Von wegen Black Badge! Was sie bei der Tochter Rolls-Royce können, das können sie im Mutterhaus BMW schon lange. Genauso, wie die britische Nobelmarle seit ein paar Jahren ihre Luxusliner subtil aber wirkungsvoll nachschärft, rückt deshalb jetzt auch die M GmbH den iX auf die düstere Seite der Macht. Denn viel mehr als die schwarz gefärbten Typenschilder, ein paar düstere Anbauteile und die High Performance Reifen auf einer neuen Felge sind es nicht, die den Unterschied sichtbar machen, wenn der elektrische Edelmann in diesem Sommer zu Preisen ab 133.600 Euro als ix M60 in den Handel kommt. Dabei kostet der stolze 30 Prozent mehr als das bisherige Top-Modell xDrive 50, bietet dafür aber auch das beste aus drei Welten, schwärmen die Bayern. Schließlich will das neue Top-Modell die Vorzüge der M–Modelle, mit den Qualitäten von i und den Stärken der X-Familie vereinen und so den perfekten MiX bieten.
Dafür legt BMW vor allem beim Antrieb nach – und zwar gewaltig. Weil zur unveränderten Maschine im Bug an der Hinterachse ein modifizierter Motor mit zwei Zentimeter längerem Stator und Doppelinvertor mit sechs statt drei Phasen zum Einsatz kommt, steigt die Leistung von bislang ohnehin schon üppigen 523 PS und 765 Nm auf nun auf 619 PS und 1.015 Nm und mit aktiver Lounge-Control sind für zehn Sekunden sogar 1.100 Nm drin. Kein anderer BNW mit Straßenzulassung hatte bislang so viel Power. Gespeist werden die beiden Treibsätze aus deinem Akku von brutto 112 und netto 105 kWh, der im Normzyklus 561 Kilometer hält, sich aber mit einem schweren rechten Fuß auch auf halber Strecke leeren lässt.
Entsprechend flott geht der iX zur Sache, katapultiert sich sehr zum Neidweisen etwa der M5-Fahrer in 3,8 Sekunden auf Tempo 100 und lässt alle anderen elektrischen BMW-Modelle beim Kickdown weit hinter sich. Denn während der 40er und der 50er bei 200 km/h Schluss machen, darf der M60 standesgemäße 250 Sachen laufen. Und erreicht die auch ohne Atemnot. Denn BMW hat den Antrieb mit unterschiedlichen Übersetzungen an Bug und Heck so ausgelegt, dass dem iX auch auf der Überholspur nicht die Luft ausgeht und er bis weit jenseits von 200 km/h flott beschleunigt.
Die Elektronik vollbringt dabei Höchstleistungen, und spätestens jetzt ist man den kurzen Übermittlungswegen und den entsprechend kurzen Rechenzeiten dankbar, die mit der Aktornahen Radschlupfbegrenzung möglich werden. Denn ohne jeden Traktionsverlust, ohne Quietschen und Qualmen und fast wie auf Schienen zieht der Koloss beim Katapultstart davon und lässt sich weder von seinen 2,6 Tonnen beirren noch von der gerade mal handtellergroßen großen Aufstandsfläche der Reifen. Worum sonst schließlich haben sie ein Spezialprofil in die 255 Millimeter breiten 21-Zöller geschnitten. Und die hinten 20 oder die vorne 10 Prozent steiferen Stabis tun ein übriges, selbst wenn der M60 damit noch lange nicht zu einem Knochenschüttler wird, sondern weiterhin viel sanfter und seidiger unterwegs ist, als man es für ein M-Modell erwartet.
Zwar hat der iX damit ähnlich viel Punch wie ein M5 Competition, doch fährt einem die Faust hier ohne Vorwarnung in die Magengrube und es wirkt seltsam unwirklich, wenn der Koloss wie aus dem Nichts vom Katapult schnellt und in aller Stille dem Ende der Straße entgegen stürmt. Deshalb hat die M GmbH einen künstlichen Rausch der Sinne inszeniert und nicht nur neue MyModes mit noch psychedelischeren Grafiken und noch aufwändigeren Synthy-Sounds programmiert, die in einem Sportmodell gleichwohl noch irritierender klingen. Sondern deshalb lässt der integrierte Bass-Shaker beim Katapultstart sogar automatisch den Massagesitz kribbeln. Schmetterlinge im Bauch gibt es im iX deshalb künftig auf Knopfdruck.
So hat der iX dem i4 mühelos den Rang als stärkster und schnellster Elektro-BMW abgelaufen. Doch kann er sich in diesem Ruhm nicht lange sonnen. Schließlich kommt schon zum Jahresende der i7 und will als neues Flaggschiff auch neue Bestmarken setzen.
Das gilt allerdings nur, solange man die elektrische Welt allein durch die BMW-Brille betrachtet. Wenn sie in München den Blickwinkel etwas weiten, gerät die M GmbH gehörig in Zugzwang. Und da reden wir weniger über Wettbewerber wie Lucid und Tesla mit jeweils mehr als 1.000 PS, und auch nicht über doppelt so starke Hypercars wie den Pininfarina Battista, den Rimac Nevera oder den Lotus Evija. Sondern da reicht schon ein Blick auf die alte Konkurrenz aus Affalterbach. Denn dort reift auf einer eigenen Plattform ein eigenes Elektroauto, das seit ein paar Tagen als Vision AMG auch optisch so langsam Gestalt annimmt. Und wenn man Designchef Gordon Wagener Glauben schenkt, wird das stärker, als alles, was bislang an die Steckdose kommt. Da dagegen zu halten, wird BMW auch mit dem besten Mix nicht gelingen. Sondern wenn die Bayern das parieren will, dann braucht es M in Reinform.