Porsche Mission R: Moderne Raserei
So langsam wird es ernst für die Bleifußfraktion unter den Porsche-Fahrern: Nachdem sie sich mit dem Taycan schon an eine elektrischen Gran Turismo gewöhnen mussten und bereits auf einen Macan mit Strom im Tank einstellen können, sind jetzt selbst die Sportwagen nicht mehr sakrosankt. Denn wenn die schnellen Schwaben nun zur IAA Mobility in München den Mission R ins Rampenlicht rücken, dann ist dieser elektrische Rundstreckenrenner viel mehr als eine Fingerübung der Motorsport-Truppe und eine Designvorschau für die nächste Auflage von Boxster und Cayman. Sondern die Flunder gibt einen sehr konkreten Hinweis darauf, wie Porsche den Sportwagen in die neue Zeit retten, der Generation E einen gewissen Nervenkitzel bieten und den gusseisernen Fans das Rasen ohne Reue garantieren will.
Dafür haben die Motorsport-Entwickler in Flacht einen neuartigen Antrieb mit besonders effizienten und standfesten Motoren entwickelt, die im Qualifikationsmodus bis zu 1.088 PS leisten und auch auf Dauer vollgasfest sind. Gespeist werden sie aus einer ebenfalls neuen Hochleistungsbatterie, deren 82 kWh für 30 Minuten Raserei reichen und danach binnen 15 Minuten von zehn auf 80 Prozent geladen werden können. Und weil die ganze Fuhre keine 1.500 Kilo wiegt, sind die Fahrleistungen fernab der Vorstellungskraft: Von 0 auf 100 braucht der Mission R nur 2,5 Sekunden und erst jenseits von 300 km/h findet der Vortrieb sein Ende, stellt Chefingenieur Matthias Scholz in Aussicht.
Verpackt ist der Performance-Antrieb von Morgen in ein eine 4,33 Meter kurze und nicht einmal 1.20 Meter hohe Karosserie aus Karbon und nachwachsenden Rohstoffen, bei der die Schwaben ebenfalls viel Neuland betreten. Das gilt nicht nur für aerodynamische Details, sondern auch für die Struktur. Denn statt wie von der FIA gefordert einen Überrollkäfig ins Auto zu schmieden, haben sie Crashschutz aus Karbon konstruiert und wie bei einem Exoskelett zum Bestandteil der Karosserie gemacht. Das sieht cool aus und spart obendrein viele Kilo, schwärmt Designer Peter Varger.
Auch das Interieur ist ein Kompromiss für Petrolheads und die Generation Playstation. Denn das gesamte Cockpit ist als Modul konzipiert, lässt sich samt des Sessels entnehmen und dann in einer speziellen Sitzkiste als Simulator für Rennspiele nutzen. So können Porsche-Fahrer in derselben Umgebung sowohl in der realen als auch in der virtuellen Welt trainieren.
Dass Porsche auf dem Weg zum elektrischen Sportwagen erst einmal an den Kundensport denkt, hat gleich mehrere Gründe. Zum einen spielt beim passenden Reglement die Reichweite keine ganz so große Rolle. Und zum anderen ist auch das für die Schwaben ein einträgliches Geschäft. Schließlich haben sie seit Einführung des Carrera Cup vor gut 30 Jahren mehr als 4.000 Cup-Rennwagen auf Basis des 911 verkauft und jedes Wochenende sind in 30 Serien rund um den Globus hunderte Markenbotschafter in eiliger Mission unterwegs.
Aber es spricht vieles dafür, dass es für den Mission R nicht bei der Rundstrecke bleibt. „Schließlich gibt es kaum eine Marke, bei der Rennwagen und Straßenautos so eng miteinander verwandt sind wie bei Porsche“, sagt Projektleiter Scholz. Außerdem gab es in den letzten Jahren kaum eine Studie aus Stuttgart, des es nicht auch in die Serie geschafft hat. Zumindest keine, die vorher mal irgendwo auf einer Messebühnen stand. Und wer jetzt noch immer zweifelt, dem sei noch einmal der Name ins Gedächtnis gerufen: Mission R erinnert nicht von ungefähr an den Mission E von 2015 – aus dem vier Jahre später der Taycan geworden ist.