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Mercedes-Maybach S-Klasse: Spitze des Sternenhimmels

Mercedes steckt sein Flaggschiff in einen Frack. Denn als wäre die S-Klasse nicht schon vornehm und luxuriös genug, legen die Schwaben jetzt auch wieder eine Maybach-Version der Luxuslimousine auf: Für mindestens 222.160,01 Euro gibt es dann nicht nur eine Extraportion Lametta, sondern vor allem noch einen weiteren Längenzuwachs: 18 Zentimeter mehr Radstand und entsprechend mehr Raum im Fond machen den Maybach zum luxuriösen Lindwurm, der es selbst mit einem Bentley Flying Spur oder einem Rolls-Royce Ghost aufnehmen kann.

Von den nun 3,40 Metern zwischen den Achsen und den 5,47 Metern vom Bug bis zum Heck profitieren vor allem die Hinterbänkler: Mit aktiver Geräuschunterdrückung wie in Watte gepackt und von der mit Kameraaugen vorausschauenden Luftfederung wie auf Wolken gebettet, lümmeln sie auf Loungeliegen wie im First-Class-Flieger und bekommen nun nicht nur Nacken und Schultern gewärmt und neben dem Rücken erstmals die Waden massiert, sondern auch den Gurt automatisch angereicht. Selbst die Türen öffnen und schließen – elektronisch vom Totwinkel-Sensor und den Parkpiepsern kontrolliert – auf Knopfdruck elektrisch. Wer partout noch arbeiten muss, findet in der Mittelkonsole einen filigranen Klapptisch und am Himmel einen Spot, dessen Intensität und Brennweite jeder für sich einstellen kann. Und wenn’s was zu feiern gibt, liegt in dem stufenlos temperierbaren Barfach zwischen den Sitzen sicher schon der Champagner bereit – die silbernen Maybach-Kelche inklusive. 

Allerdings bietet die Maybach S-Klasse nicht nur maximalen Komfort und Entspannung und wird zur perfekten Ruhe-Zone für den gestressten Besserverdiener. Sondern der Luxusliner steigert auch sein Renommee. Denn wo die herkömmliche S-Klasse mit ihrem sportlichen Luxus fast ein bisschen dezent geraten ist, trägt der Maybach dick auf. Nicht nur die Länge sticht heraus und die Zweifarblackierung, die bis zu einer Woche Arbeit bedeutet. Sondern vor allem der fette Grill mit denen feinen Nadelstreifen aus Chrom ist in Größe und Glanz kaum zu übersehen. Das wird vor allem die Chinesen freuen, die mehr Maybach kaufen als jedes andere Volk auf der Welt. 

So vorlaut der Maybach außen auftreten mag, wird er für die Insassen zum perfekten Leisetreter. Denn nichts, aber auch gar nichts stört in diesem Auto die Ruhe beim Reisen. Die Stille tropft ihm förmlich aus allen Poren, und was nicht von Isolierglas, knöcheltiefen Teppichen, dicken Dämmmatten in der Karosserie oder schallschluckenden Schäumen und den Reifen gefiltert wird, das eliminiert der Maybach elektronisch mit gezieltem Gegenschall aus den Burmester-Boxen.

Selbst vom Motor ist kaum etwas zu hören – dabei hätte der allemal ein wenig Aufmerksamkeit verdient. Schließlich säuselt unter der Haube des S680 der letzte Zwölfzylinder unter dem Sternenhimmel. Stolze sechs Liter groß und 612 PS stark hat er mit seinen maximal 900 Nm genügend Kraft für die souveränste Art der Fortbewegung und lässt sich auch von 2,5 Tonnen des langen Lulatsch nicht beeindrucken. Ein Sprintwert von 4,5 Sekunden und ein Spitzentempo von unbeirrten 250 km/h schaffen etwas Freiraum auch im dichtesten Terminkalender und machen den Platz vorne links zu einer echten Versuchung für den Passagier hinten rechts. 

Denn man fühlt sich weniger wie ein Kraftfahrer denn wie Dirigent, wenn man diesem famosen Kraftpaket seinen Vortrieb entlockt. Und so mächtig der Maybach sein mag, so mühelos lässt er sich damit bewegen. Selbst auf der Landstraße bleibt der Puls in der Komfortzone, weil zum potenten Motor auch noch die patente Hinterachslenkung kommt: Mit einem Einschlag von mehr als zehn Grad lässt sie den Radstand spürbar schrumpfen und das neben dem seligen Pullmann mit großem Abstand längste Auto in der jüngeren Mercedes-Geschichte fühlt sich so handlich an wie einst der Baby-Benz.

Allerdings wissen gerade die Schwaben, dass auch die Reichen aufs Geld schauen. Und weil es den V12 erst für 315.200 Euro aufwärts gibt, bieten sie den Maybach für fast 100.000 Euro weniger deshalb auch als 580er mit dem 503 PS starken V8-Motor an. Der ist nicht ganz so souverän, kommt nur auf – Achtung Ironie – magere 700 Nm und hat im wörtlichen wie im übertragenen Sinn keinen ganz so guten Klang, ermöglicht aber nicht minder flottes Fahren. Denn von 0 auf 100 kommt er sogar in 4,4 Sekunden und auch hier sind die 250 Sachen gesetzt. 

Mehr Format, mehr Finesse, mehr Fußraum und für die Hinterbänkler Loungeliegen wie im Flieger – all das hat natürlich seinen Preis – und der liegt stolze 60.000 Euro über der ohnehin schon gestreckten und deshalb teureren Langversion der S-Klasse. Dem Erfolg scheinen diese Tarife aber keinen Abbruch zu tun. Nicht umsonst wurden vom Vorgänger in fünf Jahren über 50.000 und allein im letzten Jahr 12.000 Exemplare verkauft.  

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