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Porsche 911: Der Genuss liegt im Verzicht

140.000 Euro reichen aus, um rundum glücklich zu werden. Plus: ein bisserl Transchlgeld für Sprit.

Was haben Online-Casinos, „OnlyFans“ und der Porsche 911-Konfigurator gemein? Richtig: Alles Orte in Digitalistan, in denen sich das hart verdiente Manager-Gehalt äußerst flott verpulvern lässt, oder zumindest ein wesentlicher Teil des Quartalsbonus. Wir sind allerdings skeptisch, ob man den nicht in etwas Sinnvolleres investieren könnte. Zumindest, was den Konfigurator betrifft. Bei den anderen Plattformen: keine Erfahrungswerte. Ehrlich!

Im Elfer-Konfigurator dafür umso mehr. Klar: Autos ausstatten, für die man gar kein Geld hat – welcher normale Mensch macht das nicht? Das Aeorokit für rund 8000 Euro? Sieht halt schon fett aus! Die LED-Matrix-Scheinwerfer für rund 4.500 Euro? Nur her damit! Gurte in „lizardgreen“? Sehen durchaus fancy aus. Und die 330 Euro für die Cupholderblende aus Leder machen das Kraut auch nicht mehr fett.

Nach wenigen Klicks ist man von den ursprünglichen rund 130.000 Euro Einstiegspreis weiter entfernt, als „OnlyFans“ davon eine seriöse Plattform zu sein, auf der Künstler ohne Werbung Geld verdienen können. 200.000 Euro für einen Basis-Elfer? Kein Problem! Und da sprechen wir noch immer vom Brot und Butter-Motor. Ein Turbo S Cabrio kratzt schon serienmäßig an der 300.000 Euro-Grenze. Mal ehrlich: Braucht man das?

Okay, okay, bitte nicht hauen! Das klang jetzt ein bisserl gar blasphemisch. Natürlich zelebrieren wir den Porsche 911 Turbo S, der dich mit dem auf 650 PS hochgezüchteten Sechszylinder-Boxermotor in lächerlichen 2,8 Sekunden vom Stand auf Landstraßentempo beamt. Genauso wie den GTS mit Goldenem-Mitte-Motor im Heck, den GT3 mit herrlich hochdrehendem Sauger und den GT2 RS mit überhaupt allem und noch ganz viel Scharf. Doch manchmal liegt der Genuss eben im Verzicht. Und ja, wir wissen, wie bescheuert sich das anhört.

Immerhin reden wir noch immer von einem Porsche 911. Allerdings einen mit Basismotor, Heckantrieb und einer so minimalistischen Ausstattung, dass sich der Preis unterhalb der 140.000 Euro einpendelt. Im Universum der Non-Manager: immer noch verdammt viel Geld. Im Elfer-Universum hingegen: der Hofer-Preis. Dennoch werden alle Bedürfnisse des Sportwagen-Fahrers abdeckt.

Serienmäßig mit an Bord: Die Silhouette zum Niederknien.

Oder zumindest: Fast alle. Wenn im Terminkalender zwischen Vorstandssitzung und Golf-Runden vor allem Track-Days dominieren, kann es schon sein, dass der Basis-Elfer zu zivil ist. Dass der GT3 mit den hochalpinen 9.000 Touren die Dopaminausschüttung doch noch bedeutend erhöht. Für alle anderen gilt jedoch: Mehr Porsche, als so einen Basis-Elfer, braucht man nicht.

Wer den nämlich auf der – naturgemäß ohne Auslaufzonen, dafür mit Gegenverkehr versehenen – Landstraße im Grenzbereich bewegen will, ist sowieso schon sehr schnell unterwegs. Wissen, was man da am Volant fabriziert, ist von Vorteil. Wissen, wo die Rennleitung positioniert ist, auch.

385 PS stehen am Papier. Das klingt, natürlich wieder nur im Porsche-Universum, erstmal leicht untermotorisiert. Immerhin gibt es Kompaktwagen, unter deren Haube mehr Power schlummert und Limousinen mit doppelt so viel Kraft. Wenn mit Sport-Chrono-Paket geordert, übrigens das mit Abstand teuerste Extra unseres Elfers, stehen auf dem Papier aber auch glatte vier Sekunden von 0 auf 100 km/h – und das hört sich dann schon wieder weniger untermotorisiert an. Genauso wenig, wie die 14 Sekunden, die der Basis-Elfer für die in Österreich hoch illegalen 200 km/h braucht. Und schwachbrüstig klingt das Spitzentempo von noch illegaleren 295 Stundenkilometern ebenfalls nicht.

So gut durch den Kranz auf die Instrumente blickt es sich nur auf diesem Foto.

Von der Theorie zur Praxis: Die tendiert stark zu jenen Daten, die das Bild eines rassigen Sportwagens zeichnen. Selten haben sich weniger als 400 PS nach so viel mehr angefühlt. Und das, dank Launch-Control-Funktion, schon vom Stand weg. Wir erzählen hier zwar nichts neues, müssen es aber trotzdem erwähnen: Nichts toppt die Launch-Control aus Zuffenhausen. Als wäre der Elfer mit Allradantrieb verunreinigt, schießt er los, die Traktion der Hinterachse ist phänomenal, dabei entfaltet der Turbo-Boxer seine Kraft so linear, dass man ihn glatt für einen Saugmotor halten könnte. Ein Gefühl, das auch die Maximaldrehzahl untermauert: Erst bei 7.500 Umdrehungen knallt das 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe die nächste Stufe rein.

Während sich der Sound im Drehzahlkeller gerade eben noch (vielleicht etwas zu) zurückhaltend gegeben hat, man sich darüber Gedanken macht, ob man bei der Abgasanlage nicht an der falschen Stelle gespart hat, brüllt der Boxer nun seine Wut über Emissions- und Lärmvorschriften in die Nacken der Insassen. Und da ist so einiges an Wut. Nicht der unkontrollierte Jähzorn, der nichts bringt, außer Herzinfarkte, sondern die Wut, an der man wächst, die einen sein Ziel erreichen lässt, was in dem Fall die nächste Kurve wäre.

Also Anker werfen. Klar, die Keramik-Stopper für über 11.000 Euro sind nicht an Bord, sie gehen uns aber auch nicht ab. Das Basismodell verzögert phänomenal. Mag sein, dass die Serienbremsen auf der Rennstrecke nicht so standfest sind, mag auch sein, dass sie den Bremspunkt den ein oder anderen Meter nach hinten verschieben. Nur auf der Landstraße, wo du sowieso nicht so spät anbremsen kannst, weil du beim Verpassen des Last Calls halt nicht nur über den Curb räubern würdest, sondern in den Bach hinein, ist das egal.

Beeindruckend auch das Lenkverhalten: Selbst wenn man den Anker noch nicht reingeholt hat, folgt der Porsche 911 Befehlen am Volant präzise, die Abstimmung der Elektronik steht dem mechanischen Erlebnis in nichts nach. Und so hantelt man sich im ekstatischen Infight von Kurve zu Kurve, voll fokussiert und doch mit leerem Kopf. Keine Gedanken mehr an den undankbaren Nachwuchs oder an das Arschloch von Chef verschwenden (auch deshalb, weil es sich dabei um einen selbst handelt). Aber auch: Keine Gedanken an das Aero-Paket, lizardgrüne Gurte, das Burmester Soundsystem. Nur eine Lederausstattung, die hat manchmal gefehlt. Zumindest auf den langen Geraden.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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