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Dacia Jogger: (Fast) alles für (fast) nix

24.367,42 Euro kostet ein top ausgestatteter Dacia Jogger TCe 110, der bis unters Dach mit jedem Extra vollgestopft ist, das die Rumänen anbieten. Ein schier unfassbarer Preis im Konkurrenzvergleich. Da muss es doch einen Haken geben, oder?

Damit der Jogger sich auch einer ordentlichen Herausforderung stellen muss, geht es auf große Fahrt zur Verwandtschaft. Und dort bekommt er reichlich zu tun: Fünf Leute wollen befördert werden, und dazu noch drei Hunde. Das geht nur, weil der Jogger (ja, um den oben genannten Preis) mit sieben Sitzen ausgestattet ist. Die hintersten zwei eignen sich zwar eher für Kinder, aber die nicht ganz royalen Platzverhältnisse dürfte die Vierbeiner nicht stören. Schließlich sitzen sie gemütlich in ihren auf den Sitzen montierbaren Körben, die kleinen Zwerge zu zweit, die große darf ihren Sessel alleine haben. Und zack, schon ist ein Wanderausflug für eine Großfamilie kein Problem mehr. Ganz hinten bleibt sogar noch Platz für das nötige Gepäck. Klar, Massen bringt man dort nicht mehr unter. Aber zumindest hochkant gehen sich noch ein oder zwei Koffer und/oder Taschen aus.

Gut, mag manch einer jetzt sagen, eine geräumige Blechkiste um relativ kleines Geld hinzustellen, sollte doch hinzukriegen sein. Und viel Platz bedeutet ja nicht, dass es sich wirklich um ein gutes Auto handelt. Stimmt beides, aber weder sollte man den Dacia Jogger auf seine Größe reduzieren, noch fehlt es ihm an Qualität. Das wird auch auf der Langstrecke klar. Natürlich kann er weder mit gekühlten Massagesitzen aufwarten noch verwöhnt er seine Insassen mit Licht- und Soundspielereien vom Feinsten. Aber was wirklich gebraucht wird, ist auch an Bord. Gestühl und Sitzposition machen sich auch nach 600 Kilometern am Stück nicht negativ bemerkbar, sondern man steigt entspannt aus. Natürlich ist der Astralkörper auf dem 50-fach elektrisch verstellbaren Ledersessel feiner gebettet. Aber notwendig ist es nun wirklich nicht.

Der 110 PS starke Dreizylinderbenziner mit seinem einen Liter Hubraum liest sich auf dem Papier mal eher alles andere als geil. Aber in der Praxis bringt er tatsächlich mehr auf die Reihe, als man ihm so vielleicht zugetraut hätte. Bei Autobahntempo ist angemessener Durchzug durchaus gegeben, zumindest solange man bei beherztem Gasdruck zurück in den fünften Gang schaltet. Ja, hier wird noch von Hand gerührt! Bei niedrigeren Geschwindigkeiten geht der Jogger sogar sehr ordentlich, wenn man sich 2023 noch nicht zu fein für enthusiastische Handarbeit am Hebel ist. Andere Autos können es sicherlich müheloser und rasanter. Aber wieder gilt: So richtig notwendig ist es nicht.

Das Infotainment des Dacia Jogger ist der Inbegriff von zielgerichteter Einfachheit. Es gibt im Hauptmenü sechs Kacheln und das war es dann schon wieder. Das reicht auch absolut. Ein Navi ist mit an Bord, das Telefon ist rasch gekoppelt – kurz gesagt: Auch hier bietet der Jogger alles, was man wirklich täglich verwendet. Und ehrlich gesagt ist es heutzutage ganz angenehm, wenn ein Auto sich mal richtig simpel und schnell zu bedienen gibt. Die Infotainment-Apokalypse diverser Premiummarken wird inzwischen schon arg anstrengend.

So bodenständig der Dacia Jogger sich rundum gibt, so kompetent ist er allerdings auch. Die beiden Sitze in der dritten Reihe sind blitzschnell umgelegt und können problemlos alleine ausgebaut werden. Wichtig: Sie sind auch nicht allzu schwer, man kann sie also easy verstauen. Und dann flext der Jogger mit einem riesigen Kofferraum, mit dem eine zumindest vierköpfige Familie sicher auch mehrere Wochen auf Urlaub fahren könnte. Man merkt auch der mitfahrenden Verwandtschaft an, dass sie vom Jogger auf gewisse Weise beeindruckt sind. Natürlich fällt niemand beim Anblick eines Dacias ihn ehrfürchtige Ohnmacht. Aber spätestens wenn Leute den Preis hören, outen sie sich als Fans. „Mehr brauchst du eigentlich eh nicht“, hört man da mehr als nur einmal. Oder: „Wenn man sich einen Neuwagen kauft, ist der wirklich eine super Sache. Alles andere kann man sich eh nicht leisten.“ Klingt vielleicht pessimistisch, aber wo andere Kompaktwagen erst deutlich über 20.000 Euro anfangen, kann man in einen siebensitzigen Jogger schon unter 20.000 Euro einsteigen. Das ist schlicht und ergreifend konkurrenzlos.

Dass der Dacia Jogger ein Preis-Leistungs-König ist, weiß inzwischen natürlich jeder. Für rund eine Woche auf großer Fahrt wollten wir herausfinden, inwiefern er (oder seine Insassen) anderweitig dafür bezahlen müssen. Aber das Resümee lautet: Abgesehen von speziellen Komfortfeatures oder dynamischen Ambitionen stellt der Jogger Fahrer und Mitfahrer absolut zufrieden. Pragmatiker finden aktuell wohl kaum ein besseres Auto auf dem Markt. Außer sie brauchen einen Allradler. Dann müssen sie den Duster kaufen …

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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