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Hyundai Palisade: Zu Höherem berufen

Bei uns gelten die Koreaner mittlerweile als gefährlichster VW-Konkurrent. Doch in Nordamerika schwingt sich Hyundai zunehmend sogar zum Herausforderer von Audi, BMW und Mercedes auf – zumindest bei den großen Geländewagen. Denn während die den Stellungskampf im Smoking bei den Limousinen dem Luxusableger Genesis überlassen, haben sie Übersee mit dem Palisade einen ernsthaften Konkurrenten für Kolosse wie den Q7, den X7 oder den GLS im Rennen.

Nach drei Jahren frisch renoviert, ist das gute fünf Meter lange SUV mit dem auffälligen Facelift ein bisschen teurer geworden. Doch selbst wenn das Basismodell nun umgerechnet rund 35.000 Euro (D) kostet und das Flaggschiff für etwa 50.000 Euro (D) in der Liste steht, ist der Palisade im Vergleich mit den deutschen Premium-Modellen noch ein absolutes Schnäppchen. 

Und trotzdem hat der koreanische Koloss einiges zu bieten: Nicht nur, dass er mit seinem nochmal vergrößerten Kühler und den lang gezogenen LED-Leisten im Gesicht einen imposanten Auftritt pflegt. Sondern bei 2,90 Metern Radstand und 4,98 Metern Länge bietet er auf sechs wohnzimmertauglichen Einzelsitzen oder zwei Dreier-Bänken im Fond zudem reichlich Platz für Kind und Kegel und erweist sich so als treuer Begleiter für jeden Roadtrip. Vor allem aber lockt der Koreaner mit reichlich Komfort und einem noblen Ambiente in Lack und Leder – von den elektrisch einfaltbaren Sitzen in den beiden hinteren Reihen über die leistungsfähige Klimatisierung, die Ambientebeleuchtung oder die Sitzheizung selbst in der dritten Reihe bis hin zur Massage, die immer dann automatisch startet, wenn der Fahrer erste Ermüdungserscheinungen zeigt. 

Dazu gibt’s es reichlich Elektronik auf dem neuesten Stand: Die Instrumente sind deshalb digital und blenden beim Blicken einen virtuellen Außenspiegel ein, den normalen Rückspiegel ersetzt auf Knopfdruck ebenfalls eine Kamera, so dass der Ausblick nicht durch Passagiere oder Gepäck behindert wird, das Online-Infotainment samt Wifi-Hotspot bedient der Fahrer mit einer verständigen Sprachsteuerung, auf Wunsch ersetzt das Smartphone den Schlüssel, für die Klimasteuerung gibt es neuerdings einen eigenen Touchscreen und der Autobahn-Assistent hält nicht nur den Abstand und passt die Geschwindigkeit automatisch dem jeweiligen Limit an, sondern wechselt jetzt auf Fingerzeig auch selbständig die Fahrspur. Außerdem parkt der Hyundai natürlich auf Knopfdruck automatisch ein und lässt sich mit der Fernbedienung aus engen Parklücken holen. 

Den Antrieb übernimmt dabei ein V6-Motor von stolzen 3,8 Litern Hubraum, der allerdings im sparsamen Atkinson-Cycle läuft und deshalb auf vergleichsweise magere 291 PS kommt. Das ist weniger als bei den Konkurrenten aus der Oberklasse, für nordamerikanische Verkehsverhältnisse aber noch immer mehr als genug. Erst recht, weil der Motor solide 355 Nm entwickelt und gut mit der Achtstufen-Automatik harmoniert. Und wer es wissen will, der kommt beim Kickdown in deutlich unter zehn Sekunden auf Tempo 100 und schafft mühelos mehr als 200 km/h, wenn ihm kein Cop dabei den Spaß verdirbt. 

Dabei rollt der Palisade ab Werk als Fronttriebler, wird für rund 2.000 Euro Aufpreis zum Allradler und lässt sich mit einem halben Dutzend Fahrprogrammen für jeden Einsatz rüsten. Die vergleichsweise entspannte Federung schluckt auch wüste Nachlässigkeiten von Winterdienst und Straßenbau und die dicke Dämmung im Motorraum und bis zu den hinteren Seitenscheiben auch noch den letzten Lärm, so dass sich die Insassen wie in Watte gepackt und auf Wolken gebettet wähnen. Daraus resultiert eine souveräne Gelassenheit, die den Koreaner zu einem entspannten Kilometerfresser macht – selbst wenn die Strecken wie immer in Nordamerika ein bisschen länger sind. 

Viel Auto für vergleichsweise wenig Geld, Platz und Prestige wie in der Oberklasse, jede Menge Komfort und viel moderne Technik – so weckt der Palisade auch bei europäischen Korea-Kunden eine gewisse Begehrlichkeit. Zwar lässt Hyundai die fürs erste unbefriedigt, weil die Koreaner nicht im Traum daran denken, sich mit diesem Dickschiff den Flottenverbrauch zu versauen. Doch so ganz ungehört verhallt der Wunsch trotzdem nicht. Denn noch in diesem Jahr krönt Hyundai die Ioniq-Familie mit einem Siebener, der als gewaltiges SUV der Fünf-Meter-und-mehr-Klasse so etwas wie ein Palisade mit gutem Gewissen werden will – und fest für Europa eingeplant ist.

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