Von wegen SUV auf Schmusekurs. Zwar ist der Jaguar F-Pace mit der jüngsten Modellpflege noch etwas komfortabler geworden, buhlt mit seinem neuen Infotainmentsystem und dem großen, leicht gebogenen Touchscreen vor der Mittelkonsole nun auch um Anerkennung bei der Generation iPhone und wechselt als Plug-In-Hybrid auf Samtpfoten. Doch wenn jetzt wieder die Special Vehicles Operations ins Spiel kommt, ist es mit dem Kuscheln vorbei und der F-Pace fährt als SVR-Modell die Krallen aus.
Im Ringen mit dem GLC 63 von AMG oder dem BMW X3M setzen die Briten einmal mehr auf ihren so wunderbar sündigen Achtzylinder mit unsittlichen fünf Litern Hubraum und wilden Kompressor-Gebläse, das ohne die beim Turbo übliche Gedenksekunde vom ersten Kickdown an Druck macht. Wo bislang bei 400 PS Schluss war, stehen deshalb künftig wieder 550 PS im Datenblatt und das Drehmoment gipfelt nach einem Softwareupdate jetzt sogar erst bei 700 statt 680 Nm. Zusammen mit einer modifizierten Übersetzung für die famose ZF-Achtgang-Automatik und einer neuen Launchcontrol für den perfekten Kavalierstart gelingt der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 nun noch einmal drei Zehntel schneller. Doch keine Sorge, ein kleines bisschen – nun ja – vernünftiger wird der SVR sogar auch: Mit einem neuen Wandler und einer aktualisierten Software ist der V8 auf dem Prüfstand einen halben Liter sparsamer geworden – was bei einem Normwert von noch immer 11,4 Litern allerdings kaum einen Unterschied macht. Zumal in der Praxis schnell ein Expresszuschlag fällig wird.
Dafür allerdings geht es mächtig voran, wenn man den rechten Fuß ans Bodenblech heftet. Während aus dem Klappenauspuff ein wütendes Brüllen dröhnt und scharfe Ohren aus dem Bug das feine Sirren des Laders hören, schnellt der F-Pace in 4,0 Sekunden auf Tempo 100 und schiebt danach munter weiter, bis die Physik bei 283 km/h dem wilden Treiben ein Ende bereitet.
Dazu gibt es, wie es sich für ein Auto in dieser Liga gehört, ein paar PS-Proteine fürs Design, damit der Motor durch größere Lufteinlässe im Bug besser atmen kann, die 395 Millimeter großen Bremsen in den 21-Zöllern besser gekühlt werden und ein neuer Spoiler am Heck den Wagen fester auf die Straße presst. Zudem reduziert die neue Burgschürze den Auftrieb und die schlankeren Scheinwerfer steigern das Überholprestige.
Das Fahrwerk ist spürbar strammer abgestimmt, die Bremsen lassen sich nun feiner kontrollieren und eine elektronisch geregelte Differentialsperre bringt den Wagen zusätzlich zur variablen Kraftverteilung des Allrad-Antriebs schneller ums Eck. Erst recht mit dem neuen Setup für die Lenkung, die an Schärfe und Präzision gewonnen hat. Deshalb sind auch die Umbauten im Innenraum nicht nur zur Zierde. Sondern den besseren Seitenhalt der Sportsitze lernt man genauso schnell zu schätzen wie das Comeback eines ordentlichen Schaltknaufs anstelle des Drehrades auf dem Mitteltunnel. Denn selbst wenn die Automatik ihre Sache tadellos macht und man eigentlich nie eingreifen muss, hat man das Auto so gefühlt einfach besser im Griff.
Dass die Werkstuner einen guten Job gemacht haben, merkt man nicht nur beim imposanten Kavalierstart nach dem Kickdown und wenn der Zweitonner erstaunlich behände, weil bretthart und bocksteif durch rund um den Nürburgring durch die Eifel fliegt und dabei fast ein bisschen zur Heckschleuder wird, so lustvoll sind der variable Allrad und das Differential an der Hinterachse abgestimmt. Sondern vor allem merkt man es, wenn man vom Sport- wieder in den Komfort-Modus wechselt und das Raubtier plötzlich doch wieder zur Schmusekatze wird. Denn ein Sportmodell sportlich zu machen, das ist keine Kunst. Doch ein Sportmodell so abzustimmen, dass man alleine damit großen Spaß haben und mit der Familie sehr komfortabel fahren kann, dazu braucht es schon ein bisschen mehr. „Aber wir wissen, dass der F-Pace das SVR-Modell mit dem größten Alltagsanteil ist und haben das bei der Auslegung entsprechend berücksichtigt“, prahlen die Briten.
Mehr Power und mehr Performance und trotzdem voll und ganz alltagstauglich, mehr Präsenz aber nicht wirklich protzig – so hat Jaguar dem F-Pace als SVR-Modell gewaltig den Horizont erweitert und eine attraktive Alternative zu den Body-Buildern aus dem deutschen Süden geschaffen: Allerdings hat das Vergnügen auch seinen Preis: Wo der Plug-In-Hybrid als teuerste Variante bisher bei 72.033 Euro begann, geht es jetzt bei 134.490 Euro erst so richtig los.