Über der Mittelklasse braut sich ein Sturm zusammen und sein Zentrum liegt im Allgäu. Denn in Buchloe am Fuß der Alpen legt Alpina gerade letzte Hand an seine scharfgemachten Dreier.
Von Thomas Geiger
Während BMW den nächsten M3 frühestens zum Jahreswechsel bringt, enttlässt die kleine aber feine Freundin ihren B3 zu Preisen ab 81.250 (D) schon nach den Sommerferien zu den Händlern. Und als wäre eine Limousine mit 462 PS nicht schon verlockend genug, fächern die Allgäuer ihre Flotte wie bisher weit auf. So bieten sie neben dem Stufenheck für 2.800 Euro Aufpreis nicht nur einen Kombi an, sondern schicken für eilige Vielfahrer mit Langstrecken-Präferenz als D3s auch wieder einen Diesel ins Rennen. Der kostet als Stufenheck mindestens 70.500 und als Touring 71.900 Euro (D) und steht mit 355 PS in der Liste.
Die Basis für die Alpina-Varianten bilden die so genannten M-Performance-Modelle M340i und M340d. Während sich die allerdings nie so recht aus der Zwickmühle zwischen Vernunft und Vergnügen befreien konnten und deshalb seltsam unterkühlt wirken, treibt Alpina die Temperatur kräftig in die Höhe.
Auf dem Papier gilt das vor allem für den B3, der in Leistung und Drehmoment einen gewaltigen Sprung macht: Statt 374 stehen jetzt 462 PS im Fahrzeugschein und die maximale Anzugskraft des Dreiliters klettert von 500 auf 700 Nm. Damit beschleunigt er nicht nur in 3,8 Sekunden von 0 auf 100, sondern hat auch eine deutlich höhere Spitzengeschwindigkeit: Wo BMW dem M340i mit Rücksicht auf dem kommenden M3 kategorisch bei 250 km/h den Hahn zudreht, lässt Alpina seinem sportlichsten Modell Auslauf bis 303 km/h und macht den Dreier so zum Porsche-Schreck. Und selbst die letzte Generation des M3 hätte dagegen keine Chance gehabt.
In der Praxis überrascht der D3s aber sogar noch mehr. Zwar steigen die Eckwerte da nur von 340 auf 355 PS und 700 auf 730 Nm, und da wie dort kommt noch der elektrische Startergenerator mit einer Anschubleistung von 11 PS dazu. Und die Fahrdaten sind mit 4,6 Sekunden und 273 km/h lange nicht so imposant. Doch als Autobahn-Kurier für eilige Vielfahrer wird der Ölbrenner zum perfekten Dauerläufer, der seinen Nachteil beim Top-Speed mit selteneren Tankstopps mehr als ausgleicht.
Und genau darauf kommt es der Alpina-Klientel an. Nicht dass sich die Boliden aus Buchloe nicht auch in engen Schikanen oder buckligen Rundkursen bewähren würden. Nicht umsonst haben die Allgäuer ausgerechnet am Bilster Berg zur Jungfernfahrt gebeten. Doch während die M GmbH die Nordschleife als ultimative Messlatte feiert und die maximale Querbeschleunigung höher hängt als den Vollgas-Komfort, findet Alpina eine alltagstauglichere Balance und man steigt aus D3S und B3 etwas entspannter aus.
Zwar fahren die Alpina deshalb vor allem auf der Landstraße und der Autobahn grandios und sind den M-Modellen mit ihrem souveränen aber tiefenentspannten Charakter diesseits der Rennstrecke überlegen. Doch eine wesentliche Eigenschaft des Originals geht ihnen völlig ab: Wo ein M-Modell mit reichlich Bodybuilding im Blech schon im Stand nach Aufmerksamkeit schreit, treten B3 und D3s traditionell eher dezent auf und pflegen ein vornehmes Understatement. Selbst die traditionellen Rallyesteifen, die hauchfein auf die Flanke gepinselt werden, muss man nicht mehr zwingend in Gold nehmen, sondern bekommt sie auch in Schwarz oder lässt sie kurzerhand ganz weg. Eilige Genießer mag diese Zurückhaltung nicht stören. Im Gegenteil. Doch wer seine Muskeln nicht wegen der Geschwindigkeit spielen lässt, sondern aus Geltungssucht, der wartet wohl besser auf den M3 – und bekommt dann dem Vernehmen nach sogar die XXL-Niere des neuen Vierers dazu. Allerdings braucht er dafür nicht nur mehr Geduld, sondern auch mehr Geld. Denn obwohl sie die vielleicht sogar besseren Autos bauen in Buchloe und der M GmbH ein paar Monate abgenommen haben, sind die Alpina in der Regel auch noch die billigeren M-Modelle.