Praktisch, geräumig, zuverlässig, und seinen Preis wert: So hat es der Passat Variant zum Vertreter-Kombi Nummer 1 gebracht. Und dabei tausende von Handlungsreisenden zu Tode gelangweilt. Doch jetzt hat VW ein Einsehen und verführt Vertreter mit einem Shooting Brake des Arteon. In fließenden Linien gezeichnet und hinten eine ziemlich schräge Nummer, wirkt er neben dem Passat Variant so verführerisch wie ein Aktienbroker neben einem Steuerfachbeamten.
Dabei ist die Technik unter dem Blech identisch – und der Preis natürlich ein bisschen höher. Los geht es – aktuell mit dem 150 PS-TDI – für 44.387 Euro (D). Das sind gut 800 Euro mehr als für den entsprechenden Arteon mit Fließheck und stolze 8.000 Euro mehr als für einen identisch motorisierten, wenngleich dürftiger ausgestatteten Passat Variant.
Zwar ändert VW nichts an der Länge von 4,87 Metern. Doch weil das Dach höher ist und die Heckklappe steiler steht, bietet der Shooting Brake ein bisschen mehr Platz für Kinder und Koffer: Auf der Rückbank genießt man mehr Kopffreiheit und hinter die serienmäßig elektrische Heckklappe passen 565 Litern. Das sind zwar nur zwei Liter mehr als beim Viertürer. Doch bei umgelegter Rückbank wächst das Ladevolumen auf 1.632 Liter und der Raumgewinn somit auf 75 Liter. Natürlich können Passat-Fahrer darüber nur milde lächeln – schluckt ihr Variant doch 650 bis 1.780 Liter. Doch dafür sitzen sie eben in einem schnöden Pampersbomber und nicht in einem eleganten Blickfang, den Baureihenchef Markus Kleinmann sogar ebenso frech wie selbstbewusst mit Autos wie dem Fünfer BMW oder der Mercedes E-Klasse vergleicht und so zum Traumwagen aller Handlungsreisenden hochjazzt. Allerdings hat die Schönheit auch ihren Preis: Anders als beim Passat gibt’s im Kofferraum des Arteon eine hässliche Stufe hinter der Heckklappe, so dass man beim Ausladen zum Gewichtheber wird. Und die Sicht nach hinten ist auch nicht die beste. Nur gut, dass es Kameras gibt, die einem beim Rangieren die Augen öffnen.
Zur neuen Karosserie-Variante gibt es für den Arteon zur Hälfte der Laufzeit auch ein gründlich aufgefrischtes Innenleben. Das erkennt man bei beiden Modellen im Großen an dem jetzt serienmäßigen Digital-Cockpit mit einem üppigen Touchscreen daneben und im Detail an vornehmer Materialien mit neu gemusterten Metall-Applikationen und Ziernähten im Kunstleder. Und auch das Ambientelicht wirkt jetzt vornehmer, weil es das Interieur in viele Farben taucht.
Unter der Haube tut sich ebenfalls einiges. So stellen die Niedersachsen die beiden 2,0-Liter-TDI mit 150 oder 200 PS auf das so genannte Twindosing um und zählen sie dank dieser doppelten AdBlue-Einspitzung zu den saubersten Dieseln am Markt. Mit fast 1.400 Kilometern Reichweite für die schwächere Version und einem dank 400 Nm, 7,4 Sekunden von 0 auf 100 und 230 km/h Topspeed ausgesprochen souveränen Fahrgefühl für die stärkere sind beide ideale Motoren für Kilometerfresser im Außendienst. Bei den drei Benzinern von 190 bis 320 PS gibt’s jetzt einen hoch verdichteten 2,0-Liter, der seine 190 PS nun zehn Prozent effizienter bereit stellt, und für die erste Etappe auf der Electric Avenue bringt VW den Arteon erstmals mit Plug-In-Hybrid. Die Organspende aus dem braven Bruder Passat kommt auf 218 PS Systemleistung, fährt weit jenseits des Ortschildes auch allein mit der Kraft des 85 kW starken E-Motor und hat eine elektrische Reichweite von maximal 53 Kilometern. Wer weiter stromern will, muss noch zwei Jahre warten – dann kommt die Serienfassung des ID Roomz, mit der die Mittelklasse endgültig in der Generation E ankommen will.
Zwar merkt man dem Arteon das Bemühen um Anerkennung und Aufstieg an, doch damit ihr Flaggschiff auch im rechten Licht erscheint, gehen die Niedersachsen lieber auf Nummer sicher und sorgen selbst für ein bisschen mehr Glanz. Deshalb haben die Designer nicht nur Scheinwerfer und Rückleuchten retuschiert, sondern ziehen auf Wunsch gleich auch noch eine LED-Leiste im Grill ein – dann strahlt der Arteon ganz von alleine.