Autsch, der hat gessesen: Als Mate Rimac vor ein paar Tagen zu ersten Testfahrten mit seinem Nevera gebeten und den elektrischen Tiefflieger als „schnellstes Auto der Welt“ angepriesen hat, dürfte Stephan Winkelmann gehörig das Gesicht verzogen haben. Denn wenn einer die Lufthoheit auf der linken Spurt beansprucht, dann ist es der Chef der vornehmen VW-Tochter Bugatti. Da kann so ein Selfmade-Mann in Kroatien lange von 1.904 PS erzählen und davon, dass sein Auto den Sprint von 0 auf 100 km/h in weniger als zwei Sekunden schafft. Und damit das auch dem letzten reichen Raser endlich klar ist, rückt Bugatti die Sache jetzt mit dem Chiron Super Sport wieder gerade.
Wenn das neue Top-Modell des Über-Volkswagens Anfang 2022 durchstartet, holen sich die Franzosen die Pole Position zurück und lassen den Rimac im Rückspiegel verschwinden. Zwar genügen auch die 100 PS Nachschlag für den acht Liter großen Sechzehnzylinder nicht zum Stich im Autoquartett, selbst wenn dann imposante 1.600 PS im Fahrzeugschein stehen. Und auch wenn der Sprint schneller als in bislang 2,5 Sekunden gelingen sollte, dürfte es für den Rimac nicht reichen. Nicht umsonst weist Bugatti diesen Wert sicherheitshalber erst gar nicht aus und veröffentlicht nur die 5,8 Sekunden bis 200 km/h sowie die 12,1 Sekunden bis 300 km/h. Doch zumindest bei Vollgas ist der Super Sport nicht zu schlagen – denn 440 km/h sind bis dato unerreicht und selbst dem Rimac geht bei 412 km/h der Saft aus.
Das ist zwar höllisch schnell, doch hat Bugatti einen großen Aufwand getrieben, damit daraus kein Höllenritt wird. So gibt es für die optische Differenzierung nicht nur große Kühllöcher in den vorderen Kotflügeln und zwei Paar mächtige Endrohre, die jeweils übereinander aus dem Heck ragen. Sondern vor allem haben die Franzosen das Heck um 25 Zentimeter gestreckt um so – Länge läuft – mehr Ruhe beim Rasen zu garantieren. Jetzt sei der Super Sport selbst bei höchsten Geschwindigkeiten sicher und komfortabel zu fahren, versprechen die Ingenieure.
Auch beim Preis hat Bugatti die Nase vorn – zumindest in der Prestigewertung. Denn während Rimac den Nevera für 2,4 Millionen Euro verkauft, stellen die Franzosen ihrer Kundschaft mindestens 3,2 Millionen Euro in Rechnung. Während Bugatti sich jede Pferdestärke also mit 2.000 Euro bezahlen lässt, kostet sie bei Rimac nur 1.260 Euro.
Zwar mag dieses Kräftemessen ein paar Egos kitzeln, doch für die Kunden ist das allenfalls ein netter Aspekt am Rande. Denn in dieser Liga dürfte sich niemand für den einen oder den anderen Supersportler entscheiden, sondern wird im Zweifel beide kaufen. Und auch Bugatti-Chef Stephan Winkelmann muss sich darum womöglich nicht mehr lange sorgen. Denn wenn stimmt, was die Spatzen in Wolfsburg und Zagreb von den Dächern pfeifen, dann überträgt der VW-Konzern die Verantwortung für Bugatti bald nach Kroatien und Mate Rimac kann das Rennen um das schnellste Auto der Welt mit sich selbst ausmachen.