Surfin‘ VIE
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Vor allem jetzt, wo das Eis geschmolzen, der Schnee abgetaut, die Tage wieder länger und die Sonne endlich wärmer ist. Wakebaord-Action gibt’s nicht nur in Miami, sondern auch mitten in Wien.Text: Gregor Josel / Fotos: Maximilian Lottman
Gesagt – getan, und auch die Okkasion der frühlingshaften Zusammenkunft am blauen Fluss, der durch die laut Mercer abermals lebenswerteste Stadt der Welt fließt, ist eine honorige. Denn vom 1. bis 3. September macht das Finale der International Wake Surf Series erstmals am europäischen Kontinent halt. Und weil Wakesurfen auch im Binnengewässer leiwand ist, fiel die Wahl für das Finale auf Wien. Dies haben wir zum Anlass genommen und sind an den ersten warmen Tagen des März und ganz stilsicher mit US-Schwermetall in Form eines Mustang Shelby GT500 zur Marina Wien gefahren, um zwei jungen Gentlemen beim ersten Wake Surf des Jahres Gesellschaft zu leisten. Was hat das nun mit unserem Motorblock-Magazin zu tun, fragen Sie? Viel, denn zum Wakesurfen braucht man nebst dicken Eiern auch ordentlich Power. Nicht nur im festen Wadel, sondern vor allem auch im Boot, das einen beim Wakesurfen nicht mittels Seil zieht (logisch, weil sonst hieße es ja Wasserskifahren), sondern das mittels spezieller Vorrichtung am Heck eine permanente Welle erzeugt, auf der der geneigte Wakesurfer dann so lange wie möglich reitet.
Dieses wunderbare schwarze Prachtstück aus dem Hause Malibu Boats mit dem trefflichen Namen „Wakesetter 21 VLX“ wird von einem Motor befeuert, der dem des Mustang Shelby nicht unähnlich ist. Leistet der V8 des Shelby GT500 aus sieben Liter Hubraum saftige 425 PS, so reißen im Falle des Wakesetter-Schinakels brachiale 575 PS aus einem 6,2 Liter V8-Indmar-Motor an der Schraube, der auch auf einem Motor aus dem Hause Ford basiert. Beeindruckend ist jedoch nicht nur die Leistung, sondern auch die Technik an Bord. Hier will jeder Kapitän spielen und die chromglänzenden Hebel samt Lederlenkrad und digitalem Tacho- system bedienen.
Die Welle hinterm Boot entsteht wie schon erwähnt nicht ausschließlich durch eine Laune des Neptun, sondern durch das Konzept einer sogenannten „Integrated Surf“-Plattform. Nicht nur der Rumpf des Boots ist speziell für das Surfen entwickelt, auch die besagte Bade-Plattform am Heck, die in erster Linie dazu dient, um aus dem Wasser ins Boot zu klettern, ist unter dem Gesichtspunkt der bestmöglichen Wellenform gestaltet.
Mithilfe von vier in den Rumpf eingebauten Ballast-Tanks, die mittels Pumpen individuell befüllt werden, lässt sich die Gewichtsverteilung optimieren: je schwerer das Boot, desto höher die Surfwelle. Zusätzlich werden mit der am Handgelenk des Surfers befestigten Fernbedienung so gut wie alle Aspekte der Wellenform reguliert. Auf Tastendruck wird nicht nur Bootsgeschwindigkeit, sondern auch die Stellung der hydraulisch regulierten Trimmklappen festgelegt. In Kombination mit der Steuerung des patentierten Tragflügels Power Wedge (unter der Bade-Plattform) kann also sowohl der Bootsfahrer als auch der Herr Surfer während des Wellenreitens Länge, Höhe und den Shape (klingt nämlich viel cooler als Form) der Welle in Sekundenschnelle verändern. Das heißt auf gut Deutsch, wenn dir der Junge mit dem Brett auf den Nerv geht oder tags zuvor dein Mädchen blöd von der Seite angeredet hat, drückst du als Herr Kapitän aufs Knopferl und der Gute darf per manes ans Ufer zurückrudern. Alle Macht dem Steuermann, so gehört das!
Für echtes Florida-Feeling fehlen jetzt zweifellos noch ein paar Grad Wasser- und Lufttemperatur und die eingangs erwähnte Rauchware. Doch unsere beiden harten Mannen Tobias Konsel und Markus Lahmer, seines Zeichens übrigens österreichischer Wake-Surf-Staatsmeister, sind im dicken Neopren gut gerüstet für die noch etwas frischen Fluten der Donau. Auch sind sie von den Brettern, die für sie die Welt bedeuten und uns freundlicherweise von „S’Bredl“ auf den Shelby- Bügel geschnallt wurden, wesentlich begeisterter als wir, die wir hauptsächlich auf einen 140Meter-Burnout mit dem endgeilen Shelby vor der Marina Wien gewartet haben, den sein „Herrl“ sich beim Abschied dann eh nicht verkneifen kann.
Denn das ist dann letztlich der wesentlichste Nachteil des kühlen Nasses: Du kannst keine Spuren auf der flüssigen „Fahrbahn“ hinterlassen. Egal ob du mit der Gemahlin auf der Alten Donau Richtung Spritzwein ruderst oder mit unserem schwarzen Malibu-Schätzchen die knapp 600 Pferde zu Wasser lässt – nach ein paar Augenblicken ist die Donau wieder still und blau wie eh und je. Nur ein vereinzelter Wake-Surf-Anfänger, von Glück, Können und Boot verlassen, könnte gen Ufer treibend die traute Stille möglicherweise trüben.
Event-Tipp
Malibu Evolution Vienna Pro
Erstmals endet einer von jährlich weltweit drei Stopps der MALIBU EVOLUTION PRO TOUR auf dem europäischen Kontinent. Die weltbesten Wakeboard- & Wake Surf ≠Pro-Rider zeigen im Rahmen dieser Veranstaltung ihr Können und fighten um die höchstdotierte Börse in diesen Sportarten. Der finale Event der IWSS 2017 kombiniert Wakesurfen mit Wakeboarden in bisher unbekannten Dimensionen: Das Preisgeld beträgt 80.000 Dollar, die Veranstalter erwarten rund 30.000 Besucher. Auftakt: Show-Contest auf der 3 CityWave in Wiens Innenstadt. Alle Infos zum Wake-Surf-Sport und zur Eventreihe IWSS gibts auf der Homepage des Österreichischen Wasserki- & Wakeboardverbandes ÖWWV. oewwv.at