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Formentor VZ5 und Born: Der Katalanen Gespür für Schnee

Nach Rovaniemi, Finnland, an den Polarkreis, hat Cupra den Fünfzylinder-Kraftprotz Formentor VZ5 und den vollelektrischen Born geschickt. Dort war zwar Winter, mit Eis und mit Schnee, doch das bei geradezu unziemlich hohen Temperaturen. Trotzdem ließ es sich mit dem einen vortrefflich tanzen. Mit dem anderen ginge das grundsätzlich auch.

Text: Beatrix Keckeis-Hiller / Fotos: Cupra

Cupra on Ice: Formentor VZ5 & Born

Ganz klar, dass er Haudrauf heißt. Der Gummi. Er ist grob. Er schmirgelt und scharrt ungnädig. Genauso das Abroll-Geräusch. Es ist blechern. Griesgrämig. Als wollte es die Aufforderung „bieg ab, bieg endlich ab!“ in den Asphalt kratzen. Ob nach links oder nach rechts, über die Waldpfade, egal. Hauptsache in den Schnee oder gleich aufs Eis, über See und Fluss.

Ja eh. Aber wer kann denn voraussehen, dass es Ende Februar in Lappland vergleichsweise bacherlwarm ist, um die null statt rund minus fünfzehn bis dreißig Grad hat und, dass die Durchzugsstraßen großteils völlig aper sind. Dort, wo normalerweise um diese Jahreszeit zentimeterdick festgefrorener Schnee der Fahr-Untergrund ist. Deshalb braucht’s ihn – gewöhnlich – ja auch, den Haudrauf. Vulgo Hakkapeliitta. So hat die finnische Reifenmarke Nokyan ihre Spike-Wintergummis getauft.

Für den normalen Hausgebrauch sind die stählernen Stifteln, mit denen die Winterlinge bewehrt sind, fünf Millimeter lang. Damit spurt man im allgemeinen souverän über maximal gespurte, sonst ungeräumte Nebenstraßen. Wobei das Wissen hilft, dass Schnee nicht gleich Schnee ist, denn der ist im Hohen Norden anders, weniger kompakt als hierzulande, er ist fluffiger, pulvriger, das fühlt sich an wie tiefer Wüstensand.

Die verschärfte Variante des Haudrauf, mit geradezu kaktoiden Stacheln, ist dann angebracht, wenn’s vorzugsweise übers Eis geht. Auch das ist hier anders, vor allem: härter. Das mildere Winterschuhwerk hingegen hatte man den Cupras für einen Ausflug ins Nordische angezogen. Es steht allen automobilen Fabrikaten grundsätzlich gut. Selbst wenn sie aus dem geographischen Süden stammen. Wie der Formentor (auf den doch eher nördlichen Geburtsort seiner Technik soll hier nicht näher eingegangen werden). Er stammt bekanntlich aus einer als eher warm bis heiß bekannten Gegend, aus Martorell, nahe Barcelona. Hier ist der kompakte Crossover schon mehrmals aufgetreten, auf öffentlichen Straßen und auf der Rennstrecke.

Zuletzt im vergangenen Sommer, als VZ5, was für 390 PS (und 480 Nm) aus einem 2,5-Liter-Fünfzylinder-Turbo steht, garniert mit Allradantrieb plus Sport-Fahrwerk und einer auf Dynamik getrimmten Elektronik-Konfiguration, samt Torque Splitter (verteilt Drehmoment variabel an die Hinterräder) und Progressivlenkung. Dazu kommt ein eigener Fahrmodus fürs Driften. In dem das Stabilitätsprogramm voll weggeschaltet ist. Was sich auf sommerlich heißem Asphalt, bei ab 35 Grad (im Schatten), wie erfahren, voll überzeugend macht. Nicht nur deshalb, weil der Spanier mit dem Triebwerk aus Ingolstadt auf 7.000 Stück weltweit limitiert ist (man hört mittlerweile, dass 999 Stück nachgereicht werden sollen).

Dass dem Formentor gegenüber dem Audi RS3 zehn PS (und 20 Newtonmeter Maximal-Drehmoment) abgehen, ändert nichts an der Ausgewogenheit, im Sinne von Dynamik- und Gewichtsverteilung. Die der Fünfzylindrige auf Schnee und Eis vielleicht noch eindrücklicher unter Beweis stellen kann, als auf sommerlich aufgeheiztem, schmierigem Asphalt.

Jedenfalls fräst sich der Katalane mit den bereits beschriebene Hakkapelittas spurtreu durch den Schnee. Ein paar Auftakt-Kilometer führen, zur Eistanz-Einstimmung, über ein Stück Teilstrecke der Finnland-Rallye. Die ist zwar erst im August (und da sollte es eher staubig und schlammig sein), doch zum Hineinschnuppern ist’s gerade richtig. Und tempomäßig recht schaumgebremst. Sicherheitshalber. Die Straßenränder sind hier für nicht Ortskundige tückisch. Bankette gibt’s nicht. Die Schneehaufen links und rechts gaukeln das zwar vor, doch darunter geht’s ungespitzt direkt in den Straßengraben. Der hier gewöhnlich gut einen halben Meter tief ist.

