Die Pole schmelzen, die Wälder brennen und Schneeleoparden verlieren ihren Lebensraum: Wie passt also ein Mittelklasse-SUV mit fettem Achtzylinder in unsere Zeit?
Sorry to say, aber: Vermutlich gar nicht. Was allerdings nicht heißt, dass sich der SUV-Liebhaber nur noch elektrisch oder, Gott behüte, via Dreizylinder fortbewegen muss. Für all jene, die weder Raubschminkis killen, noch auf Wumms unter der Haube verzichten wollen, hat Mercedes-AMG eine feine Brot und Butter-Variante in der Hinterhand.
Und nicht nur das: Vor fünf Jahren präsentierte Mercedes auch eine aerodynamisch optimierte Version ihres Mittelklasse-SUVs, die es auch noch nach dem 2019er-Facelift gibt. Das GLC Coupé verbraucht 0,1 Liter auf 100 Kilometer weniger. Gut, dafür muss man auch einen um 80 Liter kleineren Kofferraum in Kauf nehmen. Aber hey, was tut man nicht alles für’s Klima.
Außerdem sind 500 Liter für viele immer noch mehr als genug. Zusätzlich punktet das Mercedes GLC Coupé mit Ästhetik. Klar, Schönheit liegt im Auge des Betrachters und vor allem bei SUVs mit abfallender Dachlinie scheiden sich die Geister. Tatsache ist: SUV-Coupés verkaufen sich wie warme Semmeln. Womit wir wieder beim Brot sind. Und bei der Butter.
Wenn nämlich bei einem Mercedes die Affalterbacher ihre Finger im Spiel haben, dann ist das in Wirklichkeit nie bloß Brot und Butter. Selbst wenn es sich „nur“ um den 43er handelt. Natürlich, das mit Lachs belegte Brötchen ist schon der Mercedes-AMG GLC 63, aber eines mit Schinken, Ei und einem Tupfer Mayonnaise macht ja auch satt.
Genauso stillt das Mercedes-AMG GLC 43 4Matic Coupé den Hunger nach Speed und Sound. Dass dessen V6-Triebwerk keine „echte“ AMG-Maschine ist, macht sich weder akustisch, noch im Vortrieb bemerkbar. Einverstanden, ganz so entfesselt, wie frühere AMG-Modell, klingt der 43er nicht mehr. Was aber weniger damit zu tun hat, dass das Triebwerk nicht in Affalterbach zusammengeschustert wird, sondern das dessen Abgase von einem Ottopartikelfilter gesäubert werden – gemeinsam mit dem Sound. Zwangsweise ein Nachteil ist das aber nicht, der AMG-Klang war nicht wenigen too much. Und schlecht tönt der GLC 43 auch mit OPF nicht, nur eben zurückhaltender.
Wenig zurückhaltend ist die Beschleunigung: Das Mercedes-AMG GLC 43 Coupé schiebt gnadenlos nach vorne, in 4,9 Sekunden peitscht ihn das doppelt zwangsbeatmete 3-Liter-Triebwerk auf Landstraßentempo. Danach geht’s munter weiter, bis man bei 250 km/h in den Begrenzer rennt.
Mercedes hat an der Software rumgedoktert, sodass am Datenblatt nun 390 anstelle von 367 PS stehen. Das Drehmoment bleibt mit 520 Nm gleich, allerdings liegt es erst später an. Schneller auf Tempo 100 geht das Post-Facelift-Modell allerdings nicht, schon das 2016er-Modell absolvierte den Paradesprint in 4,9 Sekunden.
Dafür gibt es andere Unterscheidungsmerkmale, die die Modellpflege ausmachen. Die auffälligsten Veränderungen in Sachen Exterieur sind wohl die neu gezeichneten Leuchten, vor allem das Heck macht dadurch einen eleganteren Eindruck. Speziell beim AMG 43er gibt es eine weitere, optische Überarbeitung: Auch der Schinken-Ei-AMG trägt jetzt, wie der Lachs-AMG, den Panamericana-Grill.
Der Innenraum des semi-neuen GLC zeichnet sich vor allem durch das Infotainmentsystem aus. Konkret erfolgt die Bedienung anders: Man kann jetzt auf das Display touchen und mit dem System sprechen, was meist top funktioniert. Dass als Bedienalternative allerdings nicht mehr der Dreh-Drück-Regler zur Verfügung steht, der haptisch ein echter Hochgenuss war, sondern ein Mousepad, finden wir weniger berauschend. Verbessern heißt verändern, hat Sir Winston Churchill einmal gesagt. Dass verändern aber auch verschlechtern heißen kann, blieb unerwähnt.
Wobei sich der Mercedes GLC summa summarum natürlich nicht verschlechtert, sondern schon verbessert hat. Nur beim Preis, da stagniert er: Bei 88.600 Euro beginnt der AMG GLC-Spaß, das Ende ist ob der eher schwächeren Grundausstattung offen, wie auch die endgültigen 120.000 Flocken für unseren Testwagen zeigen. Rein vom Kostenaspekt hat das Mercedes-AMG GLC 43 Coupé wohl doch weniger mit einem Schinken-Ei-Brötchen zu tun, sondern mehr mit einem mit Blattgold überzogenem Steak vom Wagyu-Rind. (Dass Sie natürlich nicht essen, weil Fleischessen scheiße für’s Klima ist. Dann hätten Sie sich für die 120.000 Euro gleich den Achtzylinder genehmigen können.)