Statt Cluburlaub mit 5 Sternen lieber Ravioli aus der Dose – der Trend zum tatsächlich individuellen Urlaub im privaten, intimen Rahmen ist im Vormarsch. Die Campingversion „Marco Polo“ der V-Klasse bietet kuschelig-wohnliche vier Wände auf praktischen vier Rädern und bleibt gerne überall da stehen, wo es gerade besonders schön ist.
Text: Philipp Stalzer
Mit der V-Klasse hat Mercedes-Benz die Klasse der „auf Personentransport gepimpten“ Nutzfahrzeuge neu definiert. Ein völlig unterschiedliches Armaturenbrett und Innenleben differenziert die V-Klasse vom gschamster Diener „Vito“ so deutlich, dass atmosphärisch ein anderes Auto entstanden ist. Der üblicherweise mit Malerkübel oder einem Werkstatteinbau als Transportgüter vorlieb nehmen müssende Vito kommt nicht annähernd an das loungige Wohlfühlgefühl in der V-Klasse, in der sich vor allem Generaldirektoren gut aufgehoben fühlen. Das ist doch die perfekte Basis für ein Auto, in dem man nicht nur fahrend, sondern auch parkend viel Zeit verbringt – für ein Reisemobil, einen Camper!
Marco Polo bereist die Welt
Seine Namen hat der „Marco Polo“ von einem venezianischen Händler, der im 11. Jahrhundert eine Reise nach China angetreten ist. Für damalige Verhältnisse natürlich unglaublich, mit der V-Klasse fährt man heutzutage aber auch wenn es sein muss auf einer Arschbacke sitzend dort hin. Der Fahrkomfort ist große Klasse (beinahe schon S-Klasse), die Rundumsicht durch die erhöhte Sitzposition genau so, wie man es sich wünscht um schöne Landschaften schon während der Fahrt genießen zu können. Der in Zusammenarbeit mit dem Campingprofi „Westfalia“ realisierte Um- und Einbau schlägt mit rund 600 Kilogramm zu buche, die nicht spurlos am Fahrverhalten des Marco Polo vorübergehen, es aber keinesfalls negativ beeinflussen. Das rund 2,4 Tonnen schwere Hotelzimmer gleitet sanft dahin, Unebenheiten bringen die Fuhre nicht mal ansatzweise aus der Ruhe. Mit dem Topmodell 250 BlueTEC (2,2 Liter 4-Zylinder Diesel mit 190 PS) und der serienmäßigen 7-Gang Automatik cruist es sich unaufgeregt und solide die Autobahn entlang, aber auch auf winkeligen Küstenstraßen gerät der Marco Polo nicht außer Atem und lässt sich spurtreu und sicher dirigieren. Das harmonische Fahrverhalten ist vor allem dem Hinterradantrieb zu verdanken, der die Lenkung ohne Einflüsse von Antriebskräften ihren Job präzise erledigen lässt. Alles mutet beruhigend, auf den kommenden Urlaub einstimmend und entspannend an. Sogar am Weg ins Büro wird das funktionieren, denn der V-Klasse Camper ist eben kein reines Wohnmobil sondern eine Lösung für das ganze Jahr über.
Alles mutet beruhigend, auf den kommenden Urlaub einstimmend und entspannend an. Sogar am Weg ins Büro wird das funktionieren, denn der V-Klasse Camper ist eben kein reines Wohnmobil sondern eine Lösung für das ganze Jahr über.
