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BMW X3M und X4M: Mehr Sport und doch Utility

Mehr Sport und doch Utility

BMW X3M und X4M

Markus Flasch lächelt sein zuversichtlichstes Lächeln. Denn der Chef der BMW M GmbH weiß, dass er gerade einen kommenden Bestseller lanciert: Im September beginnen die Scharfmacher aus Garching zu Preisen ab 84.900 Euro endlich mit dem Verkauf des X3M. Und als wäre das noch nicht genug, stellen sie dem ersten echten M-Modell unter den kompakten BMW-Geländewagen für 2.200 Euro mehr gleich noch einen X4M zur Seite. Dass Flasch sich um den Absatz keine Sorgen machen muss, hat zwei Gründe. Zum einen musste die Bleifluß-Fraktion unter den BMW-Kunden jetzt zwei Generationen vergebens auf eine Antwort auf den GLC 63 des Mercedes-Ablegers AMG warten, und zum anderen war der X3 als M40i schon bislang das meistverkaufte Modell des Werkstuners – und der hatte gerade mal 360 PS, wo Flasch seine Kunden jetzt mit 480 PS oder im 8.500 Euro teureren Competition-Modell sogar mit 510 PS lockt.

Von Thomas Geiger
Aber die M GmbH setzt bei dem Power-Pärchen nicht allein auf die Sehnsucht als Erfolgsfaktor, sondern sie will vor allem mit sportlicher Substanz überzeugen: „Wir fahren in dieser Klasse alles in Grund und Boden“, gibt sich Flasch zuversichtlich. Und was bei der Premiere noch ziemlich großspurig klingt, erweist sich on der Praxis als gar nicht so sehr übertrieben. Denn X3M und X4M sind in der Dynamik-Wertung in ihrem Segment tatsächlich weit an der Spitze: Dass sie zwei Tonnen wiegen, dass man eine halbe Etage über der Straße thront und dass der Schwerpunkt deutlich höher liegt? Das hat man spätestens dann vergessen, wenn mal neben dem Antrieb auch die Lenkung und das Fahrwerk auf Sport gestellt hat. Dann schlägt zwar jeder Schatten auf dem Asphalt durch bis ins Steißbein und die Knöchel werden weiß von der Kraft, mit der man das Lenkrad halten muss. Doch dafür schneiden X3M und X4M mit einer Präzision durch die Kurven, als würde die Fliehkraft extra für ihn ausgesetzt. Und schnell sind sie dabei natürlich ohnehin: Von 0 auf 100 vergehen im besten Fall nur 4,1 Sekunden und mit dem M Drivers Package sind bei Vollgas maximal 285 km/h drin. Aber das Beste ist: Egal, wie wild man es treibt, bleibt man mit traumwandlerischer Sicherheit immer auf der idealen Linie und von den vielen Regeleingriffen der Elektronik bekommt man dabei kaum etwas mit.
Möglich macht das die Kombination aus den besten Komponenten, die im Regal der M GmbH gerade zu finden sind. So stammt der Allradantrieb vom neuen M5. Und selbst wenn man – so viel xDrive sind sie auch bei der M GmbH einem X-Modell schuldig – den Allrad andres als bei der Limousine nicht ganz abschalten kann, erlaubt die hecklastige Kraftverteilung zusammen mit dem elektronischen Differential unter dem Kofferraum so manchen kessen Hüftschwung.
Der Motor dagegen ist ein Vorbote des nächsten M3 und hat mit dem drei Liter großen Reihensechszylinder aus der Serie außer dem Hubraum nicht mehr viel gemein: Sondern über zwei Drittel der Teile sind neu und spezifisch von der M GmbH entwickelt worden. Deshalb hat er nicht nur 480 oder 510 PS und ein maximales Drehmoment von 600 Nm, sondern er dreht auch höher, als man es einem Turbo zugetraut hätte. Und zumindest wenn man die beim Competition serienmäßigen Schallklappen im Sportauspuff öffnet, dann klingt er auch entsprechend leidenschaftlich.
Nur beim Design üben die Bayern fast schon brave Zurückhaltung: Ja, die 21-Zöller stehen ihm gut, die schwarze Niere schindet mächtig Eindruck und die großen Nüstern in der Bugschürze lassen am Potential des Power-SUV keinen Zweifel aufkommen. Doch wo der GLC 63 mit seinem Panamericana-Grill förmlich nach Aufmerksamkeit schreit, sind X3M und X4M fast schon biedere Brandstifter.
Auch innen hält sich der Umbau in engen Grenzen: Lenkrad und Getriebe-Wählhebel samt Playstation-Tastatur drum herum vom M5, ein paar Konsolen aus Karbon und neue Grafiken im digitalen Cockpit oder auf dem Touchscreen – wären da nicht die neuen Sportsitze, könnte man die Sportler glatt als Sondermodelle verstehen. Doch so winzig die Modifikationen sind, so wirkungsvoll sind sie: Das Lenkrad liegt so gut in der Hand, wie man es für die Kurvenhatz braucht, die Schaltzentralle auf dem Mitteltunnel bietet alle Möglichkeiten für ein individuelles Set-Up, das man auf zwei feuerroten Schaltern im Lenkrad ablegen kann, und die Sitze nehmen einen so fest in die Zange, dass man auch bei ganz wildem Treiben nie den Halt verliert.
Stark, scharf und auch in den Kurven ungeheuer schnell – zwar fühlt man sich in X3M und X4M tatsächlich ein bisschen wie in M3 und M4 mit etwas mehr Bodenfreiheit. Doch spätestens, wenn man in den Comfort-Modus zurückschaltet, ist es mit den Parallelen auch schon wieder vorbei – und das ist gut so. Dann geben sich die beiden SUV plötzlich ziemlich handzahm, sind vergleichsweise komfortabel und kommod und erweisen sich dank ihres variablen Innenlebens einmal mehr als perfekte Familienkutschen. So sehr sie in Garching das Sport in SUV betonen, wollen sie das Utility nämlich nicht aufgeben.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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