Streitgespräch:
Honda Civic Type R vs. Peugeot 308 GTi
Text: Maximilian Barcelli/Jakob Stantejsky/Tizian Ballweber
Ich weiß jetzt schon, dass der Ballweber gleich mit so Aussagen um die Ecke kommt wie: „Aber der Civic schaut einfach nicht schön aus!“, oder „Der Peugeot überzeugt mit seinem eleganten Understatement ganz besonders.“ Ja eh, der Franzose ist ganz viel hübsch und so – aber beim Honda Civic Type R folgt die Form einfach der Funktion, wie es bei einem echten Sportwagen sein sollte. Nein, sein muss! Jede Sicke, jede Kante und natürlich auch der gigantische Heckspoiler dienen hier dem obersten Ziel der perfekten Aerodynamik und das Ensemble erzeugt dann sogar echten Abtrieb – als allereinziger Kompaktsportler überhaupt! Das daraus resultierende Design mag nichts für schwache Nerven sein, doch das ist der ganze Type R sowieso nicht. Und ich halte es jetzt ganz offiziell fest: Mir gefällt der Honda Civic Type R. Und wie auch noch!
Der Peugeot überzeugt mit seinem eleganten Understatement ganz besonders. Man braucht keine Spoiler und anderes Aero-Klumpat wie beim Type-R. Und ich sag dir auch warum, Jakob: es ist kein Sportwagen. Es ist ein sportlicher Kompakter, ein Hot Hatch auf neudeutsch. Und zwischen dem und einem reinrassigen Sportwagen stecken 200 PS und etwa 100.000 Euro. Da hat man mit dem 308 GTi die bessere Wahl: bequem und sportlich zugleich, kein möchtegern Need-For-Speed-Ricer-Getune und ein Innenraum der nicht nur aus Hartplastik besteht. Und all das schön und ansehnlich verpackt. Ein kleiner Sleeper, der Löwen GTi.
Ich greife den Begriff „Sleeper“, den du, lieber Kollege, gerade fallen gelassen hast, gerne auf – denn einschlafen könnte ich beim Peugeot 308 GTi definitiv. Na gut, zugegebenermaßen ist es doch nicht gar so schlimm, denn der blauschwarze (so viel zum Thema unnötig) Franzose flutscht eh sehr flink durch die Gegend. Aber dass du Kompaktwagen generell so scharf vom Sportwagentum abgrenzt, liegt wohl hauptsächlich daran, dass du von dem vergleichsweise braven Fahrverhalten des Peugeot geblendet bist. Denn beim Geschoss namens Type R geht die Hölle los, sobald man mit bleischwerem Gasfuß in die erste Kurve schießt und die Reifen nicht und nicht aufhören, auf der Straße zu kleben wie Romeo an Julia. Da sind Kurvengeschwindigkeiten möglich, die sonst eher in die – genau, jetzt kommt’s – Sportwagenkategorie fallen. Sicher, 320 PS sind für einen reinrassigen Sportler eher Peanuts und bei vier Sitzen und allem Drum und Dran geht ein Stück Kompromisslosigkeit verloren. Aber mit 1.400 Kilo fällt der Civic keinesfalls unter die Schwergewichte und auch deshalb bewahrt er sich genug Sportlichkeit, um auf der Rennstrecke Freudentränen fließen zu lassen. Von der unfassbar direkten, knackigen Schaltung im Japaner wollen wir gar nicht erst anfangen, da müsste der arme 308 GTi sich ja schämen gehen.
Schämen muss sich der 308 wegen der Schaltung nicht. Die kommt zwar direkt aus dem Traveller, zumindest fühlt sich das so an, und ist nicht die knackigste. Und er mag zwar nur 272 PS haben, aber die reichen vollkommen aus für hübsche Spurte und rasante Kurvenfahrten. Außerdem: je mehr PS dein Auto hat umso mehr zahlst du bei Versicherung, Steuer und an der Zapfsäule. Und nur weil dein Type-R Runderekorde aufstellt… wie oft wird man mit so einem Auto auf Nürburgring und co unterwegs sein? Für Berg- und Landstraßen tut’s der Peugeot. Klanglich fegt der Franzose den Japaner auf jeden Fall weg.
Resümees sind doch das allerschönste an jedem Diskurs und deshalb ziehen auch wir ein solches nun voller Inbrunst. Wer auf der Suche nach Kompromisslosigkeit über den Automobilmarkt irrt, findet beim Honda Civic Type R unter Garantie sein Glück. Wer hingegen seinen Alltag mit einer Portion Spritzigkeit auffrischen will, möge sich vertrauensvoll an den Peugeot 308 GTi wenden. Wo Ersterer fordert, dass sich der Fahrer ihm jederzeit völlig hingibt, mimt Letzterer das vielseitig talentierte Chamäleon. Vom Tempobolzer zum geschmeidigen Gleiter dauert die Verwandlung keine zwei Augenblicke, nur zur Rennmaschine wird der Franzose nie. Genau auf diesem Gebiet brilliert jedoch der Japaner mit einer respekteinflößenden Selbstverständlichkeit und daher sollte man die beiden Autos nicht als unmittelbare Konkurrenten sehen, sondern eher als die zwei Enden des Spektrums Kompaktsportler. Und es ist doch ziemlich cool, in einer Zeit zu leben, wo der Automarkt so viel Diversität zu bieten hat – also kauft man sich am besten beide! Wenn man einen Goldesel zuhause hat.