Seine größten Herausforderungen liegen am unteren Ende des Preisbandes. Erst recht, nachdem jetzt die Kooperation mit dem VW-Konzern geplatzt ist. Doch weil der ewige Kampf ums bezahlbare Elektroauto weder befriedigend ist noch prestigeträchtig, erlaubt sich Renault-Chef Luca De Meo jetzt einen kleinen Höhenflug und spendiert seiner Marke ein neues Flaggschiff. Denn auf Basis des Espace schickt er im Sommer den Rafale ins Rennen und verlangt seinen Kunden für das Coupé mindestens 44.760 Euro ab. Seine Ambitionen trägt Blickfang dabei schon im Namen: Denn Rafale war nicht nur ein Rekordflugzeug aus den 1930ern, sondern so heißt auch der aktuellste Kampfjet der Franzosen – und egal, auf welches Luftgerät sich Renault bezieht, hat das Topmodell damit zumindest nominell das Zeug zum Überflieger.
Fotos: Renault/Clément Choulot/DPPI
Wer aber bei Espace und Coupé an Avantime denkt und auf Avantgarde hofft, der wird vom neuen Top-Modell erst einmal enttäuscht. Denn so, wie der Espace vom Van zum Geländewagen wurde, ist aus dem Rafale ein SUV-Coupé geworden, das sich von Konkurrenten wie dem BMW X4 oder – Schuster, bleib bei deinen Leisten – dem Peugeot 3008 allenfalls durch den weniger aufdringlichen Auftritt und die ruhigere Eleganz unterscheidet. Nur von schräg hinten erinnert der 4,71 Meter lange Viertürer ein bisschen zu sehr an den Lamborghini Urus und weckt damit Erwartungen, die Renault in keinster Weise erfüllen kann.
Denn während es innen durchaus noch eine gewisse Finesse gibt, die Materialauswahl vornehm wirkt und Details wie die pfiffigen Tablet-Halterungen in dem bei guten 2,70 Meter Radstand geräumigen Fond oder das auf Knopfdruck eintrübende Panoramadach tatsächlich einen Unterschied zum Einerlei etwa aus dem Stellantis-Imperium machen, herrscht unter der Haube die Tristesse eines Kosten- und CO2-getriebenen Vernunftsvorstandes. Statt eines souveränen Sechs- oder wenigstens eines aufgeladenen Vierzylinders steckt dort nämlich nur ein Dreizylinder mit fast schon lächerlichen 1,2 Litern Hubraum. Zwar entlockt ein Turbo dem immerhin 131 PS und es gibt zur Unterstützung noch eine E-Maschine von 69 PS, so dass am Ende 200 PS im Fahrzeugschein stehen. Der kleine Pufferakku ermöglicht vor allem im Stadtverkehr auch ohne Steckdosenanschluss überraschend viel E-Verkehr und drückt obendrein den Normverbrauch auf 4,1 Liter. Und ganz so schlecht sind ein Sprintwert von 8,9 Sekunden und ein Spitzentempo von 200 km/h ja gar nicht. Aber Souveränität fühlt sich anders an und klingt vor allem anders als ein asthmatischer Dreizylinder, der sich unter Volllast über die linke Spur kämpft. Und was nutzt einem das sportlichste Fahrwerk oder die engagierteste Allradlenkung, wenn so recht keine Lust auf eine flotte Landpartie aufkommen mag?
Das haben die Franzosen offenbar selbst gemerkt und schon vor der Premiere Besserung gelobt: Sie arbeiten bereits an einem Voll-Hybrid, der mit einer zweiten E-Maschine an der Hinterachse auf 300 PS kommen und dann auch den Allradantrieb haben soll, den es für ein ernsthaftes SUV braucht – erst recht, wenn es nach solchen Höhen strebt.