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Renault rüstet sich für die E-Offensive

Zwar trommelt gerade niemand so laut für die Elektromobilität wie der VW-Konzern. Doch all das PR-Getöse kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die größte Macht am Markt zumindest bislang noch aus Frankreich kommt. Denn, dem Zoe sei dank, verkauft derzeit kein anderer Hersteller zwischen Lappland und Lissabon mehr Elektroautos als Renault. Und die Franzosen denken nicht im Traum daran, diese Führungsposition kampflos abzugeben. Sondern mit einer neuen Elektroplattform setzen sie jetzt zum Schlag gegen die Wolfsburger Elektro-Offensive an und schicken darauf als erstes eine Alternative zum ID.4 ins Rennen. Und weil diese Klasse und noch immer nicht reif ist für Masse, legen sie nun erstmals auch Dacia an die Leine und wollen Elektromobilität so mit einem neuen Batteriekleinwagen bezahlbar machen.

Von Thomas Geiger

Der elektrische Hoffnungsträger der Muttermarke trägt den Namen Mégane eVision und läuft zwar noch als Showcar, soll aber bereits früh im neuen Jahr in Serie gehen. Als erstes Auto aus der Allianz mit Nissan und Mitsubishi nutzt er die neue Plattform CMF-EV, die den Ingenieuren ganz neue Freiheiten gibt: „Damit haben wir die Regeln für Format, Platz,  Design und Energie-Effizienz neu definiert“, sagt der neue Konzernchef Luca de Meo und prahlt nicht zuletzt mit der dünnsten Batterie am Markt: Sie mache den Mégane eVision zu einem Meisterwerk des Packagings, weil er bei nur 4,21 Metern Länge das Platzangebot der nächstgrößeren Klasse böte, verspricht der Chef und lenkt den Blick auf einen etwas hochbeinigen Kleinwagen mit deutlichen SUV-Anleihen, bulliger aber geschlossener Front, steilem Heck und spektakulären Lichtsignaturen.

Unter der hübschen Hülle steckt ein Antrieb mit viel Potential: Nicht umsonst montiert Renault an der Vorderachse eine E-Maschine von 160 kW, die den elektrischen Mégane zu einem der stärksten Modelle diesseits des RS machen wird. Und auch wenn die Batterie mit 60 kWh allenfalls gehobener Durchschnitt ist, soll der Franzose trotzdem für die Langstrecke taugen – wozu schließlich gibt’s einen Schnelllader mit bis zu 130 kW Leistung?

Zwar erhofft sich Renault vom Mégane einen ähnlichen Erfolg wie mit dem Zoe und will so die Konkurrenz aus dem VW-Konzern auf Distanz halten. Doch noch viel aussichtsreicher ist der zweite Stromer, den de Meo aus dem Hut gezaubert hat. Den Dacia Spring. Denn mit ihm wollen die Franzosen Elektromobilität bezahlbar und damit massentauglich machen und den Preis nach Abzug der Förderung auf Werte um 10.000 Euro drücken. Möglich wird das, weil der französische Rumäne eigentlich ein Chinese ist und als Renault KZ-E gemeinsam mit Dongfeng in Wuhan gebaut wird. Und weil er sich bewusst vom üblichen Wettrüsten bei Fahrleistungen, Format und Reichweite verabschiedet und deshalb lediglich Basisbedürfnisse bedient.

Trotzdem sieht der Spring keineswegs nach einer rollenden Verzichtserklärung aussieht. Sondern so klein der Dacia mit seinen 3,73 Metern auch sein mag, macht er ordentlich was her. Schließlich hat ihn Designchef Laurens van den Acker zu einem Mini-SUV aufgebockt, ein paar bunte Kontrastkonsolen aus Plastik ans Blech geclipst und ihm ein charmantes Gesicht gezeichnet. Dazu bietet der ferne Twingo-Verwandte bei seinen 2,43 Metern Radstand überraschend viel Platz: Vorne jedenfalls sitzt man bequem und ohne Beklemmungen, der Rücksitz taugt zur Not auch mal für zwei Erwachsene und der Kofferraum fasst 300 Liter. Und natürlich gibt’s innen ein modernes Touchscreen-Infotainment. Den Antrieb übernimmt ein Motörchen von 33 PS und 125 Nm, das allerdings mit dem nicht einmal 900 Kilo schweren Auto leichtes Spiel hat, zumal das Spitzentempo ohnehin auf 125 km/h limitiert ist. Und der Akku fasst gerade 27 kWh. Das limitiert zwar die Reichweite auf 225 WLTP-Kilometer, drückt aber das Gewicht und senkt den Preis.

Zwar vermittelt de Meo den Eindruck, Renault stehe voll unter Strom, und verspricht, dass der Mégane und der Spring nur den Beginn einer ganzen Flut neuer, innovativer Elektroautos markieren werde. Doch so ganz schwören die Franzosen dem Verbrenner noch nicht ab. Im Gegenteil machen sie auch ihre Benziner mit mehr und mehr elektrischen Komponenten fit für die Zukunft. Das neue SUV-Coupé Arkana wird deshalb im kommenden Frühjahr gleich auch mit einem rund 136 PS starken Hybrid-Antrieb und einem 1,2 kWh großen Pufferakku für einige Kilometer emissionsfreier Fahrt eingeführt. Den gleichen Antrieb übernimmt auch der kleine Bruder Captur, der bislang nur einen Plug-In-Hybriden als alternativen Antrieb bieten konnte. Und darüber hinaus übernehmen die Franzosen den Plug-In-Hybrid aus dem Mégane Kombi künftig auch für den Fünftürer. Mit einer Systemleistung von 118 kW/160 PS und einer knapp zehn kWh großen Batterie soll er bis zu 60 Kilometer weit stromern können. Und als wäre das noch nicht genug, gibt’s für die anderen Benziner in Captur & Co auch noch einen Mild-Hybrid mit neuem Startergenerator.

Ein neues elektrisches Volumenmodell bei Renault, das erste Billigauto an der Ladesäule und elektrisierte Verbrenner auf breiter Front – so nimmt der neue Renault-Chef de Meo die Kampfansage aus Wolfsburg an und will die Führungsrolle der Franzosen verteidigen. Nicht umsonst haben die Franzosen zehn Jahre Erfahrung mit der Elektromobilität, die ihnen so schnell keiner nehmen kann.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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