Wir leben schon in merkwürdigen Zeiten: McDonald’s brät Burger aus Bio-Fleisch und packt sie auf Vollkorn-Brötchen, Coca-Cola lässt den Zucker weg und jetzt mustert Porsche beim Elfer auch noch den Sauger aus.
Text: Thomas Geiger
Denn wenn die Schwaben Ende des Jahres zu Preisen ab ca. 116.000 Euro das Update für ihren Bestseller in den Handel bringen, dann werden die vier LED-Punkte fürs Tagfahrlicht genauso nebensächlich wie die Längsrippen hinten auf der Motorabdeckung oder die Rückleuchten mit Tiefenwirkung. Sondern das einzige, was zählt, ist die Umstellung auf Turbo-Motoren: Auch bei Carrera und Carrera S wird dann geblasen statt gesaugt.
Außerdem sei das mit dem Downsizing so eine Sache. Ja, der Carrara büßt 0,4 und der Carrera S 0,8 Liter ein. Aber wenn der neue Grundmotor noch immer solide drei Liter Hubraum und natürlich auch weiterhin sechs Zylinder habe, könne man vielleicht von „kleiner“, aber sicher nicht von „klein“ sprechen, verteidigt der Entwickler die Schrumpfkur. Fürs Gefühl verspricht er zudem Drehzahlen bis zu 7.500 Touren und fürs Gehör zwei Direktleitungen aus dem Heck, die das Sauggeräusch vor dem Einsetzen der Turbos in den Innenraum übertragen. „An Emotionen herrscht da kein Mangel.“
Der Sound intensiv und lebendig wie man es kennt und der Motor mit Drehzahlen bis 7 500 Touren hinreichend lebendig, so bleibt der Elfer ein Pulsbeschleuniger erster Güte. Und auch was den Elan angeht, ist das Update des Stuttgarter Urmeters über jeden Zweifel erhaben. Nicht so sehr die 20 PS mehr Leistung, die der Turbo aus dem kleineren Motor presst und so den Basis-Efler auf 370 und den Carrera S auf 420 PS bringt, machen denn Unterschied. Sondern es sind vor allem die 60 Nm mehr Drehmoment. Zumal die Anzugskraft von 450 Nm im Carrera und 500 Nm im Carrera S jetzt bereits bei 1 700 Touren gipfelt und die Kurve erst jenseits der 5 000 Touren wieder abfällt. Egal wie schnell man gerade fährt und in welchem Gang man ist, kann man jetzt spürbar mehr Leistung abrufen: Ein leichter Tritt aufs Pedal, schon spürt man einen schweren Tritt im Kreuz und geht auf Kollisionskurs mit dem Horizont. Nicht umsonst liegt die Sprintzeit nun im besten Fall bei 3,7 Sekunden und in der schnellsten Konfiguration kommt er Carrera auf 308 km/h.
Damit man das nicht nur auf der Geraden genießen kann, hat Porsche dem Carrera noch eine weitere Finesse spendiert: Wie bislang nur den Turbo gibt es jetzt auch die Grundvarianten des 911 mit einer Allradlenkung: Weil sie die Hinterräder um bis zu 2,8 Grad entgegen der Vorderräder einschlägt, wirkt der 911 unter Tempo 50, als hätte jemand den Radstand um 25 Zentimeter beschnitten und fräst entsprechend eng um die Kehren. Fährt man schneller als 80 km/h, lenken die Hinterräder genauso wie die Vorderräder. Damit streckt sich der gefühlte Radstand sogar um 50 Zentimeter und das Auto liegt bei hohem Tempo noch stabiler auf der Straße: Länge läuft – diese Weisheit gilt schließlich nicht nur für die Bootsbauer. Dazu noch einen Zentimeter weniger Bodenfreiheit und das adaptive Fahrwerk – fertig ist der neue King of the Ring, der seinem Vorgänger auf der Nordschleife nicht ohne Grund glatte zehn Sekunden abnimmt.
Eine andere Neuerung hilft vor allem im Alltag abseits der Rennstrecke: Das überarbeitete Porsche Communication Management System. War das Infotainmentcenter bislang noch ein Gruß aus der elektronischen Steinzeit, findet Porsche jetzt auch auf der Datenautobahn den Anschluss und geht mit seinem Navigationssystem endlich online. Außerdem kann man die Ziele jetzt auch per Handschrift eingeben, es gibt ein fahrzeugeigenes WLAN-Netzwerk und die Option auf Apple Car-Play. Und so sehr es Porsche-Puristen stören mag: Vielen Kunden ist die Frage nach dem Betriebssystem für die Smartphone-Integration wichtiger als die nach Saugen oder Blasen. Aber wie schon gesagt, wie leben eben in merkwürdigen Zeiten.