MINI Cooper mit und ohne E: Herzerln im Tank
MINI ist beim Cooper mal wieder Pionier. Diesfalls darin, dass sich Benziner und E-Version ein und desselben Automodells kaum anders anfühlen. Es scheint fast, als könnte man den neuesten Cooper auch mit Herzerl-Emojis betanken und er würde sich noch immer wie ein MINI von früher anfühlen.
Lifestyle-Produkte gibt’s viele, die meisten entstehen schnell und laut, verglühen mindestens genauso schnell wieder und am schnellsten geraten sie in Vergessenheit. Lifestyle-Produkte die den Sprung vom Startup ins echte Leben schaffen, bleiben dafür meist länger, erledigen oft auch gleich das Avancement von Null auf Kult im Handumdrehen. Apple wäre da ein Beispiel. Oder Swatch. Oder Nespresso. Solche Sachen halt.
Der MINI (und an den Versalien des Markennamens erkennen Sie sofort, dass der neue solche, jener ab 2001 also, unter BMW-Obhut gemeint ist) ist so ein Lifestyle-Produkt, das im Nebenberuf auch ein ziemlich gutes Auto ist. Allerdings hatte er vor allem für seine zweite Karriere so etwas wie eine privilegierte Geburt.
Der erste, der kleine, der geniale Mini, der ja schließlich über 40 Jahre mehr oder minder unverändert gebaut wurde, hatte nicht nur sein eigenes Segment gleich mit erfunden, er war von seinem Schöpfer Sir Alec Issigonis auch gleich so gut konstruiert worden, dass er niemals, oder nur in geringen Nuancen, nachgebessert werden musste. Aber die Zeitläufte gegen Jahrtausendende brachten eben mit sich, dass Autos wie der Mini aus Sicherheits- oder Komfortüberlegungen keine Chance mehr hatten, unverändert ins neue Jahrtausend zu starten. Also mußte ein neuer Mini her.
Ups, das war jetzt eine ziemlich lange Geschichtsstunde, fällt mir auf. Daher nun in aller Kürze straight to the point. BMW nahm sich der Sache an, stellte mit dem neuen MINI eine wirklich gelungene Übersetzung der alten Mini-Idee auf vier Räder, Komfort, Sicherheit und Extra-Glamour inklusive. Aus dem Kult-Modell wurde eine Kultfamilie, SUVs entstanden ebenso wie Viertürer und Kombis. Der Nukleus aber, ein kleiner, schicker, kompakter, knackiger Dreitürer mit an jeder Ecke einem Radl bleibt im Sortiment, wird stetig weiterentwickelt. Und erlaubt sich in tendenziell allzu braven Zeiten für sportliche Autos auch weiterhin den Auftritt als Cooper S und John Cooper Works (Kenner wissen wovon die Rede ist, alle anderen: Bitte Gugln).
Nun hatten wir das Vergnügen, zuerst den MINI Cooper S John Cooper Works mit klassischem Verbrennermotor (204 PS) zwischen den Vorderrädern zu testen, und ein paar Wochen später nochmal das gleiche Fahrzeug, allerdings mit rein batterieelektrischem Antrieb in den Fuhrpark zu bekommen. Letzterer heißt dann also MINI Cooper SE und leistet 184 PS – nicht zufällig wohl jene Kennzahl, mit der uns der erste MINI Cooper S der neuen Generation anno 2003 in gewissen Märkten erfreute.
Erkennen Sie einen Unterschied zwischen dem oberen und dem unteren MINI? Eben. Und genauso ist es beim Fahren. Keine andere Marke schafft bislang die Verschmelzung von E und Brumm so perfekt wie MINI.
Beide Autos flink wie die Wiesel, beide Autos spaßig wie nur, beide Autos kompakt, beide Autos – leider auch dem Zeitgeist geschuldet – etwas eng um die Stirn, vor allem mit Schiebedach. Das als eines der letzten Zitate aus dem ganz alten Mini herübergerettete, mittig angebrachte Rundinstrument ist nun volldigital, tritt bei Bedarf als DJ-Turntable mit Scratch-Funkton auf und funktioniert letztenendes intuitiver als man das zunächst befürchtet. Leider final geopfert hat man dem Fortschritt das stets superknackige Schaltgetriebe, MINIs gibt’s nur mehr mit Automatik.
Aus anderer Perspektive ist derlei aber auch nur logisch. Denn, und hier kommt nun das Bemerkenswerte der beiden Testfahrten: Keine andere Automarke schafft es derzeit so nahtlos, rein Batterie-elektrisch betriebene Fahrzeuge in ihr bestehendes Portfolio einzuarbeiten, wie das bei MINI gelingt. Während etwa bei der Verwandtschaft von BMW nach wie vor ein gehöriger Unterschied erfühlbar ist, zwischen einem, sagen wir, i4 und einem M440i, so macht es beim Cooper gefühlt, gefahren und gelebt kaum einen Unterschied, ob man per Benziner oder per Elektriker angetrieben wird. Superdynamisch gehen beide, aussehen tun sie auch gleich und das Handling von kleinen, flinken E-Fahrzeugen kam jenem eines MINI ja immer schon gewissermaßen am nächsten.
Klar, über Details muss man reden. Etwa den seltsamen (wie ich glaube auch irgendwie aus der Feder von Hans Zimmer stammende) Soundtrack, den der E-MINI veranstaltet, wenn man ein bissl mehr aufs Pedal tritt. Die Vorgabe war offenbar, möglichst nicht nach Auto, sondern total spacig und cool zu klingen. Herauskam dabei in allen „Experiences“ etwa der Sound, den die gute, alte Enterprise macht, wenn Scotty seinem Käpt’n zerknirscht beichten muß, dass gerade nur die Viertel-Leistung der Triebwerke zur Verfügung steht, weil irgendwas im argen liegt. Da gibt der Verbrenner-Cooper schon weitaus eindrucksvoller Laut.
Ach ja – und über nochwas müssen wir reden. Ein MINI heißt ja nicht zufällig so wie er heißt, nämlich: MINI. Er ist ein kleines Auto. Es war seit jeher seine herausragendste Eigenschaft, klein zu sein. Und natürlich: knackig. Das machte einen MINI aus, schon immer, seit jeher. Derlei wird herrlich von seinem Coupé-Wesen konterkariert, da die MINI-Türe, wenn man sie am Gehsteigrand voll aufmacht, als Gehsteigsperre fungieren kann. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass man auch als voluminöser Mensch hervorragend easy einsteigen kann, in das kleine, große Ding. Wozu um alles in der Welt braucht man also einen MINI mit fünf Türen (ab 29.960 Euro)? Die sich diesen Titel eigentlich gar nicht verdienen? Aufklappbare Schießscharten wäre passender! Wo es doch, noch dazu, eh schon tolle Derivate des MINI wie den Countryman gibt, wenns mal bissl mehr sein soll?
Fazit: Zwei wirklich tolle Autos, mit Charme, Flair, Morch und Standing. Der althergebrachte kostet 34.478 Euro (inkl. NoVA), der modernistische 36.960 Euro, was man beidenfalls als wirklich gutes Angebot bezeichnen kann. Dass Lifestyle-Produkte bekanntlich immer etwas mehr kosten, als graue Mäuse, ist eh nix neues und rechtfertigt den Aufpreis beim Benziner. Und dass Elektriker generell um ein Hauseck mehr kosten, als ihre verbrennenden Pendants, straft der Cooper SE gewissermaßen Lügen. Mission (MINI) accomplished.