Camping mit Zugeständnissen
Sollte die Urlaubsplanung einen 2-wöchigen Aufenthalt in der Pampa ohne jegliche Infrastruktur vorsehen, ist der Marco Polo nicht die richtige Wahl. An Bord findet sich eine so modern wirkende Küchenzeile wie im aktuellen Möbelhauskatalog (aber das teure), mit zwei Gasflammen und einem elektrisch betriebenen Kühlfach sowie mehreren Schubladen und Fächern gut nutzbar. Die daneben angebrachte 2er-Bank lässt sich mit gefinkelten Tricks (mit variablen Luftpolstern versehene Seitenwagen um den Seitenhalt im Fahrbetrieb und den Komfort als Liegefläche gleichermaßen zu gewährleisten) zum Bett umbauen und auch das (optional elektrisch) aufklappbare Campingdach sorgt für Kopffreiheit im mit nobel wirkendem Holzboden versehenen „Wohnzimmer“ oder wird als sehr komfortables Bett (wir haben es für eine Nach ausprobiert) für zwei schmäler gebaute oder gerne kuschelnde Personen verwendet. Im Kofferraum befindet sich eine klug verstaute „Gartensesselgarnitur“, um den frisch gebrühten Kaffee, das Frühstück oder auf den Gasflammen gekochte Mahlzeiten genießen. Aber Körperpflege und längerer Betrieb der Komfortfunktionen durch die Zusatzbatterie ist nur beschränkt möglich. Zwar gibt es einen Anschluss für einen Duschkopf aus dem 40 Liter fassenden Frischwassertank (Outdoor-Dusche) und der Marco Polo startet auch dann, wenn der Kühlschrank oder die LED-Beleuchtung des „Wohnraumes“ die Zusatzbatterie leergesaugt haben, aber die Umgebung eines Campingplatzes ist auf Dauer nötig. Für spontane Übernachtungen an wunderschönen, idyllischen Plätzen oder einen Roadtrip mit manchen Hotelübernachtungen zwischen den Etappen ist der Marco Polo perfekt. Und vor allem auch für den Alltagsbetrieb im „zivilen“ Leben.
Sollte die Urlaubsplanung einen 2-wöchigen Aufenthalt in der Pampa ohne jegliche Infrastruktur vorsehen, ist der Marco Polo nicht die richtige Wahl… Für spontane Übernachtungen an wunderschönen, idyllischen Plätzen oder einen Roadtrip mit manchen Hotelübernachtungen zwischen den Etappen ist der Marco Polo perfekt.
Tausendsassa und variabel
Anders als ein reines Campingauto ist der Marco Polo auf eine Nutzung als Alltagsauto mit der zusätzlichen Möglichkeit bis zu 4 Personen zu beherbergen konzipiert. Trotz des Campingdaches beträgt die Gesamthöhe unter 2 Meter, sodass der Marco Polo in jeder „handelsüblichen“ Parkgarage willkommen ist. Das Modul im Kofferraum, das die Outdoor-Sitzgarnitur als auch ein Teil des unteren Bettes beinhaltet, kann relativ einfach entfernt werden um den Stauraum im „zivilen Gebrauch“ zu vergrößern. Die hintere Bank lässt sich in der Länge beliebig verschieben, um Platz für Güter aller Art zu machen. Nicht ändern lässt sich die leicht schepprige Akustik des Innenausbaues, der sich für die Vielzahl an Laden und Fächern und der aufwändigen Dachkonstruktion aber vornehm zurückhält. Durch das knurrend-brummende Laufgeräusch des 4-Zylinder Diesels und dezenter Beschallung aus der HiFi-Anlage (Burmester Sound aufgrund der Zusatzbatterie leider nicht möglich) entsteht aber ein dezenter Klangteppich, der auch längere Fahrten angenehm zu untermalen versteht.
Marco Polo „Light“ und more to come
Auf Basis des Arbeitsstieres Vito bietet Mercedes-Benz den „Marco Polo Activity“ an, sowas wie eine Light-Version. Statt der „Küchenzeile“, also dem seitlichen Ausbau, verfügt der Activity über eine Dreier-Bank, das Aufklappdach ist ausschließlich manuell lieferbar. Das Cockpit entstammt dem des Kastenwagens, atmosphärisch wähnt man sich in einem anderen Auto. Der rustikale und wirklich nur aufs spontane Übernachten ausgelegte Marco Polo Activity soll vor allem Outdoor-Sportler oder auch etwa leidenschaftliche Musikfestivalbesucher ansprechen, die ein geringeres (aber leider immer noch stattliches) Budget (Marco Polo ab 62.300 Euro, Activity ab 47.600 Euro) zur Verfügung haben oder aber auch die Küchenzeile und das noblere Ambiente des „vollwertigen“ Marco Polo einfach nicht benötigen. Weiters wird es ab sofort auch Allradantrieb für die V-Klasse und natürlich die Marco Polo Derivate geben, die den Aktionsradius noch weiter vergrößern und das Erforschen abgelegener Plätze noch einfacher und risikoloser machen. Neben den beiden Varianten plant Mercdes-Benz weitere Freizeitmobile, auch auf Basis des großen Transporters Sprinter, mit Kooperationspartnern rauszubringen. Endlich hat man als Camper auch so lässige „Utensilien“ zur Verfügung, um den individuellen und idyllischen Campingurlaub so cool und entspannt werden zu lassen, wie man sich das im Vorhinein vorstellt.