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Tesla Model X: Nur ein Auto

Die Sichtweise

Tesla Model X: Nur ein Auto

Sehen wir das Tesla Model X doch mal zur Abwechslung vom automobilen Standpunkt aus. Also ohne den diversen Philosophien und ohne den Verbrenner ans Bein zu pinkeln. Aber auch ohne, die Elektromobilität in den Dreck zu ziehen.

Text: Maximilian Barcelli

Dann nämlich kristallisiert sich das amerikanische E-SUV als feines, teilweise sehr hochwertiges und enorm unkonventionelles Auto heraus. Das Tesla Model X ist aber vor allem auch eines: Unpraktisch. Das beginnt schon beim Einsteigen. Denn so groß die Show auch sein mag, die die Flügeltüren hinten veranstalten, Praxisorientiertheit sieht anders aus. Ganz anders. Nicht selten war die Tiefgarage zu niedrig oder das geparkte Auto zu nahe. Aber man verzeiht’s dem E-SUV. Spätestens, wenn links, rechts und oben Platz genug ist und der Tesla aus den vollen Schöpfen kann.
Ein wahrer Hingucker beim erstmaligen Einsteigen ist auch die Frontscheibe, die sich bis hoch oben zieht. Ach ja, das Einsteigen: Tesla hält es nicht für notwendig, in Autoschlüssel solch Absurditäten wie Knöpfe zum Auf- oder Zusperren zu integrieren. Heißt: Man schließt die Tür einfach und vertschüsst sich. Der Wagen merkt dann, dass sich der Schlüssel davon macht und riegelt ab. Anfangs zwar mit Misstrauen begegnet, gewöhnt man sich recht schnell an diesen Zustand des Nicht-Zusperrens. Geht man auf das Model X wiederum zu, entriegelt sich der Wagen nicht nur – was ja viel zu konventionell wäre. Die Fahrertür öffnet sich selbstständig und das Model X bittet seinen Fahrer sozusagen hinein. Ob das irgendjemand wirklich braucht? Keine Ahnung. Ist es cool? Aber sowas von. Und unpraktisch ist’s immerhin nicht.
Doch zurück zu etwas, dass durchaus unpraktisch ist. Die Panorama-Windschutzscheibe nämlich, die Panoramadächer obsolet macht. Zwar wirkt durch ihr der Raum sehr luftig. Also noch luftiger, als er ohne hin schon ist. Mit einer Länge von über fünf Metern und 2965 Millimeter Radstand geht’s im Model X nämlich alles andere als eng zu. Doch so schön auch die Aussicht ist: Wenn die Sonne reinknallt, dann wird’s heiß. Richtig heiß. Im Winter vermutlich eine feine Sache: Weniger Heizung bedeutet bekanntlich ja mehr Reichweite. Im Sommer bei blauem Himmel hingegen heizt die Sonne den Innenraum ordentlich durch die große Glasfront auf. Da kann nur die akkusaugende Klimaanlage Abhilfe verschaffen. Ohne dieser das Tesla Model X zu bewegen lediglich Masochisten zu empfehlen ist.
Wobei, das muss jetzt auch einmal gesagt werden: Die Reichweite, die Tesla auf’s Parkett zaubert, ist schon amtlich. Wie man die offiziellen 565 Kilometer des 100D tatsächlich erreichen soll, bleibt zwar ein Rätsel, aber für gut 400 Kilometer ist das Model X schon leicht zu haben. Und zwar ohne, seinen Fahrstil verändern zu müssen und ohne auf den Komfort von Klimaanlagen oder sonstiges zu verzichten. Auch nicht auf den ein oder anderen Kick-Down.
Der ist in gewohnter Tesla-Manier brutal. Klar ist das nicht dasselbe, wie wenn ein wuchtiger V8 dabei vor sich hin rotzt. Aber ob es wirklich schlechter ist, wollen wir jetzt nicht beurteilen. Wegen der Philosophie von vorhin und so. Jedenfalls entspannt es, das elektrische Fahren. Und man gewöhnt sich dran. Steigt man dann wieder in einen Verbrenner, wird der Klang des Motors gar als störend war genommen. Zumindest solang es kein V8er ist, der das Automobil antreibt. Gewöhnen tut man sich übrigens auch an die riesige Windschutzscheibe, in anderen Fahrzeugen kommt man sich dann gar eingeengt vor. Und wie im Jahr 1970.
Daran trägt natürlich das Interieur den größten Anteil. Also man muss das schon wirklich mögen, das Digitale, damit man sich im Model X (oder in irgendeinem Tesla) wohl fühlt. Die Größe des Bildschirms bringt zwar Vorteile mit sich: So muss man beispielsweise in kein Untermenü gelangen, um die Klimaanlage zu steuern. Bei Peugeot sehr wohl der Fall. Der riesen Touchscreen und das Fehlen von sämtlichen Knöpfen und Tasten macht den Innenraum aber auch ein wenig unpersönlich – und das weiße Leder hilft da nicht wirklich. Übrigens, richtiges Leder findet man im Model X nicht. Tesla hat sich ja dem Fleisch entzogen und bieten nur noch vegane Riesen-SUVs an. So hochwertig wie echtes Leder fühlt sich das aber lange nicht an.
Verarbeitet ist das Tesla Model X für amerikanische Verhältnisse sicher nicht übel, für europäische aber auch nicht gut. Zumindest, für einen Preis von 116.330 Euro. Oder – nach Tesla-Rechnung – 104.330 Euro. Die ziehen nämlich – rein hypothetisch, leider – 12.000 Euro ab und geben eben genannten Preis neben den richtigen auf ihrer Webseite an. Die 12 Riesen soll man sich nämlich angeblich unter anderem an Steuerern und Benzinkosten innerhalb von fünf Jahren sparen. In Öl investieren ist also eine sichere Bank.
Fazit? Wer elektrisch fahren will, das Geld im Börserl hat und beides zur Schau stellen möchte, der ist mit dem Tesla Model X gut beraten. Dass nach Abstellen des Fahrzeugs eine Grafik von diesem am Screen zu sehen ist, mit der sich schon vor dem Aussteigen sämtliche Türen öffnen lassen – inklusive Kofferraum – ist simpel, aber genial. Also, falls sich die Türen überhaupt öffnen lassen. Naja, übernachten die Kinder auf den hintern Plätzen eben im Auto.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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