Gräben gibt’s auf den zahllosen zugefrorenen Seen eher nicht. Was die Finnen für fein angelegte Eis-Bahnen nützen, mit säuberlich modellierten Schneewänden als Begrenzung. Wie im Rovaniemi Racing Center. In dem man sich mit dem Formentor erst gar nicht lange mit Pylonen-Wedeln und sonstigen Aufwärm-Übungen aufhält. Sondern sie gleich – nicht zu viele auf einmal – auf die Eisbahnen schickt. Eine ist kurz, zum Einfühlen ins ESC-reduzierte und gleich danach ins Stabilitätsprogramm-freie Fahrprogramm. Die ist andere lang und Handling-gerecht sowie -trächtig.

Zwar sitzt stets ein Instruktor mit im Boot, pardon auf dem Beifahrersitz, doch sind diese Kollegen großteils unaufgeregt und greifen maximal verbal ein. Erklären auch hie und da etwas, davon aber nicht zu viel und nicht zu wenig. Sie sind fröhlich zufrieden, wenn Drifts & Slides gut gelingen, aber auch nicht böse, wenn die Linie zu eckig gerät. Solang man nicht versucht, per Bug oder Heck die Schneewände zu küssen, ist alles gut.

Und zuhöchst spaßig. Der Formentor ist mit und ohne ESC leicht zu verstehen und zu erfühlen. Die Lenkung ist auch auf rutschigem Parkett gefühlvoll sensibel, die Genagelten vermitteln selbst mitten im Drift genau richtig viel Traktions-Gefühl. Die Bremsen packen kräftig zu, verbeißen sich aber nicht. Von Runde zu Runde geht’s flotter und lässiger aus dem Handgelenk, man könnt tagelang so weitermachen.

Doch es wartet am Streckenrand noch ein Proband: der Born. Eine Premiere in zweifacher Hinsicht. Ein Neuer. Ein Vollelektriker. Der im Prinzip hohes Eistanz-Talent mitbringt: Heckantrieb, genug Power – in den gefahrenen Modell-Versionen sorgt eine e-Boost-Funktion für kurzfristige Kraftspritze, da hat er dann 213 statt 204 PS – und ausgewogene Gewichtsverteilung, 50 zu 50 vorne zu hinten.

Auch der Elektriker hat, mit Winter-Beschuhung, ein sensibles Gespür für Schnee. Sein Technik-Gesamtpaket funktioniert auf den tief verschneiten Nebenstraßen. Auf unaufgeregte Art, dafür sorgt die strenge Bord-Elektronik. Zwar ist er stets zu Vortrieb aufgelegt, aber tempomäßigen Übertreibungen weniger zugeneigt als teils vorauseilendem Sicherheits-Diktat. Die Tatsache, dass unter seiner Haube kein Verbrenner-Herz schlägt, ist hier vorerst eher Nebensache. Ohnehin sind die Testrouten nicht allzu ausgedehnt angelegt, Elektro-Zapfsäulen sind im ruralen Lappland – noch – nicht allzu dicht gesät.

Dafür kann man, weil’s nicht wirklich kalt ist und sowohl Lenkrad- als auch Sitzheizung für wohlige Grundwärme sorgen, kurzfristig sogar das Fenster aufmachen. Schneeluft schnuppern. Die Außentemperaturen saugen bei der gerade herrschenden milden Wetterlage nur moderat mehr am Strom-Vorrat als vom Bordcomputer versprochen.

Die Eisbahn-Fahrt zehrt auch nicht allzuviel mehr daran. Denn nicht vorgesehen war es, den Born von der elektronischen Leine zu lassen. Das geht zwar, im Prinzip, aber nur in Kombination mit einem entsprechenden Performance-Paket (gegen Aufpreis). Es inkludiert, nebst Abschaltbarkeit des Stabilitätsprogramms, unter anderem ein adaptives Fahrwerk und 235er-20-Zöller.

Doch damit waren die nach Lappland geschickten Elektro-Katalanen nicht ausgerüstet. Ergo: Driften war nicht drin. Obwohl sich der kompakte Stromer bereitwillig anstellen ließe. Aber sobald es querzugehen droht, greift die Regel-Elektronik strengstens ein, nimmt den Hinterräder jeglichen Antriebsimpuls weg und bremst bis unter die Rutscherl-Grenze, bis zum völligen Stillstand ab, bevor die Systeme wieder grünes Licht für – einigermaßen – freie Weiterfahrt signalisieren.

Mag sein, dass Elektriker für Drift-Freunde eher weniger gedacht und somit kaum gemacht sind. Aber man möchte es ja einmal zumindest ausprobieren können. Muss ja nicht gleich auf dem Wiener Eislaufverein oder Ähnlichem sein.

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