen, dass man hier eigentlich auf einem kolossalen Hochsitz über der Straße thront. 

Musste man ein derart dynamisches Fahrverhalte auf der Straße bislang mit Abstrichen im Gelände bezahlen, hilft das Kinetic-Fahrwerk auch hier weiter. Weil nur noch eine Hydraulikleitung die Räder verbindet und nicht mehr ein Drehstab, lässt sich über den Druck auf die Radaufstandsfläche für jedes Rad unabhängig regeln. Damit hat jeder Reifen immer die maximale Traktion und der G entsprechend mehr Grip. Nicht, dass er sich nicht bislang schon überall durchgewühlt hätte. Doch wer die Entwickler bei der Abstimmung in den Prototypen des neuen G 63 begleitet, dem kommt das ganze jetzt noch spielerischer vor. Apropos spielerisch: Weil die Ingenieure um den Spielrieb ihrer Kunden wissen, haben sie ihnen in einigen Offroad-Programmen so viel Spielraum eingeräumt, dass sie Neigungs- du Driftwinkel nahezu frei einstellen und entsprechend engagiert über Schnee oder Schotter fliegen können.

Mehr Spaß auf der Straße und mehr Biss im Gelände – wo die Ingenieure früher mit „entweder oder“ leben mussten, ermöglicht ihnen das neue Fahrwerk „sowohl als auch“ und passt damit perfekt zum jüngsten Kapitel der uralten Erfolgsgeschichte. Denn je älter die G-Klasse wird, desto weniger Kompromisse macht sie. Und das gilt dann künftig nicht nur für Form und Format sowie für die Art des Antriebs, sondern auch für das Terrain: Wer einen G 63 fährt, so die Botschaft, der ist dann auf jeden Untergrund perfekt eingestellt und mit Sportschuhen genauso gut angezogen wie mit Trekking-Stiefeln.

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