Der neue Renault Kadjar hat ein Problem – und zwar mich. Oder zumindest mein Vertrauen in sein Navigationssystem. Das per se ja aber auch gar nicht falsch lag. Erklärung folgt.
Text: Maximilian Barcelli
Nach dem Motto „Immer der Nase nach“ leben, kann dich nicht selten in schwierige Situationen bringen. Manchmal, da stehst du nämlich ratloser als Gandalf in den Mienen von Moria an einer Abzweigung und weißt einfach nicht wohin mit dir. Ähnliches geschah uns bei der Testfahrt mit dem Facelift-Kadjar auf Sardinien.
Irgendwo im Gemüse, kurz nachdem sich die asphaltierte Straße im Rückspiegel verabschiedet hat, war da ein von Renault platzierter Pfeil, der uns den rechten Weg weisen wollte. Dieser hatte allerdings eine kleine Meinungsverschiedenheit mit dem Navigationssystem, das uns geradeaus lotste. Und weil man im Zweifelsfall, lieber Herr Meriadoc, immer seiner Nase nach sollte … nun ja, wir wissen ja – Stichwort Balrog – wie das bei Herr der Ringe ausgegangen ist. Nun, einen solchen Balrog mussten wir im Renault Kadjar zwar nicht bezwingen, aber zu arbeiten hatte das französische SUV trotzdem genug.
Die Lacken waren tief, der Gatsch rutschig, die Steigungen extrem – und der Kadjar lediglich mit Frontantrieb bestückt. Es gibt ihn allerdings schon als Allradler (aber nur in Kombination mit dem Spitzen-Diesel Blue dCi 150), dessen Geländefähigkeit wurde auch auf die Probe gestellt. In einem vorbereiteten Offroad-Parkour. Mit einem Profi auf dem Beifahrersitz.
Da im Gemüse allerdings, war niemand, der uns Tipps geben konnte. Es war auch nicht gewiss, ob der Kadjar seine Prüfungen bestehen würde, denn die Strecke – da sind wir dann doch recht flott draufgekommen, umkehren war jedoch keine Option mehr – war nicht eingeplant. Und wir saßen nicht im 4×4, sondern im TCe 140 mit manuellem Sechsgang-Getriebe.
Im Übrigen ein Motor, an dem es nichts zu Aussetzen gibt. Mit 5,9 Litern ist der Turbobenziner kein Schluckspecht, dennoch hält er für den Ottonormalverbraucher dank 140 Pferdchen, die aus 1,3 Litern Hubraum geschöpft werden, und einem Drehmoment von 240 Newtonmetern immer genug Leistung parat. Ans Herz legen würden wir jedem das Automatikgetriebe. Erstens, weil das EDC von Renault sanft schaltet und sich – außer man geht es zu sportlich an, doch dafür ist der Kadjar auch nach dem Facelift nicht ausgelegt – nur selten verirrt. Zweitens, weil Automatik fahren einfach gemütlich ist. Da kann sich der Traditionalist noch so winden, aber ist halt so. Vor allem, weil wir vom Kadjar und nicht vom 911er reden. Und drittens, weil das manuelle Getriebe nicht besonders überzeugen konnte. Es ist nicht der erste Renault, bei dem uns das auffällt. Die Gangschaltung ist etwas trocken, aber nicht in einer coolen, knackigen Weise und die Kupplung ein bisserl sprunghaft und gewöhnungsbedürftig.
Es fällt uns schwer, dies zu schreiben. Denn immerhin hat uns ein Renault Kadjar mit manuellem Getriebe aus dem Gatsch rausgeboxt – und zwar mit Bravour. Der Franzose steht also abseits asphaltierter Straßen wirklich nicht schlecht da. Die wenigsten potentiellen Kunden werden in ähnliche Situationen kommen. Falls doch, sind sie mit dem Kadjar gut beraten.
Neben verbesserte Motoren wurde auch die Optik modernisiert – Innen wie Außen. Selten tragen Chromelemente nicht zu dick auf, den Franzosen jedoch gelingt es, diese stilvoll in den Wagen zu verarbeiten. Ein breiterer Kühlergrill sowie Unterbodenschutz sorgen für einen maskulineren Auftritt, die Blinker sind nun im LED-Tagfahrlicht integriert.
Der Innenraum würde ein bisschen mehr Liebe zum Detail vertragen. Aus einem Wählhebel darf man heutzutage schon wirklich mehr machen. Das beweisen nicht nur Automobile aus höheren Segmenten, sondern auch der Peugeot 3008. Als Entschädigung dafür fungieren die Bedienelemente für die Klimaanlage. Die Drehregler sind hochwertig an und bestens verarbeitet. Wir wussten nicht, dass es sich so gut anfühlen kann, zu heizen. Ein weiteres, ganz besonderes Schmankerl ist die Alcantara-Polsterung in der Topversion Black Edition. Abschließend bleibt zu sagen, dass der neue Renault Kadjar wirklich schwer in Ordnung ist – wobei man das nicht wörtlich nehmen sollte. Mit einem Leergewicht von nur 1.408 Kilogramm ist der Franzose nämlich alles andere als ein Schwergewicht.