Dagegen war die „Rote Sau“ nur ein friedliches Ferkel. Denn wenn AMG die neue Mercedes S-Klasse im nächsten Jahr auch den S 63 von der Leine lässt, verblasst sogar der vielleicht wildeste Rennwagen, auf jeden Fall aber berühmteste AMG der 1970er, mit dem die schnellen Schwaben dem Luxusliner als 300 SEL 6.9 beim Sieg in Spa 1971 die Krone aufgesetzt haben. Denn wo damals 420 PS schon alle Vorstellungen sprengten, stehen heute 802 PS und bis zu 1.430 Nm im Fahrzeugschein und machen den neuen S 63 zur stärksten S-Klasse in der Modellgeschichte – und wenn es so weitergeht mit der Elektrifizierung, dann steht kaum zu erwarten, dass es irgendwann nochmal einen Nachschlag geben wird.
Doch auch wenn AMG zur Premiere die Tradition bemüht und einmal mehr die Petrolheads alter Schule lockt, steht dieser S 63 für den Aufbruch in eine neue Zeit. Zwar bleibt es anders als beim C 63 wenigstens beim V8 mit soliden vier Litern Hubraum und sündigen 612 PS. Doch weil es ganz ohne E-Modul und ein bisschen stilles Stromern offenbar selbst auf der Überholspur nicht mehr geht, gibt’s dazu wie schon im viertürigen GT und eben im C 63 den Affalterbacher Performance-Plug-In mit der E-Technik aus der Formel 1.
Deshalb steckt im Heck ein E-Motor, der mit bis zu 190 PS an der Hinterachse reißt und so gleich auch noch den Allrad übernimmt. Und weil die S-Klasse noch seltener auf die Rennstrecke geht als ein viertüriger GT, dafür aber häufiger in der Stadt unterwegs ist, hat AMG die Batteriekapazität mehr als verdoppelt und bietet bei 13,1 kWh nun eine elektrische Reichweite von 33 Kilometern. Natürlich wissen sie in Affalterbach auch, dass man damit heute keinen Klimaschützer beruhigen kann. Doch geht es ihnen ja vor allem um maximale Performance, hohe Leistungsabgabe und schnelle Rekuperation. Eile, nicht Effizienz ist das Leitmotiv, das die S-Klasse vortrefflich erfüllt. Schließlich gelingt der Spurt von 0 auf 100 km/h in bestenfalls 3,3 Sekunden und Schluss ist erst bei 290 Sachen – das ist Fracksausen für Fortgeschrittene. Und wer wirklich durch Strom sparen will, soll gefälligst eine normale Plug-in-S-Klasse kaufen, die immerhin 100 Kilometer weit stromert.
Wie immer bei AMG ist es aber mit einem potenten Antrieb nicht getan. Sondern die schnellen Schwaben haben den Luxusliner auch neu abgestimmt und dafür zum Beispiel zum ersten Mal Luftfederung, Hinterachslenkung und aktive Wankstabilisierung kombiniert. Und natürlich gibt’s ein Update fürs Design. Innen macht der Luxusliner deshalb jetzt auf First-Class-Fitness und außen spannt der Smoking über einem mächtigen Sixpack. Dabei geht AMG diesmal weiter denn je, sagt Firmenchef Philipp Schiemer: „Mit der stärksten S-Klasse aller Zeiten gehen wir aber AMG typisch nicht nur eigene technische Wege, sondern geben auch optisch ein starkes Statement: Zum ersten Mal erhält auch die S-Klasse Limousine unsere AMG-spezifische Kühlerverkleidung, so dass die Markenzugehörigkeit so eng ist wie nie zuvor.“