Benjamin Button
VW T-Roc: Rociger Jungspund?
Der, von der Allgemeinheit als bieder wahrgenommene, Volkswagen-Konzern tritt eine Verjüngungskur an: Nachdem Skoda mit dem Karoq roqige Menschen ansprechen soll, bittet nun der VW T-Roc zum Roc-Konzert.
Und es hat sich wirklich was getan, so zumindest der erste optische Eindruck. Eine spannende Front mit feschen LED’s an den Stoßfängern und einem Kühlergrill, dessen untere Kante einige Zentimeter hinab wandert und den Wagen fürs Volk bullig wirken lässt, geht in eine coupéhafte Silhouette über bevor ein Heck mit Fake-Auspuffblenden den grundsätzlich guten ersten Eindruck abrundet. Ja, Volkswagen geht mit dem T-Roc ein Wagnis ein, denn wenn der kleinste SUV der Marke im Jänner 2018 auf den Markt kommt, sollen vor allem junge und urbane Menschen angesprochen werden. Sprich: Genau das Gegenteil des eigentlichen Stammklientel.
Wobei, Familienkutsche kann der T-Roc schon auch. Dafür sorgt ein Kofferraumvolumen von 445 bis 1290 Liter, was in diesem SUV-Segment momentan das höchste der Gefühle darstellt. So zumindest VW, doch hängt es schon davon ab, wie die Konkurrenz definiert wird. Nur der kleinere Radstand von 2.590 Zentimeter und der daraus resultierende Platzmangel im Fond spricht gegen die Anschaffung des T-Roc als Family-Laster. Anderseits: Wie viel Platz braucht so ein Halbwüchsiger denn? Und außerdem lässt sich der T-Roc dank des Radstandes auch überraschend spritzig bewegen. Dazu gehört selbstverständlich ein passender Antrieb, bei den Testfahrten im Umland der portugiesischen Hauptstadt Lissabon standen uns zwei 2-Liter Aggregate zur Verfügung, wobei der Benziner für den heimischen Markt irrelevant ist: Der Motor wird nicht angeboten werden. Gefahren sind wir ihn trotzdem, zumindest ein kleines Stück. Resultat: Fehlen wird er in der österreichischen Motorenpalette nicht, der T-Roc ist ein Diesel-Fahrzeug.
Die Fahrt beginnt mit einem guten Stück Autobahn, auf die der T-Roc einen souveränen, allerdings nicht gänzlich perfekten, Eindruck hinterlässt. Die 190 Pferde, die der 4-Zylinder stemmt, ziehen die Kutsche auch im dreistelligen Geschwindigkeitsbereich brav an. Nur die stärkeren Windgeräusche bei höherem Tempo stören, ein angeregtes Gespräch oder den Lieblingssong, der grad auf Radio Klassik läuft (ja, so kultiviert sind wir) werden diese allerdings nicht großartig beeinträchtigen. Wirklich überraschend war dann seine Leichtfüßigkeit auf den kurvigen Landstraßen Portugals, die, wie bereits erwähnt, durchaus auch dem kleineren Radstand geschuldet ist (und dem Gewicht, selbstverständlich). Und wirklich, wirklich, wirklich überraschend war dann die Performance des T-Roc im unbefestigten Gelände: Er kann’s. Mehr, als es der Großteil der Kunden je in Anspruch nehmen wird. Nicht, dass wir den Volkswagen durch Himmel und Hölle geschickt hätten, aber die Suche nach einem passenden Foto-Hintergrund durch portugiesische Weinberge meisterte der T-Roc mit Bravur. Ganz ohne herum zu zicken arbeiteten sich die vier angetriebenen Räder auch durch steilere Passagen und selbst größere Steine schluckt der Wolfsburger besser, als man es erwarten würde.
Ja, wir sind zufrieden. Können, trotz kleiner Kritikpunkte hier und da, von durchaus positiven Testfahrten berichten. Er löst mit seinem mutigen und selbstbewussten Auftreten Emotionen aus, punktet mit dem gewohnten VW-Innenraum (nur weil’s immer das Gleiche ist, ist es ja nicht schlecht) und lässt sich kernig durch kurvige Straßen manövrieren. Seine Offroad-Attribute machen den VW T-Roc zu einem potenten Allrounder, der treu zur Seite steht, auch wenn man wortwörtlich Steine in den Weg gelegt bekommt.