Vor bald einer Dekade stieg Renault mit dem kleinen Zoe groß in die Elektromobilitätsbranche ein. Nun startet die dritte Generation. Der erste Test zeigt: Es hat sich viel getan.
Text: Maximilian Barcelli
25 Grad, hie ein angenehmes Lüftchen, da eine für temporäre Erfrischung sorgende, die Sonne kurz verdeckende Wolke – Sardinien im September ist eine Freud‘. Einerseits für Mensch – nicht zuletzt wegen den ob der Nebensaison ausbleibenden Touristenmassen. Anderseits für Maschine. Ganz besonders, wenn es sich bei solche um eine elektrisch angetriebene handelt. Die kann bei diesen optimalen Verhältnissen ihr Reichweitenpotential nämlich voll ausschöpfen – und so kommt es, dass auch nach knapp 200 Kilometern Fahrt über kurvenreiche Küstenstraßen ganz ohne Zurückhaltung etwas über 100 Kilometer Restreichweite am Tacho des brandneuen Renault Zoe angezeigt werden. Beim Zoe der ersten Generation hieß es (realistisch) schon nach 150 Kilometern: Rien ne va plus, nichts geht mehr.
Beeindruckend, wie die Akku-Technik voranschreitet. Nach WLTP sollen beim Neuen sogar bis zu 383 Kilometer drin sein. Das sind durchwegs Sphären, in denen sich eigentlich Dickschiffe wie Audi e-tron und Jaguar I-Pace befinden – oder sogar Tesla-Modelle. Möglich macht das die neue Z.E. 50-Batterie, die mit einer Kapazität von 52 kWh die Spitze des Energiespeicher-Duetts in der Zoe-Palette darstellt. Darunter rangiert noch der altbekannte 41 kWh-Akku. Beide Batterien lassen sich jetzt so schnell wie noch nie beim Zoe laden. An 50 kW-Gleichstromladesäulen wird der Saft in den kleinen Zoe nur so reingepumpt. Eine Stunde und zehn Minuten sollen vergehen und der große Z.E. 50 freut sich über 80 Prozent Ladestand. Beim kleinen Z.E. 40 sind’s sogar nur 50 Minuten.
Die Energie im Akku fließt neuerdings auch nicht mehr in den 108 PS starken E-Motor. Oder besser gesagt: Nicht nur. Denn der R110 hat als Top-Motor ausgedient, diese Position besetzt nun der R135. Die namensgebenden 135 Pferde reißen weiterhin an der Vorderachse und sorgen für einen Sprint von 0 auf 100 km/h in 9,5 Sekunden. Wobei einem der für E-Autos typische Punch bei geringen Geschwindigkeiten das Gefühl verleiht, noch schneller das Landstraßentempo zu erreichen. Bei 140 km/h wird abgeriegelt. So schnell unterwegs sein sei Reichweiten-Sparefüchsen abgeraten, zu langsam sollte man aber auch nicht fahren. Bei weniger als 30 km/h generiert das Fahrzeug nämlich einen künstlichen Sound, der … nun ja … sagen wir: Man hat schon schönere Geräusche vernommen. Presslufthämmer, zum Beispiel. Gut, so schlimm ist es dann auch nicht. Außerdem kann man dem Sound eh den Saft abdrehen, wie Gilles Normand, Chef der Elektrosparte von Renault, verrät. Zurück zum Antriebsstrang: Der große Z.E. 50-Akku kann beide Motoren mit Energie versorgen, beim kleineren Z.E. 40 beschränkt sich die Auswahl auf den R110.
Neu ist auch der Fahrmodus „B“. Der wird via „E-Shifter“ eingelegt (so bezeichnet Renault den Wählhebel des Zoe) und sorgt für eine starke Verzögerung durch die Rekuperation. Wir hatten allerdings den Eindruck, dass ein nicht ganz so extremes One-Pedal-Feeling aufkommt, wie beispielsweise beim Nissan Leaf. Mag aber sein, dass dem nur so ist, weil wir den Zoe weniger im urbanen Bereich und mehr im Überland bewegten – und da einfach aus höherem Tempo gebremst werden muss.
Ja, der Renault Zoe hat nicht nur ein bisserl Schminke spendiert bekommen, sondern tiefgreifende, operative Eingriffe. Die Schminke fehlt aber trotzdem nicht. Voll-LEDs? Check. Dynamischer Heck-Blinker? Selbstredlich. Muskulösere Motorhaube, größerer Kühlergrill, dominanter inszenierte Nebelscheinwerfer? Anwesend. Noch radikaler fällt die Schminke allerdings im Innenraum auf.
Vom knuffigen Interieur-Design ist nicht mehr viel übrig. Der Zoe ist erwachsen geworden – und voll digital. Ein bis zu 9,2 Zoll großer Touchscreen dominiert die Mittelkonsole, darunter befinden sich Schalter für die wichtigsten Funktionen und die Klimaanlage. Auch die Armaturen sind digital und vielfältig konfigurierbar. Große Freude haben wir mit dem Lenkrad, das bei der vorangegangenen Generation ja etwas pummelig war, sich jetzt nicht nur besser greift, sondern auch schärfer aussieht.
Scharf ist die Lenkung selbst aber nicht. Wie auch das Fahrwerk befindet sich diese auf der gemütlichen Seite des Lebens. Passt aber gut zum Charakter des Renault Zoe. Der kann schon jetzt bestellt werden, ab November steht er bei den Händlern. Mindestens 30.390 Euro werden für den elektrischen Kleinwagen fällig. Wer Top-Ausstattung, Top-Motor und Top-Batterie will, muss wenigstens 36.590 Euro investieren. So und so gibt es einen beachtlichen Kofferraum dazu: Mit 338 Litern gehört der Renault Zoe zu den Lademeistern im Segment – und positioniert sich auch in dieser Kategorie als alltagstaugliches Automobil.