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Cupra Formentor: Keine matte Sache

Na ja, irgendwie schon. Aber halt nur optisch. Also der Lack. Denn Cupra setzt auf matt. Das hat begonnen mit dem Seat Leon Cupra R, der noch im Namen der Muttermarke die Kombination Mattgrau/Kupfer eingeführt hat. Und es hat sich bis zum ersten ganz eigenen Auto, dem Formentor, gehalten. Der kommt in unserem Fall in Petrol-Blau Matt daher und lässt matte Gemüter erstrahlen.

Fotos: Eryk Kepski

Denn genau wie der Lack im Sonnenlicht dezent zu funkeln beginnt und eine ungeahnte Komplexität enthüllt, steckt hinter dem Cupra Formentor mehr als nur ein überaus muskulös-schnittig gezeichnetes Kompakt-SUV. Da wird sogar einem alten Flunderliebhaber wie mir warm ums Herz. Natürlich erkennt man an der Lichtsignatur vorne wie hinten unzweifelhaft Seat. Doch darüber hinaus steht der Formentor so geduckt und markig da, dass er wirklich komplett eigenständig wirkt – eine Seltenheit im VW-Konzern. Zum dynamischen Gesamtdesign kommen dann noch die mittlerweile bekannten Kupferakzente an Logos und Felgen und schon steht da ein Performance-SUV, das auch richtig etwas hermacht.

Performance bedeutet bei unserem Formentor 310 PS, 400 Nm Drehmoment, Allradantrieb und ein siebengängiges Doppelkupplungsgetriebe. VZ 2.0 TSI 4Drive nennt sich dieses gschmackige Packerl dann offiziell. Damit kann man auch hochoffiziell eine Menge Spaß haben. Die Leistung beißt sich bei entsprechendem Stempeln des rechten Fußes schön direkt in die Straße und der ohnehin nicht wahnsinnig hochgelagerte Formentor pickt auch bei beherzter Lenkradrotation jenseits der Grenze der Vernunft sehr ordentlich auf dem Asphalt. Ein reines Vergnügen, das wie schon im Cupra Ateca nicht von Gebrüll, sondern eher knackigem Grollen begleitet wird. Auch wenn man im Formentor schweren Herzens wieder auf die brave Seite der motorisierten Fortbewegung zurückkehrt, genießt man den Spanier ungebrochen.

Denn abgesehen von der auch weitab des Begrenzers exzellenten Fahrkultur gefällt auch die Wohnsituation im Formentor. Keine Frage, Kenner durchschauen sofort die zahlreichen Konzernbauteile, aber individuelle Highlights wie die rautenförmigen (hi, Lamborghini) Luftdüsen, das fette Cupra-Logo und die beiden zusätzlichen Tasten am Lenkrad setzen genügend Akzente für ein besonderes Erlebnis. Der Startknopf am Steuer tut, was man sich erwartet – trotzdem irgendwie cooler als so ein Standard-Schalter irgendwo am Mitteltunnel oder dem Armaturenbrett. Und sein Nachbar mit dem Cupra-Abzeichen ist für die Fahrmodus-Auswahl zuständig. Das funktioniert bei Porsche und weiß auch im Formentor zu gefallen.

Bei allem Fokus auf Freude ist natürlich auch der erste eigenständige Cupra ein Kind der modernen Zeit und bietet daher selbstredend einen fetten Touchscreen und zahllose digitale Features sowie eine Heerschar an Assistenten und Helferchen. Muss ja so sein heutzutage. Die tun auch allesamt brav ihre Arbeit und bleiben unauffällig, solange der Fahrer es ebenfalls tut. So weit, so selbstverständlich bei einem Auto über 50.000 Euro derzeit. Denn 52.590 Euro beträgt der Einstiegspreis des Cupra Formentor VZ 2.0 TSI 4Drive, sprich: der mit den 310 PS. Unser Testwagen mit Brembo-Bremsen, dem Panoramadach, den extrafeschen Felgen, der Beats-Anlage, dem blauen Lederpaket innen etc. ist schon jenseits der 60.000 unterwegs. Rein funktionell fehlt aber schon beim Ab-Preis nichts, was man unbedingt braucht.

Apropos Lederpaket. Jetzt mal abgesehen davon, dass eine blaugraue Innenausstattung supercool und ziemlich einzigartig ist – die hübschen und angenehmen Materialien beschränken sich nicht nur auf die Sitze, auch das Armaturenbrett und die Türen sind weitestgehend herausgeputzt, lediglich tief unten im Schatten lässt es nach. Der Cupra Formentor versprüht seinen eigenen Charme und den nicht zu knapp. Premium ist ja ein schon lange völlig ausgelutschtes Wort, passt hier aber dennoch größtenteils.

Wer ein kraftvolles SUV will, aber es nicht gar so fett braucht, wie es in München oder Stuttgart gebaut wird, sollte für den Formentor mehr als nur einen Seitenblick übrig haben. Rein optisch muss der vor niemandem zurückstecken und auch Dynamik und Ambiente passen hervorragend. Mehr Individualität und Aha-Faktor als diverse Konkurrenten bringt der Neuling außerdem spielend leicht mit. So matt er auch ist, eine matte Sache sieht verdammt anders aus.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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