Von wegen Monokultur – während viele Autohersteller ihre Modellpaletten eindampfen und die Zahl der Varianten möglichst geringhalten, fächert der chinesisch-englische Wiedergänger MG sein Angebot beim MG4 munter weiter auf. Nachdem die Tochter der Industriegiganten SAIC mit dem XPower bereits den GTI der Generation E gebracht hat und damit der VW-Studie deutlich zuvorgekommen ist, bekommt der kompakte Stromer jetzt auch noch eine Version mit besonders langem Atem: MG4 Trophy Extended Range heißt der Dauerläufer, der in diesen Tagen zu Preisen ab 44.990 Euro in den Handel kommt.
Fotos: Hersteller
Für einen Aufpreis von 4.000 Euro auf die Luxury-Variante gibt es dann statt des bisher maximal 64-kWh großen Akku einen Batterieblock mit einer auf 77 kWh erweiterten Kapazität, mit dem die Reichweite von bis dato bestenfalls 450 auf 520 Kilometer steigt. Für den Stadtzyklus geben die Chinesen jetzt sogar 710 Kilometer an. Aber das ist nicht alles. Sondern um die Lücke zwischen den bis jetzt maximal 204 PS der Standardvarianten und den 435 PS des XPower zu schließen, gibt es obendrein einen kleinen Leistungsnachschlag und die Chinesen montieren nun eine E-Maschine mit 245 PS an der Hinterachse. Auch das Drehmoment ist 100 Nm höher und gipfelt erst bei 350 Nm. So fährt der Trophy nicht nur weiter, sondern auch schneller – den Spurt von 0 auf 50 schafft er in 2,7 statt 3,5 Sekunden, Tempo 100 sind nach 6,5 statt 7,9 Sekunden erreicht und wo sonst bei 160 km/h Schluss ist, lassen sie ihn nun bis 180 Sachen laufen.
Das Tempo geht der MG4 locker. Denn die Abstimmung ist sportlich-stramm und der Fahrer fühlt sich als Herr des Geschehens und nicht so oft wie bei anderen Elektroautos auch hinter dem Lenkrad als Passagier. Nur die Lenkung selbst dürfte ein bisschen schärfer und direkter sein: Während der MG4 in der Stadt wunderbar agil ist und einen handlich kleinen Wendekreis hat, wirkt er damit auf einer kurvigen Landstraße unnötig nervös – zumindest, bis man in den Sport-Modus schaltet und der Vierer spürbar die Muskeln anspannt und die Sinne schärft.
Weniger Tempo macht der MG an der Ladesäule: Am Wechselstrom ist mit 11 kW Schluss und am Gleichstrom sind es 144 kW. Das ist zwar ein Hauch mehr als im Rest der Palette und der Hub von zehn auf 80 Prozent gelingt in 40 Minuten, doch sind andere da mittlerweile deutlich schneller. Das gilt insbesondere für den ID.3, mit dem der MG4 im direkten Wettbewerb steht: Wer den Wolfsburger mit 77 kWh bestellt, der lädt im besten Fall mit 170 kW – muss das aber mit gut 2.000 Euro mehr bezahlen und bekommt obendrein weniger Ausstattung. Denn da zeigt sich MG spendabel und packt neben Nützlichkeiten wie der Wärmepumpe oder der 360 Grad-Kamera auch allerlei nette Extras bis hin zur markanten Zweifarblackierung mit drauf.
Einen langen Atem beweist der MG4 allerdings nicht nur beim Fahren, sondern auch im Verkauf. Denn nachdem er vor gut einem Jahr vergleichsweise langsam ins Rollen kam, brummt der Absatz des E-Modells in Europa nun gewaltig – allein in Deutschland hat sich der Vierer in den ersten drei Quartalen schon über 10.000 mal verkauft. Kein Wunder also, dass MG-Mutter SAIC vorsichtshalber schon mal zwölf neue Schiffe in Dienst gestellt hat, um für alle Export-Eventualitäten gerüstet zu sein. Zwar planen sie parallel auch eine eigene Produktion Europa und haben das Projekt jetzt auch ganz offiziell bestätigt. Doch bis sie das entschieden und dann durch die Bürokratie bugsiert haben, werden sie die gleiche Tugend brauchen, die sie dem MG4 jetzt mitgegeben haben: Einen langen Atem.