Zu einem rein elektrischen Sportwagen können sie sich zwar noch nicht so recht durchringen und mogeln sich deshalb mit halbherzigen M-Performance-Versionen von i4 & Co durch. Doch wenn die M GmbH jetzt den neuen Fünfer wieder zum M5 aufrüstet, beweist die schnelle Truppe aus Garching eindrucksvoll, dass sie keine Allergie gegen Vitamin E hat. Sondern genau wie im buchstäblich kolossalen XM pumpen sie ihren V8-Benziner damit so voll, dass der eilige Athlet für die Autobahn und gelegentliche Ausflüge auf die Nordschleife gar vollends zum Überflieger wird und weniger denn je den Umweg über eine Rennstrecke scheuen muss. Einen ersten Vorgeschmack darauf gibt es Mitte Juli, wenn der M5 zur Jungfernfahrt beim Festival of Speed in Goodwood den Hügel hinaufstürmt. Und selbst ausprobieren kann das die Kundschaft mit dem knappen Zeitplan ab November – wenn sie vorher stolze 144.000 Euro (D) überwiesen hat.
Fotos: Hersteller
Dafür gibt es zum 4,4 Liter großen V8 unter der Haube dann noch eine E-Maschine in der Achtgang-Automatik und einen Pufferspeicher von 18,6 kWh im Kofferraumboden. Zu den 585 PS des Verbrenners kommen deshalb noch einmal 197 PS und doe Systemleistung steigt auf bislang unerreichte 725 PS – satte 100 PS mehr als beim Vorgänger, der ja auch nicht eben schwachbrüstig war. Noch mehr spürt man aber das vereinte Drehmoment, das jetzt bei 1.000 Nm gipfelt und den Sprint von 0 auf 100 km/h in 3,5 Sekunden ermöglicht. Schluss ist nur pro forma bei 250 Sachen, denn mit dem M Drivers Package sind auch 305 km/h drin.
Schon auf dem Papier sind das beeindruckende Werte. Doch wenn man die ersten Meter mit dem Prototypen auf einer abgesperrten Strecke fährt, beamt einen der M5 in eine neue Liga. Zwar ist er nicht mehr so brutal und ungehobelt wie in jener Zeit, in der solche Business-Boliden ihre Kraft noch allein aus Hubraum und Drehzahl geschöpft haben und vielleicht noch aus dem Druck eines Turbo und als sie dafür alles andere buchstäblich von der linken Spur geblasen haben mit ihrem ohrenbetäubenden Sound. Sondern es wirkt alles etwas feiner, filigraner und bisweilen auch ein bisschen verkünstelter. Doch dafür entwickelt der M5 einen solchen Nachdruck, dass man zum Führer- am besten auch noch einen Waffenschein braucht. Oder zumindest eine Form der Reifeprüfung. Denn es bedarf schon einer gut gefestigten Verkehrsmoral, dieses Auto mit der gebotenen Zurückhaltung durch den öffentlichen Raum zu bewegen und auf der Rennstrecke kann ein bisschen Geschick nicht schaden, wenn man die Runde heil hinter sich bringen will.
Und nur damit wir uns nicht falsch verstehen, der limitierende Faktor ist hier nicht der M5. Der ist narrensicher, traktionsstark, präzise, berechenbar und spurtreu. Und was die Physik alleine nicht schafft, das regelt das Heer der Assistenzsysteme. Doch je länger man fährt, desto lockerer lässt man die Leine, desto näher tastet man sich an den Grenzbereich und desto tiefer muss man Luft holen, wenn es am Ende wider allen Erwartens doch nochmal gut gegangen ist. Wie gut, dass nach drei runden Schluss ist und durchs Mikrofon das Kommando zur Abkühlrunde quäkt, auf der wir den M5 von einer ganz neuen Seite kennen lernen. Denn wo er eben noch mächtig georgelt hat und laut gebrüllt, surrt er jetzt flüsterleise und rein elektrisch über den Kurs, erreicht dabei immerhin auch 140 km/h – und könnte das noch für bis zu 67 Kilometer weiter so tun. Dass er danach leer ist und sich an der Steckdose mit mageren 7,5 kW gehörig Zeit lässt, nehmen wir ihn da mal nicht übel. Denn eine kleine Pause kann nach diesem heißen Ritt auch dem Fahrer nicht schaden. Außerdem ist dann endlich Zeit, dem Erlkönig mal unter seine Robe zu schielen.
Zwar tarnt sich der M5 bei der Erstbegegnung noch mit der üblichen Klebefolie aller Prototypen. Doch braucht es nicht viel Phantasie, um sich das Auto in Serientrimm vorzustellen: Eine weit aufgegrissene Front, durch die der M5 seinen enormen Luftbedarf stillt und bisweilen auch mal den Vordermann aus dem Weg saugt, dicke Backen über den Rädern und die Kotflügel so weit ausgestellt, wie es das Blech und die Zulassungsvorschriften hergeben, und das Heck so protzig und provozierend, als wollte der M5 dem Hintermann den ausgestreckten Mittelfinger entgegen recken – wenn schon dicke Hose, dann richtig!
Auch innen riecht der M5 weniger nach Manager-Büro als nach Mucki-Bude, so dick haben die Kraftmeier die Kabine mit Karbon -Konsolen, Leder und Kontrastnähten tapeziert und so wild wurde die Grafik auf den Displays umprogrammiert. Dazu werden die Insassen förmlich eingesaugt in seine strammen, tief ausgeschnittenen Sitze, es gibt eine perfekte Ergonomie rund um das besonders griffige Lenkrad. Und die Generation Playstation holen die Bayern mit mehr Menüpunkten ab als bei jeder Rennsimulation, so detailliert lässt sich im M5 das Setup für Getriebe, Fahrwerk, Lenkung und die Kraftverteilung des Allrads verstellen. Kann man machen, muss man aber nicht. Denn eigentlich braucht man nur aufs Gas zu treten und ins Lenkrad zu greifen, damit der Spaß beginnt.
Wer dabei ein schlechtes Gewissen hat, weil so eine Sportlimousine ach so unvernünftig ist, dem bieten die Bayern einen schönen Trost: Zeitgleich mit der Limousine kommt der M5 auch als Kombi und wird dann vom Business-Boliden zum Eilfrachter mit so viel Mehrwert, dass Petrolheads sich als Praktiker fühlen können – und umgekehrt natürlich auch.