Er ist der meistverkaufte VW aller Zeiten, der Bestseller in Europa, der König der Kompaktklasse – und für eine ganze Generation „das Auto“ schlechthin – seit 50 Jahren baut VW den Golf und lässt sich darin auch nicht von einer elektrischen Revolution beirren. Denn bislang 37 Millionen Kunden rund um den Globus können ja nicht so falsch liegen. So sehr die Niedersachsen auch die ID-Familie investieren, halten sie ihrem Dauerbrenner deshalb trotzdem die Treue und bringen ihn jetzt pünktlich zum runden Geburtstag gründlich auf Vordermann.
Fotos: Hersteller
Außen hält sich das Facelift zwar in engen Grenzen, wenn der Golf 8.1 im Frühjahr zu Schätzpreisen von wohl knapp 30.000 Euro in den Handel kommt. Denn mehr als schlankere Scheinwerfer in einer frisch gezeichneten Frontschürze, neue Rückleuchten sowie natürlich neue Farben und Felgen hat der neue Designchef Andreas Mindt bei der Modellpflege nicht geändert. Doch dafür setzen die Niedersachsen innen zum Befreiungsschlag an und nehmen endlich den Nörglern am Bedienkonzept den Wind aus den Segeln. Denn am Lenkrad gibt es endlich wieder klassische Tasten und die leidige Slider-Leiste unter dem noch einmal gewachsenen Mitteldisplay ist nun tatsächlich beleuchtet. Zusammen mit einer neuen Menüstruktur soll man nun auch im Golf wieder bei Nacht die Lautstärke oder die Temperatur regeln können, ohne einen Unfall zu riskieren.
Ja, VW musste dafür scharfe Kritik einstecken und hat sich bei der Lösung lange Zeit gelassen. Doch jetzt kommt die Abhilfe fast schon zu spät. Denn als weitere Neuheit zum Facelift gibt es einen dramatisch verbesserten Sprachassistenten, der sich das Knowhow von ChatGPT zu Nutze macht und künftig wohl bei der Bedienung erste Wahl wird. Schließlich entspinnen sich so nicht nur natürliche Dialoge zwischen Mensch und Maschine und die Verständigung wird zum Kinderspiel, sondern der elektronische Beifahrer hat Zugriff auf das gesamte Wissen der virtuellen Welt und kann deshalb fast jede Frage beantworten. Wer braucht da noch Tasten oder Slider?
Neben der neuen Schminke und der neuen Software fürs Infotainment gibt’s aber zur Hälfte der Laufzeit auch ein Hardware-Update und VW fasst alle Motoren an. Es gibt mehr Mild-Hybride, ein bisschen mehr Leistung für die TSI bin hinauf zum nochmal erstarkten GTI und vor allem Plug-In-Hybriden, die den Übergang ins Elektrozeitalter noch ein bisschen leichter machen sollen. Nicht umsonst ist der Akku jetzt mit 19,7 kWh fast doppelt so groß, so dass nun bis zu 100 Kilometer möglich sind. Und nicht ohne Grund hat VW den Lader so verbessert, dass an der Wallbox mit 11 kW nun dreimal so viel Strom fließt und dass der Golf nun mit immerhin 50 kW auch Gleichstrom zapfen kann.
Los geht es zum Verkaufsstart im Frühjahr mit zwei 1,5 Liter großen Benzinern, die wahlweise mit oder ohne 48 Volt-Technik aber immer mit 115 oder 150 PS angeboten werden. Außerdem hat VW zwei 2,0-Liter-TDI mit ebenfalls 115 oder 150 PS im Programm. Darüber rangiert der eHybrid als Plug-In für Einsteiger mit 204 PS und an der Spitze stehen der GTI mit 265 und der GTE mit 272 PS. Aber damit ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Sondern auch bei der R GmbH scharren sie schon mit den Hufen und tüfteln daran, wie sie aus dem Zweiliter-Motor mehr als die 333 PS des bisherigen Top-Modells kitzeln können.
Ja, global hat der Golf gegen SUV wie den Tiguan bereits verloren und bei uns stehlen ihm die Elektromodelle der ID-Familie zunehmend die Show. Doch um die weitere Karriere des Bestsellers muss sich offenbar keiner Sorgen machen. Denn VW-Chef Thomas Schäfer lässt keine Gelegenheit aus, dem König der Kompakten eine Bestandsgarantie zu geben – selbst wenn sich wohl längst nicht mehr weltweit 2.000 Menschen am Tag für einen Golf entscheiden. Aber statt den Golf einzustellen, so hat er schon mehrfach angedeutet, müssen wohl eher schon nach einer Generation die ID-Modelle dran glauben und sich als ID Golf wieder in Reih und Glied einordnen. Denn VW ohne Golf, so die aktuelle Stimmungslage in Wolfsburg, das ist wie Kantine ohne Currywurst und mithin undenkbar. Deshalb macht sich der Golf mit diesem Facelift auch nicht nur fit für den Endspurt, sagt Schäfer: Sondern mit dem Facelift beginnt nach 50 Jahren jetzt die Zukunft.