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VW Passat Alltrack: Liebe zur Langweile

Der VW Passat bleibt auch nach dem Facelift so aufregend wie eine Modelleisenbahnmesse. Und? Schlecht? Na eben!

Text: Maximilian Barcelli

Es gibt viele unglaubliche Orte auf dieser Welt. Glasklare Seen, imposante Berge, weiße Strände und Städte mit einer Architektur, die einem einfach nur den Atem raubt. Und wo geht’s dann wieder hin im Sommer? Istrien, eh klar. Zum zwölften Mal in Folge, weil ja alle guten Dinge zwölf sind. Die Gründe für die Wiederkehr können vielfältig sein. Zum Beispiel ist es halt schon verdammt schön in Kroatien. Vielleicht fehlt für New York City das Geld. Oder die Welt steckt gerade in einer Pandemie, im Zuge derer auf grundlegende Freiheitsrechte verzichtet werden muss. Einverstanden, das klingt dann doch etwas weit hergeholt. Oder so.

Ein wesentlicher Grund (Darauf schließt eine von mir durchgeführte Studie. Die Teilnehmerzahl betrug fünf. Katzen, nicht Personen.) ist aber folgender: Der Mensch schätzt Routine und Gewohnheit. Jedes Jahr im selben Land, im selben Ort und im selben Hotel urlauben, das entspannt, da geht nix schief, da weiß man, was man hat. Wie bei einem VW Passat. Der ist nämlich auch kein Auto, das den Puls hochtreibt, wie Rafting im Wildwasser mit dem Schwierigkeitsgrad pechschwarz. Und das ändert sich auch nicht mit dem Facelift.

Wobei (technisches) „Update“ wohl zutreffender ist: Die optischen Veränderungen sind nämlich auf einer Hand abzuzählen, selbst wenn an dieser zwei, drei Finger fehlen. Freilich gibt es neue LED-Leuchten, serienmäßig versteht sich, Matrix bekommt man gegen Aufpreis. Außerdem thront der Passat-Schriftzug nun stolz am Heck. So handhaben es mittlerweile viele Marken des VW-Konzerns, nicht nur VW selbst.

Ansonsten bleibt der Bestseller in der Mittelklasse seiner konkurrenzlos gewöhnlichen Line treu. Keine Experimente, auf Gewohntes – und ja – auch auf Beliebtes wird gesetzt. Optisch wie fahrerisch: Klar kommt man im Passat in keinen Kurvenrausch, schon gar nicht im etwas erhöhten Alltrack (bedeutet gleichzeitig auch: Allrad!). Aber die Fuhre liegt dennoch ausgewogen und komfortabel, ist gleichzeitig aber auch nicht schwammig. Vielleicht eine etwas schwergängigere Lenkung? Ach was, Geschmackssache! Und immerhin rangiert es sich so einfacher. 

Das DSG weiß besonders bei geschmeidiger Fahrt immer was zu tun ist und der Motor – ein 190 PS starker, selbstzündender 2-Liter-Vierzylinder – treibt den Passat souverän in höhere Geschwindigkeitsbereiche. Ganz ehrlich: Der 150 PS starke Diesel tut’s mit Sicherheit auch. Allerdings ist der Alltrack immer an den 190 PSler gebunden. Einmal sind wir noch ganz ehrlich: Ob es ein normaler Variant nicht auch tut?

Wie alles rund um den VW Passat ist auch das aufgefrischte Interieur weiterhin massentauglich: Auf digitale Spielerein, wie wir sie etwa vom Konkurrenten Peugeot 508 kennen, wird verzichtet, das Design übt sich in Zurückhaltung. Natürlich spielt der Wolfsburger punkto Vernetzung alle Stücke, das Infotainment-Display ist größer und es gibt weniger Knöpfe. Was uns fehlt – und das nicht erst seit dem Facelift: eine Alternative zur Toucheingabe. Make the Drehregler great again. Bitte.

Ambientebeleuchtung und eine solide Materialienauswahl tragen weiters dazu bei, dass man sich im Mittelklässler aus Wolfsburg wohlfühlt. Eben wie in Kroatien. Das könnte dieses Jahr zwar ins Wasser fallen (Danke, Corona!) – aber Istrien 2021? Klingt nicht so übel. Schon gar nicht, wenn die Reise im neuen VW Passat angetreten wird. Und weil’s ein Alltrack ist, bleibt der Puls bei wohlfeilen 70 Schlägen pro Minute, selbst wenn die asphaltierte Straße ihr Ende gefunden hat. Und wenn’s kein Alltrack ist? Ein bisserl Spannung im Leben schadet ja doch nicht.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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