Porsche hat seine Limousine neu aufgelegt und wildert damit in zweiter Runde im Segment derer, die einen Viertürer brauchen und trotzig weiterhin 911 fahren wollen. Vieles wurde besser, einiges nur schöner.
von Franz J. Sauer
Der legendäre RTL-Chef Helmut Thoma (ein Österreicher übrigens) stach unter all seinen Medienkollegen nicht nur durch ambitioniertes Quotensteigern mit allen Mitteln heraus. Auch sein Dienstwagen war eher unüblich inmitten der Flotte von W 126er Mercedessen und 7er BMWs: Thomas Chauffeur hatte als Arbeitsplatz einen Porsche 928 GTS. Ob sich der korpulente Fernseh-Boss alleweil in die engen, aber wohl vorhandenen Rücksitze quetschte, oder eh zumeist vorne mitfuhr, ist nicht überliefert. Möglicherweise war die eigentümliche Präferenz aber schon auch ein Mitgrund dafür, dass sich die Zuffenhausener Entwicklungsabteilung anfang der Neunziger Jahre mit dem Gedanken spielte, dem als 911-Nachfolger kläglich gescheiterten GT einen viertürigen Bruder zu verpassen.
Noch immer gestreckt, aber irgendwie stimmiger. Der neue Panamera groovt sich optisch langsam ein.
Dazwischen kamen wirtschaftliches Unbill, das das Unternehmen fast krachen gehen ließ, die Erholung kam erst mit dem Boxster, der richtige Erfolg dann mit Cayenne und Co, der Rest der Geschichte bis heute ist ja eh hinlänglich bekannt.
Ebene jene, die Porsche-Geschichte, führte irgendwann dazu, dem Vorstandspublikum der zahlreichen Geldadel-Konzerne eine Porsche-Alternative zu bieten, die nicht als SUV auftritt. Bei aller Sympathie für den Groß-Porsche Cayenne, der in seinen Motorkennzahlen bisweilen durchaus das Zeug zum Sportler hatte und hat: das Fahrgefühl eines knackigen Sportautos kriegst Du bei der Fahrwerks-Geometrie eines SUV nie und nimmer zusammen, so sehr Du Dich auch bemühst.
Weil die DNA von Porsche aber heute wie damals Neunhundertelf heißt, gehörte was Flaches ins Portfolio, wo Familie oder aber Vorstandskollegen auch hinten mitfahren könnten. Das Ergebnis nannte sich Panamera, kam 2009 zur Welt und nannte sich hochoffiziell „Kombilimousine der Oberklasse“, wobei sich das Prädikat Kombi bloß auf die hochfahrende Heckklappe beziehen konnte – der Kofferraum ist zwar da aber doch eher bescheiden. Da hat ein 3er BMW mehr zu bieten.
Flachkäfer mit vier Türen
Das Hauptfeature des zunächst optisch gewöhnungsbedürftigen Super-Cars: noch kein Porsche-Derivat abseits des magischen Elfers hatte je so ähnlich geschmeckt wie ebenjener, was beim Besteigen begann und sich über das Fahrgefühl weiterzog. Auf fantastische Art und Weise hatte es Porsche geschafft, das einzigartige Lenkgefühl des „Flachkäfers“ in eine ernstzunehmende Limousine zu verpflanzen. Und weil auch Armaturenbrett und Peripherie dem übermächtigen Bruder ziemlich ähnelten, konnte man im Infight bald vergessen, nicht in einem Sportwagen zu sitzen, wenn von den Rücksitzen her nicht gerade der Fortpflanz nach einem quäkte.
Very Nine-Eleven
Nun, nach doch acht Jahren, einigen Modellderivaten wie Hybrid, Turbo oder GTS und dem endgültigen Angekommen-Sein in einer elitären Gesellschaft von Mercedes CLS, Audi A7 Sportback oder BMW GranCoupé (böserweise könnte man hier noch einen Volkswagen CC hinzufügen), hat Porsche den Panamera weitgehend überarbeitet, quasi neu aufgelegt. Die Front is nach wie vor very nine-eleven, das Heck wurde deutlich verschönt. Von Spielereien wie dem spektakulär geteilt ausfahrbaren Heckspoiler (diesen gibts beim Turbo) konnten wir uns noch nicht persönlich überzeugen, aber auch das einteilige Teil ist für einen Windbehelf weitaus schicker gelöst, als beim alten Modell.
