Der höchste Berg Spaniens ist für Seat ab sofort kein Problem mehr. Auch wenn man sich lange Zeit ließ, ein SUV auf die Räder zu stellen – der Seat Ateca hat das Zeug, alle etablierten Kraxler auszustechen.
Text: Thomas Geiger
Na, auch schon da? Seit Jahren wünscht sich Seat nichts sehnlicher als einen Geländewagen – und musste dem Boom auf der Buckelpiste bis dato teilnahmslos zusehen. Denn zu rot waren die Zahlen und zu pessimistisch die Prognosen, als dass die Konzernmutter VW den Spaniern so ein Abenteuer finanzieren wollte. Doch mittlerweile hat sich das Blatt gewendet: Seat ist im Aufwind, die Bilanz nicht rot, sondern langsam wieder rosig, die Offraod-Welle scheint unaufhaltsam und der Modulare Querbaukasten senkt Aufwand und Ausgaben für neue Modelle. Deshalb hat das Warten jetzt endlich ein Ende und in Spanien startet ein Spätzünder zur Aufholjagd. „Attacke“ lautet deshalb das Kommando, wenn am 2. Juli für Preise ab 19 990 Euro der neue Ateca gegen VW Tiguan, Ford Kuga oder Kia Sportage an den Start geht.
So leidenschaftlich der Ateca gezeichnet ist, lodert in ihm jedoch nicht ganz das gleiche Feuer wie in Leon & Co. Das gilt für das praktische und piekfeine aber vergleichsweise nüchterne Ambiente genauso wie für das Fahrverhalten. Denn selbst in der sportlichsten Stufe der Charakterregelung ist der Ateca eher brav als bissig, tänzelt mit seiner etwas zu leichtgängigen Lenkung so schwungvoll um die Kurven wie eine Flamenco-Göttin und kann seinen deutlich angehobenen Schwerpunkt partout nicht verhehlen. Zwar ist der Wagen mit einem Grundgewicht von 1 280 Kilo etwas leichter als viele Konkurrenten, ist entsprechend behände und schon mit dem bewährten 150 PS-Diesel flott unterwegs. Doch anders als etwa dem feurigen Leon fehlt ihm zum Latin Lover der allerletzte Biss. Vielleich muss da erst ein FR oder gar ein Cupra kommen, bis das SUV tatsächlich zum Sportler wird.
Nachdem Seat oft genug ein Nein aus Wolfsburg hören musste, haben die Spanier die Gunst der Stunde genutzt und auch bei der Technik-Ausstattung kräftig ins Konzernregal zu gelangt: Egal ob Smartphone-Integration mit Apple CarPlay und Android Auto, ob Einpark-Roboter und Abstandstempomat oder die Heckklappe, die nach einem angedeuteten Fußtritt nicht nur auf-, sondern zum ersten mal auch wieder zu schwingt – bis auf das virtuelle Cockpit und das Head-Up-Display gibt es fast nichts in den aktuellen Kompaktklasse-Modellen der VW-Gruppe, was dem Ateca verwehrt bleiben würde.
Für den neuen Seat-Chef Luca de Meo markiert der Ateca aber nicht nur der Beginn einer großen Modelloffensive, die als nächstes ein Facelift für den Leon, einen neuen Ibiza und im Sommer 2017 einen weiteren Geländewagen im Format des VW Polo bringt. Und er will das SUV auch nicht allein als Stückzahlbringer in gesättigten Märkten verstanden wissen. Sondern zu allererst sieht er im Ateca einen Markenbotschafter und Imageträger, der Seat in den Köpfen der Kunden neu positionieren soll. Dieser Imagewandel sei für Seat die vordringliche Aufgabe, sagt de Meo: „Denn wir müssen den Leuten endlich beweisen, dass wir viel mehr können, als man uns zugetraut hat.“