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VW ID.3 Facelift: Vorgezogene Korrektur

Der ID Buzz gerade auf dem Weg in den Handel, der ID.7 noch nicht fertig und mit dem ID.2 als kommendem Volksstromer das womöglich wichtigste Modell noch vor der Brust – über einen Mangel an Beschäftigung können sich die MEB-Entwickler in Wolfsburg derzeit nicht beklagen. Und trotzdem mussten sie jetzt noch ein paar zusätzliche Überstunden am Modularen Elektro-Baukasten machen und sich dabei den elektrischen Erstling noch einmal vornehmen. Denn nicht erst wie geplant nach drei Jahren, sondern schon nach rund 30 Monaten zaubert VW jetzt einen „neuen“, nun ja, zumindest gründlich überarbeiteten ID.3 aus dem Hut. Zu laut war die Kritik am „Golf für die Generation E“ und zu mäßig sein Erfolg, als dass die Niedersachsen noch länger mit einem Update hätten warten wollen. Und dass sowohl im Konzern als auch bei der Marke jetzt jemand neues auf dem Chefsessel sitzt, hat das Tempo sicher auch noch einmal beschleunigt. Deshalb ziehen sie schon jetzt das Tuch vom großen Facelift, sammeln neue Orders ein und versprechen die Auslieferung ab dem letzten Quartal. 

Sieht man von den leidigen Software-Bugs einmal ab und vom ständigen Freeze des Systems, gibt es an der Technik dabei nicht einmal viel zu mäkeln. Und weltweit 600.000 Elektroautos seit dem Start der ID-Offensive sind ja auch nicht schlecht. Doch vor allem beim Design und mehr noch beim Innenraum haben sie offenbar gehudelt oder sich von den Controllern das Heft aus der Hand nehmen lassen – oder beides. Denn für die selbsternannten Erfinder der Nullfuge, des silikongedämpften Haltegriffes und des weich unterschäumten Lacks auf dem Armaturenbrett war insbesondere der Innenraum des ID.3 eine vom Rotstift der Kostenkiller zur Karikatur alter Werte zusammengestrichene Vorstellung. 

„Wir haben verstanden“, lautet deshalb die Botschaft des neuen Markenchefs Thomas Schäfer, der wieder mehr auf Kunden als auf Buchhalter hören will und damit jetzt beim ID.3 anfängt. Deshalb geht es beim um technische Updates und schon gar nicht um den Antrieb, der mit dem 204 PS-Motor im Bug und den wahlweise 58 oder 77 kWh großen Akkus für maximal 546 Normkilometer ohnehin unverändert bleibt und lediglich in ein paar Monaten um den GTX als GTI der Neuzeit mit weit über 300 PS und Allradantrieb ergänzt wird. Sondern es geht vor allem um eine komplett erneuerte Front ohne die schwarze Kunststoffblende, mit mehr Konturen auf der Frontklappe und vor allem ohne den beliebigen, rundgelutschten Ausdruck gepflegter Langeweile. Und es geht auch um das Cockpit, das jetzt endlich keine ganz so billige Plastikwüste mehr sein mag und sich deshalb unterschäumte Kunststoffe und schmucke Ziernähte leistet. Wobei es noch durchaus fraglich ist, ob es den Werten dient und der Wertigkeit schadet, wenn ein Kunststoff den Lederbezug am Lenkrad ersetzt, weil VW jetzt auf einen tierfreien Innenraum schwört.

Parallel zu den Materialien hat VW auch die Ausstattung aufgewertet, den großen Bildschirm jetzt in den Serienstand erhoben, zwei Cupholder zwischen die Sitze geschraubt und allen Kunden den herausnehmbaren Ladeboden im Kofferraum spendiert. Ach ja, und einen neuen Softwarestand gibt es auch: Der ermöglicht Plug&Charge ohne lästiges Gefriemel mit Karten oder RFID-Tags und vor allem Updates over the Air, so dass künftige Kunden auch ohne Boxenstopp in der Werkstatt auf dem neuesten Stand bleiben. Außerdem ist der ID.3 damit gerüstet fürs bidirektionale Laden im eigenen Haushalt. Allerdings steigt damit auch der Preis, der nun bei 44.390 Euro beginnt und mehr denn je die Notwendigkeit eines Volksstromers aufzeigt. Wie gut, dass der ID.3 jetzt dann endlich fertig ist, und sich die Entwickler voll auf den ID.2 konzentrieren können. 

Und noch ein Problem adressiert VW bei der Modellpflege: Die langen Lieferzeiten. Um endlich der Nachfrage Herr zu werden, bauen die Niedersachsen den ID.3 künftig nicht nur in Zwickau und Dresden, sondern holen ihn zudem ins Stammwerk nach Wolfsburg. Eine kurzfristige Entspannung ist davon aber nicht zu erwarten, müssen die Wolfsburger einräumen: Wer jetzt bestellt, kann frühestens im letzten Quartal mit seinem neuen Auto rechnen.

Und ja, sie wollen das Ohr jetzt zwar wieder ganz nah an der Stimme des Volkes haben bei VW und wiederholen mantragleich, dass sie verstanden haben. Doch so ganz ausräumen können sie die Kritik noch nicht. Denn bis es den lautstark geforderten XL-Bildschirm und mit ihm endlich auch eine Beleuchtung für die leidige Slider-Leiste zur Bedienung von Lautstärke und Klimaanlage gibt, dauert es noch einmal ein Jahr – vor Sommer 2024 ist damit nicht zu rechnen, müssen die Verantwortlichen einräumen.

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