Bugatti Bolide: Das ultimative Spielzeug
Manchmal sind auch Superreiche nur kleine Kinder. Erst recht, wenn es um ihre Spielzeuge geht. Diese Erfahrung musste jetzt auch Bugatti-Chef Stephan Winkelmann machen. Denn seit die vornehmste aller VW-Töchter im letzten Jahr als Gedankenspiel für einen radikalen Rennwagen den „Bolide“ gezeigt hat, stand offenbar sein Telefon nicht mehr still, und es braucht nicht viel Phantasie, um sich das Gequengel der Kundschaft vorzustellen: „Nach der Präsentation baten uns viele unserer Kunden, ein Serienfahrzeug des Experimentalfahrzeugs zu entwickeln. Die Reaktionen und die Rückmeldung Enthusiasten und Sammler aus der ganzen Welt haben mich überwältigt“, sagt Winkelmann diplomatisch und gibt jetzt dem Verlangen nach: In Pebble Beach hat er angekündigt, dass immerhin 40 Exemplare des Tieffliegers gebaut werden sollen.
Mit dem Chiron haben diese 40 Autos außer dem Motor fast nichts mehr gemein, und selbst der wurde noch einmal überarbeitet, dreht höher, atmet freier – und fährt mit Rennbenzin. 110 statt bislang 98 Oktan lassen die Leistung von 1.600 auf 1.850 PS klettern und das maximale Drehmoment steigt parallel mit und gipfelt nun ebenfalls bei 1.850 Nm – kein Bugatti hatte bislang mehr Power.
Wo das Serienauto der ultimative Gran Turismo sein will und neben der Leistung auch jede Menge Luxus bietet, ist der Bolide ein Renner der Extreme und macht seinem Namen alle Ehre: Mit der maximalen Dynamik als einzigem Entwicklungsziel allein um den Motor herum konstruiert, ist so im Windkanal eine kaum mehr als 90 Zentimeter hohe Flunder entstanden, die trotz des mächtigen Motors kaum mehr wiegt als ein Kleinwagen: Karbonteile aus dem 3D-Drucker, exklusive Leichtbau-Metalle und vor allem der völlige Verzicht auf Lack und Leder drücken das Gewicht auf knapp 1,5 Tonnen und versprechen ein nie dagewesenen Leistungsgewicht: Wenn jede PS nun nur noch 0,9 Kilo schleppen muss, wird der Bolide zu einem Tiefflieger auf Rekordkurs, der für den Sprint von 0 auf 100 km/h kaum mehr als zwei Sekunden braucht und mit einem bislang allerdings nur theoretisch ermittelten Spitzentempo von mehr als 500 km/h nahezu halbe Schallgeschwindigkeit erreicht.
Zwar wird der Bolide schon ohne Steuern stolze vier Millionen Euro kosten, und wie immer bei Bugatti wird es trotz der radikalen Reduktion auf das Wesentliche noch ein paar Möglichkeiten geben, den Preis durch Individualisierung weiter nach oben zu treiben. Doch ein Extra wird es auch für alles Geld der Welt nicht geben – eine Straßenzulassung. Die FIA mag dem Bolide ihren Segen geben, doch in Flensburg schütteln sie bei diesem Auto hektisch mit dem Kopf. Macht aber nichts, verspricht Bugatti und will die Kunden stattdessen regelmäßig zu Trackdays auf die Rennstrecke laden. Denn zusammen macht das Spiel mit dem neuen Spielzeug ohnehin am meisten Spaß.
Bei allem Gequengel und aller Sehnsucht brauchen die reichen Raser jetzt allerdings noch einmal gehörig Geduld. Denn auch wenn der Bolide der wahrscheinlich schnellste Bugatti der Geschichte ist, lassen sich die Entwickler nochmal drei Jahre Zeit: Vor 2024 sei deshalb nicht mit der Auslieferung zu rechnen.