Weil Ferry Porsche keinen Sportwagen fand, der ihm wirklich gefiel, baute er sich einfach selber einen. Der Abnahmefahrt dieses Volkswagen Sport 356.1 vor 70 Jahren eiferten wir mit einer Sternfahrt rund um den Katschberg nach. Dabei kamen auch ein paar Nachfahren des ersten Porsche der Geschichte zum Einsatz.
Text: Franz J. Sauer / Fotos: Christian Houdek
Klein, kantig, zerbrechlich, silbrig, eigentlich metallfarben, dennoch wie aus einem Stück geschmiedet. Im kargen, spartanischen Innenraum mit roten Blenden als Umrandung für Instrumente und Handschuhfach abgeschmeckt. Zwei Fensterchen als Windschutzscheiben, ein Wagenrad als Steuer. Tief im Beifahrer-Fußraum: der Benzinhahn, fürs Umschalten auf Reserve. Unter der Motorhaube, bekanntlich hinten: ein gebrauchter 1600er-Boxer, vermutlich einem Kübelwagen entnommen, der im damals kürzlich vergangenen Weltkrieg irgendwelche Versorgungslinien befuhr.
Vorne, an der Haube, in großen, abgesetzten Buchstaben der Schriftzug „Porsche“, obwohl der 356.1 noch als Volkswagen Sport typisiert wurde. Wir schreiben das Jahr 1948. Das Designbüro Porsche wurde im letzten Kriegsjahr ob der schlimmer werdenden Bombenangriffe von Stuttgart ins verschlafene Kärntner Gmünd verlegt. Hier entsteht unter kargsten Voraussetzungen drei Jahre nach Kriegsende – Patriarch Ferdinand steckt noch in französischer Kriegsgefangenschaft – die erste Eigenkonstruktion des Ferry Porsche. Mit Schweizer Auftraggebern und deren Geldmitteln im Rücken wird aus vorhandenen Gebrauchtteilen ein Fahrzeug zusammengedengelt, von dessen wegweisender automobilgeschichtlicher Bedeutung damals niemand auch nur etwas ahnt. Der Auftraggeber selbst formt später aus den PORSCHE-Lettern das Akronym PESCO. Weil Porsche niemand kennt und Pesco wenigstens italienisch klingt.
Die ersten Fahrzeuge aus Gmünd sind technisch mangelhaft, die alten Motoren fliegen ihren Besitzern reihenweise um die Ohren. Auch am neuen Standort Salzburg kommt die Produktion nicht richtig in Schwung, erst nach der endgültigen Übersiedlung nach Zuffenhausen startet Porsche richtig durch. Der 356er, bis zur Ablöse durch den 911 Mitte der Sechziger das einzige Modell der Marke, stammt dennoch weitgehend vom ersten Porsche der Geschichte ab, von der Nummer eins eben. Die zunächst durch einige Schweizer Besitzerhände ging, die nicht immer pfleglich und vor allem durch schlechte Umbauten wesensverändernd mit ihr verfuhren, letztlich aber doch in den Besitz von Porsche zurückging. Und dort seither gepflegt und gehegt wird, unbezahlbar im Wert, was aber sowieso bloß theoretisch bleibt, weil man nicht vorhat, das Eisen jemals wieder herzugeben.
Es war im letzten Juni also genau 70 Jahre her, dass der erste Porsche der Geschichte ein offizielles Nummerntaferl angeflanscht bekam. Es war dies ein kärntnerisches. Und die Porsche AG, mittlerweile einer der gewinnträchtigsten Autobauer weltweit, rief im großen Stil zu Feierlichkeiten auf, um dieses Jubiläum artgerecht zu begehen. Das Unternehmen selbst ist ja mit dem kommenden Taycan und anderen Elektro-Sportlern voll auf Zukunft gebürstet, da macht es umso mehr Sinn, auf die gloriose Vergangenheit zu pochen, wo immer es geht. Sogar in Le Mans ließ man – heuer nur in der GTE-Pro-Klasse vertreten – die RSR-Elfer in geschichtsträchtigen Lackierungen (Sau-Rosa und Rothmans-Goldblau) auftreten. Siegreich, bekanntlich.
Am Geburtstag selbst wurde schließlich ins Museum zu Gmünd geladen. Und zu einer Sternfahrt mit dem Einser sowie einigen prominenten Nachfolgern. Die Route wurde exakt der Abnahmefahrt von 1948 nachempfunden, sogar die Wirten, in denen die Technologen damals gespeist haben, hat man recherchiert. Und angewiesen, das Gleiche wie damals zu kredenzen – aus frischen Zutaten freilich.
So kam man als porscheverliebter Automobilist also in den Genuss, die Leichtfüßigkeit eines 356 Speedster von 1958 auf die Probe zu stellen. Den überraschend üppigen Komfort eines 356 Carrera von 1961 zu erleben. Die Brachialität des 911 Turbo-Cabrios von 1986 ansatzweise von der Leine zu lassen. Und auch im Targader neuesten Bauart für ein paar Bergmeter Platz zu nehmen: Selten war es für die versammelte Journaille so unspektakulär, einen brandneuen Elfer unter dem Gesäß zu haben.
Weil die Stars der Ausfahrt waren eindeutig die Oldies. Und der Primus inter Pares war der Einser, sonnenklar. Den man aus verständlichen Gründen nicht selbst fahren durfte – einer seiner Altenpfleger aus dem Stuttgarter Museum war zu diesem Zwecke extra angereist. Koste und trug das Auto über die beachtlichen Höhenmeter des Katschberges. War beim einzigen kurzen Regenschauer sofort mit einer schützenden Plane zugegen. Und lud schließlich einen nach dem anderen von uns ein, doch am kargen Beifahrerschemerl des automobilen Denkmals Platz zu nehmen, um ein paar Kilometer Fahrzeughistorie sozusagen am eigenen Leib zu verspüren.
Was soll man sagen – recht eng gestaltet sich die Mitfahrt in diesem Schmuckstück aus Blech und Aluminium. Die roten Blenden sind kokett, der Motor macht Lärm wie ein ganz großer und schießt auch fröhlich aus dem Auspuff, wenn der Meister kurz das Gaspedal lupft. Zur technologisch hochverdichteten Angelegenheit wird jener legendäre Moment, in dem ich gebeten werde, den Benzinhahn tief im Beifahrer-Fußraum doch netterweise auf Reserve zu drehen, wie dereinst bei älteren Motorrädern.
Man darf die Rolle, die ich damit in der Geschichte des Automobils eingenommen habe, nicht unterschätzen, finde ich. Denn ohne meinen Fingerschnipp wären wir höchstwahrscheinlich liegen geblieben. Mitten auf dem Katschberg. Was da alles der Nummer eins hätte passieren können …
Das war der #sportscartogetherday
Zum 70er der Marke luden Porsche-Händler weltweit am 9. Juni zu Festivitäten rund um ihre Marke. Die beiden Wiener Händler Porsche Wien Liesing und Porsche Wien Nord baten zum gemeinsamen Sportscar Together Day ins Magna Racino nach Ebreichsdorf. Neben Hotseat-Laps mit dem neuen GT3, einer Kinderfahrschule, Helikopterrundflügen von Hubifly sowie allerlei Foodtruck-Kulinarik wurde vor allem der Concours d’Elegance in Form eines 70ers auf der großen Wiese vorm Haupthaus zum Main Event des Treffens. Zwar waren ausdrücklich Sportautos aller Marken geladen gewesen, davon zu sehen war allerdings wenig. Macht nix …