Sie schwören auf die Brennstoffzelle, bauen Batterie-Autos und lancieren noch in diesem Jahr eine eigene Elektro-Marke – kaum ein Autohersteller gibt sich gerade einen grüneren Anstrich als Hyundai. Doch bei all der Vernunft haben die Koreaner das Vergnügen nicht vergessen. Denn beflügelt vom Erfolg des i30 N, der in seiner Baureihe auf einen konkurrenzlos hohen Verkaufsanteil von rund 30 Prozent kommt, darf auch die Performance-Sparte ihr Angebot kräftig ausbauen und sich langsam zu einem Vollsortimenter im Werkstuning mausern. Schließlich läuft sich neben dem i30 N gerade der i20 N warm, und mit einem Kona N wagt sich die schnelle Truppe aus Korea im Sommer zum ersten Mal ins SUV-Segment.
„Der Hyundai Kona war im vergangenen Jahr mit über 31.500 Zulassungen in Deutschland das erfolgreichste Modell der Marke“, freut sich Deutschland-Chef Jürgen Keller und rechnet sich für den Sportler gegen Autos wie den T-Roc R, den GLA 35 oder den X2 M35i gute Chancen aus: „Wir sind sicher, dass wir den Erfolg unseres Lifestyle-SUV und unserer bisherigen N-Hochleistungsmodelle mit dem Hyundai Kona N fortschreiben können.“
Dabei setzt Hyundai auf das gleiche Paket, das man schon vom i30 kennt: Auch unter der hohen Haube des Kona tobt deshalb der vertraute 2,0-Liter-Turbo, der mit reichlich Nachdruck auf 280 PS und 382 Nm kommt und von einer achtstufigen Doppelkupplung mit nasser Anfahrkupplung im Zaum gehalten wird. Das sollte für Sprintwerte im Bereich von sieben Sekunden reichen, und das Spitzentempo müsste ziemlich nahe an 250 km/h liegen.
Zwar wirkt zumindest der Prototyp in seinem bunten Tarnkleid noch vergleichsweise dezent, trägt einen eher bescheidenen Heckspoiler, steht auf wenig markanten 19-Zöllern und wenn es große Nüstern geben sollte, verbergen die sich noch unter der psychedelischen Klebefolie. Doch dafür knurrt der Motor um so gieriger. Hier hat einer Hunger und kann es kaum erwarten, ein paar Kurven zu vernaschen. Kein Wunder, also, dass der Kona N mit quietschenden Reifen den Kavalierstart probt und zum Ritt auf der Kanonenkugel bittet. Nur gut, dass die Sitze für mehr Seitenhalt tiefer ausgeschnitten sind und das Lenkrad etwas griffiger ist als üblich.
Zwar wirkt das sportlichste SUV aus Korea knackig und kross, schon nach zwei, drei Kurven zeigen die Mundwinkel des Fahrers nach oben und spätestens, wenn man mit einem Druck auf die Taste am Lenkrad für 20 Sekunden den maximalen Boost aktiviert, wird der Kona gar vollends zur Spaßgranate. Doch bei aller Begeisterung und allem Nachdruck, gerät das SUV hier schnell an seine Grenzen – zumindest an ein einem nasskalten Wintermorgen auf einer engen Berg- und Talbahn wie dem Rundkurs auf dem Bilster Berg. Denn auch das strammste Fahrwerks-Setup, die beste Vorderachs-Quersperre und die schärfste Lenkung können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kona seine Kraft nur über die Vorderräder auf die Straße zu bringen versucht und deshalb allzu oft von der Traktions- und Stabilitätskontrolle eingebremst wird. So unterhaltsam die Disco-Beleuchtung im Cockpit auch sein mag, so irritierend fühlt es sich an, wenn der Kona in Kurven über die Vorderräder schiebt und am Beginn der Geraden ein paar Augenblick zu lange mit den Hufen scharrt – es gibt es einen guten Grund dafür, dass die Konkurrenz in dieser Liga durch die Bank weg mit Allradantrieb unterwegs ist.
Trotzdem sollten Petrolheads dankbar sein, dass Hyundai sich solche unvernünftigen Ausflüge auf die Überholspur überhaupt noch leistet – und davon auch in Zukunft wohl nicht lassen wird. Denn während VW & Co ihr Angebot an Breitensportlern gerade zusammenstreichen, es weder neue OPC-Modelle bei Opel gibt noch einen Focus RS bei Ford, wollen die Koreaner auch in dieser Liga weiter wachsen. Nicht umsonst haben sie sich als Entwicklungschef mit Alfred Biermann einen Vollblut-Ingenieur geholt, der schon bei der M GmbH in München das Portfolio auf die gesamte Modellpalette ausgeweitet hat.