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Hyundai Kona EV: Elektro ohne Schnickschnack

Mit Ioniq 5 und Ioniq 6 hat Hyundai einen großen Coup gelandet. Denn die Autos sind nicht nur mit ihrem markanten Design ein Statement, sondern mit ihrer 800 Volt-Architektur und dem bidirektionalen Laden vor allem technologisch so weit voraus, dass die MEB-Modelle der Wolfsburger Konkurrenz vergleichsweise alt aussehen. Der einzige Trotz für VW, Skoda und Cupra war bislang die spitze Positionierung der Ioniq-Modelle als Familie innerhalb der Familie und als vergleichsweise teures Vergnügen. Doch jetzt wird es so langsam ernst im Prestige-Duell. Denn statt die Familie nach unten um einen nicht minder elitären Ioniq 3 zu erweitern und die breite Masse am Ende doch nur zu verschrecken, stecken die Koreaner viel Knowhow und Technologie aus der Ioniq-Familie in ihr normales Programm und landen mit der zweiten Generation des elektrischen Kona einen Volltreffer gegen ID.3 & Co. 

Denn wenn das kompakte SUV nach den Verbrenner- und Hybridvarianten aus diesem Sommer im Herbst zu Preisen ab 41.990 Euro (D) auch rein elektrisch in den Handel kommt, beweist der Kona eine Kompromisslosigkeit und eine Reife, die den allermeisten Modellen mit gemischtem Antriebsportfolio noch fehlt. Kein Wunder. „Wir haben den Wagen ja diesmal auch zu allererst als Elektroauto entwickelt“, sagt Konzern-Chef Jaehoon Chang und erklärt damit das Ende vieler Kompromisse für den Kona. Der hat zwar anders als die reinen Ioniq-Modelle nur eine Architektur mit 400 statt 800 Volt Betriebsspannung und lädt entsprechend langsamer, so dass von 10 bis 80 Prozent stolze 41 Minuten vergehen. Doch im Gegensatz zu fast allen Misch-Masch-Modellen und dem ersten Schwung der MEB-Familie beherrscht der Kona auch das bidirektionale Laden und speist so zum Beispiel die Kühlbox beim Sonntagsausflug oder den Akku des E-Bikes vor der Bergtour. Und bevor einer über die lange Zwangspause an der Ladesäule schimpft, sollte er erst einmal die Ruhefunktion der Vordersitze ausprobieren, die sich auf Knopfdruck in Loungeliegen verwandeln. Dann kann nämlich der Strom plötzlich gar nicht langsam genug fließen. 

Zumal die Akkus vergleichsweise groß sind und der Verbrauch eher klein ist, so dass es ohnehin nur selten zum Zwangsstopp kommen dürfte. Schon die mit 156 PS hinreichend stark motorisierte und entsprechend flotte Basisversion des E-Modells hat einen Akku von künftig 48,4 kW und kommt damit 377 Kilometer weit. Und im Topmodell gibt’s neben einem 218 PS Motor an der Vorderachse auch einen Akku mit 65,4 kWh und 514 Kilometer Reichweite. Da muss sogar der Ioniq 5 dann schon so langsam nach einer Steckdose suchen.

Wie ernst die Koreaner die Elektrovariante nehmen, merkt man auch am Design, dass aalglatt und windschnittig ist und mit dem Pixel-Dekor unter dem Stoßfänger genauso an die Ioniq-Modelle erinnert wie mit den durchgehenden LED-Leisten auf der Motorhaube und an der Heckklappe. Und vor allem merkt man es beim Fahren. Klar: Von der üppigen Auswahl an Assistenzsystemen bis hin zur Kamera gegen den toten Winkel, vom smarten Schlüssel oder dem vollwertigen Head-Up-Dispaly profitieren E-Fahrer genauso wie Verbrenner-Kunden und bei den Online-Updates ist das nicht anders. Und auch, dass E-Versionen flüsterleise sind und dafür um so flotter, das überrascht heute keinen mehr. Doch vier Stufen für die Rekuperation zum Beispiel findet man noch längst nicht bei allen Akku-Autos. Und zumindest bei den Mischplattformen gibt es bis dato auch nur selten so eine smarte Navigation wie bei Hyundai, wo die Routenplanung mit strategischen Ladestopps gespickt ist und es deshalb zur Wegführung auch eine belastbare Prognose zu Reisezeit und Ankunft gibt. Und ja, es gibt natürlich auch einen künstlichen Motorsound, den die Generation E angeblich so gerne hat. Aber dankenswerter Weise braucht es nur drei Fingertipps in dem verdächtig vom Ioniq 5 bekannten Cockpit, und schon herrscht wieder eine entspannte Ruhe beim Reisen.

Und dann leistet sich Hyundai noch beim Kona noch ein Detail, das VW & Co selbst bei ihren dezidierten Elektromodellen bislang nicht hin bekommen haben: Wo bei den klassischen Modellen der Motor steckt, reicht es beim Kona EV für einen Frunk, der mit 27 Litern immerhin fürs Ladekabel oder ein paar schmutzige Sportschuhe reicht. 

Dabei wäre das in diesem Falle eigentlich gar nicht nötig. Denn der neue Kona beweist nicht nur an der Ladesäule eine neue Größe, sondern auch im Alltag – und geht deshalb gehörig aus dem Leim. Mit 60 mehr Millimetern streckt sich der Radstand auf 2,66 Meter  und die Länge wächst um fast 20 Zentimeter auf 4,36 Meter. Das schafft nicht nur spürbar mehr Platz auf allen Plätzen. Sondern das reicht auch für 466 Liter Kofferraum – den größten im Segment. 

Er kommt weiter als bisher, lädt schneller, ist schlauer und obendrein praktischer – zwar ist der Kona damit in der zweiten Generation gar vollends zu einem Elektroauto gereift, das nur noch nebenbei auch mit Benzintank statt Batterie ausgeliefert wird. Doch ein Problem haben auch die Koreaner noch nicht gelöst: Den Preis. Denn während es den neuen Kona als Benziner schon ab 26.790 Euro (Ö) gibt, wird die E-Version gegenüber dem Vorgänger noch einmal 15 Prozent teuer und steht nun wohl mit rund 42.000 Euro in der Liste.

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