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Mercedes GLC: Der Abschied fällt schwer

Sie richten den Blick notorisch in die elektrische Zukunft, und wenn man Ola Källenius so zuhört, dann hat diese Zukunft längst begonnen. Schließlich lässt der Mercedes-Chef kaum eine Gelegenheit aus, um das Hohelied der E-Mobilität zu singen und seine ambitionierte Strategie für den Stern unter Strom zu predigen. Doch die Realität sieht (noch) ein bisschen anders aus: So steil die Zulassungszahlen der Stromer auch wachsen mögen, sind das Gros der Neuzulassungen noch immer Verbrenner und längst nicht jeder Autokäufer ist schon bereit, statt der Zapfsäule eine Ladesäule anzufahren. Nicht umsonst ist es eben nicht der EQC, sondern der GLC, der bei den Schwaben an der Spitze der Absatztabelle steht und jetzt in die dritte Generation wechselt: „Mit dem neuen GLC führen wir eine Erfolgsgeschichte in die Zukunft“, sagt Vertriebschefin Britta Seeger: 2,6 Millionen Kunden weltweit haben sich seit Einführung für den GLC entschieden. Als meistverkauftes Mercedes-Benz Modell in den letzten zwei Jahren ist er eines der wichtigsten Fahrzeuge unseres Produktportfolios.“ 

Kein Wunder also, dass Baureihenleiter Peter Kolb alle Register gezogen und nicht einfach die neue C-Klasse auf Stelzen gestellt hat. „Sondern wir haben uns sehr genau die Stärken und Schwächen des aktuellen GLC angeschaut. Und wo der alte GLC schon gut war, haben wir noch einmal nachgelegt, während wir die wenigen Kritikpunkte am Vorgänger adressiert und abgeschafft haben“, sagt Kolb und lenkt den Blick auf einen neuen Typen mit mehr Charakter. Zwar wirkt der GLC einerseits glatter und konturloser als bisher, was sich in einem weiter reduzierten Luftwiderstand und vor allem in einem wattepropfigen Geräuschniveau niederschlägt. Zugleich tritt er aber auch bulliger auf, weil der Bug weiter aufragt ist und die Motorhaube entsprechend angehoben wurde.

Das ist ein Eindruck, der sich innen festigt, weil auch das Cockpit, das zwar digital ist, aber ohne den Hyperscreen der EQ-Modelle auskommen muss, ein paar Fingerbreit nach oben gewandert ist. Und wer ein Maßband anlegt, der findet nun sechs Zentimeter mehr, um die Mercedes den GLC vor allem zugunsten des Kofferraums gestreckt hat. „Denn das war eine Kritik, die wir uns zu Herzen genommen haben“, räumt Kolb ein und verspricht künftig mindestens 600 Liter Stauraum, rund zehn Prozent mehr als bisher. Und weil zugleich der Radstand um 1,5 Zentimeter gewachsen ist, gibt’s auch einen Hauch mehr Platz für die Hinterbänkler.

Mercedes GLC auf Wolken

Wer Kolb im Prototypen begleitet, der wird der Welt dank einer neuen Vierlenker-Vorderachse und einer verbesserten Luftfederung wieder ein wenig weiter entrückt: Denn wie es sich für ein SUV nach Kolbs Vorstellung gehört, bietet der GLC ein souveränes, leicht schwebendes aber auf jeden Fall erhabenes Fahrgefühl. „Spätestens da fühlen sich C-Klasse und GLC dann ganz anders an,“ sagt der Baureihenchef.

Doch entdeckt man dabei auch eine neue Seite am GLC: Nicht nur, dass der große Gleiter überraschend viel Bodenhaftung hat und sich der Fahrer bei aller Distanz eng mit der Straße verbunden fühlt. Er wirkt auch überraschend handlich und kreuzt durch den Handling-Parcours, als wolle er ein GLA sein. Kein Wunder, schließlich baut Mercedes zum ersten Mal auch in dieser Klasse eine Hinterachslenkung ein. Und selbst wenn die anders als in S-Klasse & Co die Hinterräder keine zehn, sondern nur gute vier Grad einschlägt, reduziert das den Wendekreis um fast einen Meter. 

Weiterentwickelt haben Schwaben zudem die Abenteuerlust des GLC. So kraxelt der Geländewagen im neuen Offroad-Fahrprogramm nun nicht nur besser und hat dafür eigens ein zweites Geländeniveau für die Luftfederung mit dann bis zu 65 Millimetern mehr Bodenfreiheit bekommen. Sondern auf Knopfdruck wird die Motorhaube transparent und auf dem Bildschirm sieht man, den Kameras sei Dank, durch den Bug direkt auf die Straße. Das erleichtert schwere Kletterpartien auf unwegsamem Terrain und schützt zugleich die teuren Felgen beim Rangieren in der Stadt. 

Motorenvielfalt

Dass der GLC viel mehr sein will als eine aufgebockte C-Klasse, merkt man nicht zuletzt am Portfolio der Motoren, die allesamt elektrifiziert sind – wenn zumeist auch nur mit einem 48 Volt-System und einem Startergenerator, der immerhin 17 kW und 250 Nm ins Rennen wirft.  Denn wo sich die C-Klasse beim Basis-Benziner noch mit 1,5 Litern Hubraum bescheiden muss, setzt Kolb beim GLC auf einen 2,0-Liter, weil Souveränität eines SUV auch etwas mit Hubraum zu tun hat. Und wo die Flachbauten neuerdings immer nur in vier Töpfen kochen, brennt der GLC auch weiter mit sechs Flammen. Zumindest für die Dieselfahrer gibt es nämlich auch diesmal wieder einen Reihen-Sechszylinder, der mit weit über 300 PS die Motorpalette bis zum Debüt des fest eingeplanten AMG-Modells anführen wird. Los geht es allerdings für die Otto-Fraktion mit einem GLC 200 mit 204 PS oder einem GLC 300 mit 258 PS sowie für die Öltanker mit dem 197 PS starken 220d oder dem zweistufig aufgeladenen 300d mit 265 PS. 

So neu und vor allem gut der neue GLC auch sein mag, wirkt er angesichts der elektrischen Euphorie, die sie im Stuttgart gerade verbreiten, fast schon von gestern – selbst wenn er doch fürs Morgen gemacht ist. Doch keine Sorge, sagt Baureihenleiter Kolb, der GLC wird den Anschluss schon nicht verlieren. Im Gegenteil: kurz nach dem Start kommen gleich zwei Benziner und ein Diesel mit Plug in Hybrid, mit Systemleistungen von 313 bis 381 PS, einer 100 kW starken E-Maschine und einem Akku von 31,2 kWh. Über 100 Kilometer mit bis zu 140 km/h fährt der GLC damit rein elektrisch und stimmt auch Zweifler auf die Zukunft ein.

Eleganter, effizienter, mit einem Heer verbesserter Assistenzsysteme sehr viel intelligenter und durch die Bank weg mehr oder minder stark elektrifiziert – so hat der neue GLC das Zeug zum besten SUV unter dem Sternenhimmel oder womöglich gar im gesamten Segment. Doch freuen kann sich jemand wie Mercedes-Chef Ola Källenius darüber eigentlich nicht. Schließlich wird der Aufbruch in die neue Ära für die Kundschaft so nur noch schwerer und der EQC verliert gar vollends an Reiz.

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