Mit Recht darf sich dieser Dieselpanamera das „4S“ aufs Heck knallen, ohne extra auf das selbstzündende Wesen seines Motors hinzuweisen.
Alles schön
Heftige Neuereungen erwarten einen im Inneren. Die Mittelkonsole ist voller Tasten, aber frei von Knöpfen. Das Touch-Display in der Mitte ist riesig wie nirgendswo sonst und auch dementsprechend informativ. Der Automatik-Shifter fürs PDK ist in Systematik und Haptik von Audi geliehen, das Lenkrad stammt aus dem Elfer, ebenselbiges findet sich aber eh in allen Modellen, vom Gottseibeiuns 918 Spyder abwärts. Zur Bedienstruktur neu ist zu sagen: wunderschön, aber nicht sonderlich funktioniell. Weil man zwecks Taster-Bedienung sozusagen das ganze Paneel niederdrücken muss, weil einzelne Knöpfchen gänzlich abgeschafft wurden, ergeben sich hier oft Fehlbedienungen.
Zum einzigen Drehrad der Chose kommt man nur ziemlich ungelenk und bis man kapiert hat, dass das nicht der Laufstärkeregler ist, sondern dieser sich eins darunter befindet und in Rollenform auftritt, hat man vom dahinplärrenden Verkehrsfunk des allseits beliebten Hitradiooo bereits einen Gehörschaden. Warum am Lenkrad zum Volume-Adjustement trotz verhandener Drehräder eine Knöpferllösung gefunden wurde, ist schleierhaft. Und das rechts vom schön omnipräsenten Drehzahlmesser platzierte Digitaldisplay, das bei Bedarf zur Navi-Karte mutiert, wurde ganz schön geschickt hinterm wulstigen Lenkrad versteckt. Gewisse Körpergrößen erkennen hier nichts mehr, es sei denn, sie verzichten auf eine bequeme Lenkradposition.
Alles gut
Genug genörgelt, auf zum Positiven. Hier ist definitiv der Motor zu nennen. Mit Recht darf sich dieser Dieselpanamera das „4S“ aufs Heck knallen, ohne extra auf das selbstzündende Wesen seines Motors hinzuweisen. Man merkt zu keinem Zeitpunkt, ausser beim Tanken, dass es sich um einen Diesel handeln könnte. Weder klingt das so, noch fühlt es sich so an. Bloß beim Verbrauch werden Porsche-übliche Benchmarks unterschritten, als Säufer waren die schönen Stuttgarter aber eh nie sonderlich verschrieen (den Cayenne Turbo S mal fleißig ausgenommen). Der massive Antritt ist dieseltypisch früh verfügbar und lässt sich bis ins hohe Drehzahlende durchjodeln, Mangel an Körperkraft ist hier jedenfalls nie zu verspüren, 420 PS sind ja auch durchaus eine Ansage. Und wie sich ein Panamera erst mit dem GTS hinterm Namen anfühlen muss bei derartig sonoren Vorgaben bereits als Diesel, wird uns Kollege Katzinger eh demnächst an dieser Stelle ausführen – er darf das nämliche Teil im sonnigen Kapstadt ausführen, unser Neid sei ihm sicher.
Fazit
Was bleibt als Gesamteindruck? Zunächst ein „Habenwollen“, bis man seine persönlichen Bedürfnisse ernsthaft abgecheckt hat und zum Beispiel draufkommt, einen Hund zu haben, der gerne im Kofferraum sitzt. Also doch Cayenne oder Macan, was die magisch-anziehende Elfer-Verwandtschaft dann aber doch gehörig richtung Mitbewerb aufweicht. Dass der Panamera aber längst seine angestammte Käuferschaft gefunden hat, beweist ein kurzer Blick ins Straßenbild. Wo man die doch recht teuren Automobile in durchaus wiederkehrender Stückzahl antrifft, gerne auch mit rumänischen Kennzeichen, wenn Sie wissen, was ich meine. Insofern kann man subsumieren: der Panamera ist auch als Version 2.0 ein großer Wurf und fesch geworden ist er nun überdies. Was will man mehr?
Die Preise
Wohlfeil ist der Porsche Panamera 4S Diesel in Österreich ab 136.199,65 Euro, die preisliche Einstiegs-Basis liegt bei 103.196,68 Euro. On Top findet sich der Panamera Turbo Executive mit 204.421,16 Euro am Preischild, auf über 200 Flocken ließe ich allerdings auch unser Testmodell schnellstens konfigurieren.