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Unser LA Auto Show Messerundgang

Messerundgang

Die LA Auto Show 2017

Die Absätze sind zwar auf Rekordniveau, doch die Stimmung in der Autobranche ist im Keller: Daheim kochen noch immer die Dieselsuppe und der Kartellskandal, weltweit drücken die CO2-Auflagen und in Amerika feiern sie Elon Musk als Messias, obwohl er sein Tesla Model 3 partout nicht in den angekündigten Stückzahlen auf die Straße bekommt – gut geht irgendwie anders. Doch zumindest zur letzten Messe der Saison schleicht sich noch einmal ein Lächeln auf das Gesicht der Autobosse. Denn wir sind in Los Angeles, Hollywood ist nur einen Steinwurf entfernt und da verstehen sie sich auf schöne Träume, auf große Illusionen und auf ein solides Happy End.

Von Thomas Geiger
Die beinahe surreal gute Stimmung hat allerdings noch einen anderen Grund: Der amerikanische Markt im allgemeinen und der in Kalifornien im speziellen boomt und obwohl sie hier gerne Tesla fahren oder zur Not Toyota Prius und Nissan Leaf, haben sie unverändert viel Lust auf Luxus und Leistung und spülen gerade den deutschen Herstellern das dicke Geld in die Kasse.
Die fahren deshalb in Los Angeles auch größer auf als der Rest der Welt – nicht umsonst zelebriert Mercedes hier die Premiere des neuen CLS, der als Designikone in der dritten Generation die Lücke zwischen E- und S-Klasse schließen und ein bisschen Savoir Vivre ins schnöde Leben der Business-Elite bringen will. Bei BMW wird es nach vier Jahren endlich Zeit für die offene Version des i8, der als erster elektrischer Roadster seit dem seligen Erstling von Tesla nirgends besser aufgehoben ist als auf dem Pacific Coast Highway. Und Porsche dankt den Kaliforniern ihre teure Treue mit der Weltpremiere für die GTS-Version der 718er-Baureihe. Die hat zwar leider auch nur vier Zylinder, punktet jetzt aber immerhin mit 365 PS.
Audi dagegen zeigt nur noch einmal den frischen A7, der zumindest noch auf keiner Messe zu sehen war, und bei VW stehen zum ersten Mal alle drei ID-Modelle gemeinsam auf einer Bühne. „Da sieht man, wie unsere elektrische Zukunft Gestalt annimmt“, sagt VW-Sprecher Christian Buhlmann mit Blick auf den konventionellen ID, den ID Buzz und den ID Crozz, der als elektrisches CrossOver zumindest in den USA den Anfang machen wird.
Neben dem Engagement der Deutschen fallen die anderen Importeure auf dem US-Markt kaum auf: Ein gestreckter Lexus RX mit etwas mehr Platz auf der Rückbank, der kleine Nissan Kicks als braver US-Nachfolger des schrägen Juke oder ein Facelift für den bereits zweimal überarbeiteten Mazda 6 – who cares? Einzig der Infiniti QX50 sorgt als Herausforderer für Mercedes GLC, AudiQ5 und BMW X3 für ein bisschen aufsehen – wegen seines markanten Designs und mehr noch wegen seines Motors. Nicht umsonst treibt ihn der erste Benziner mit variabler Verdichtung.
Ausnahmsweise lohnt diesmal auch der Blick zu den US-Marken – selbst wenn Ford tatsächlich ganz ohne Neuheit nach Los Angeles gekommen ist. Dafür zeigt General Motors mit der neuen Corvette ZR1 den vielleicht schärfsten Sportwagen, den sie in Detroit je gebaut haben. Schließlich hat der 765 PS und fast 1.000 Nm und ist gut für einen Sprintwert von weniger als drei Sekunden. Und bei FCA geht eine Legende in die nächste Runde. Denn nach rund zehn Jahren präsentiert Jeep endlich den neuen Wrangler und bleibt den alten Idealen dabei treu. Denn auch nach über 70 Jahren sieht der Geländegänger, den es mit einem 197 PS starken Diesel, einem neuen Zweiliter-Turbo mit 270 und einem 3,7 Liter großen V6 mit 285 PS geben wird, noch beinahe so aus wie am ersten Tag und natürlich beherrscht er auch weiterhin den wilden Ritt über den Rubicon-Trail. Kein Wunder, dass selbst die sonst so miesepetrigen Italo-Amerikaner diesmal breit grinsend über die Messe ziehen.
Was die Stimmung in diesem Roadmovie ebenfalls hebt: Es gibt in diesem Film keine Bösewichter. Denn Demonstranten wie bei der IAA sucht man auf der LA Autoshow vergebens und Spielverderber wie Elon Musk und seine Firma Tesla lassen sich hier traditionell nicht sehen. Obwohl die Zahl der Neuheiten überschaubar ist, muss sich die Messe deshalb keine Sorgen machen. Die luftig leichte Stimmung im Lalaland einen Steinwurf entfernt von der größten Traumfabrik der Welt will keiner missen und es geht mit der Motorshow wie mit jedem anderen Blockbuster in Hollywood: Fortsetzung folgt.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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