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Unternehmen Zukunft

In den letzten zehn Jahren hat sich BMW unaufgeregt, aber nachhaltig zum Autobauer mit der größten Range an Elektroantrieben im Premiumsegment gemausert. Ein Image-Rebrush ohne Streuverluste mit resolutem Griff in die Zukunft.

Text: Franz J. Sauer

Wie viele Modelle mit Elektro-­Element im Antrieb hätten Sie BMW so aus dem Stegreif zugetraut? Drei, vier? Fünf? Es sind zehn. Rechnet man die Motorroller und die Minis hinzu, kommen wir auf 13. Und da sind die drei Rein-Elektriker i3, iX3 und i8 (letzterer ist ja leider bereits ausgelaufen) noch nicht dabei. Jene Premium-Marke, die sich bislang vor allem darüber definiert hat, selbst der behäbigsten Luxuslimousine ein ordentlich Maß an Sportlichkeit abzuverlangen, hat sein Antriebsprogramm massiv Richtung Elektro gebürstet. Ohne dabei an Dynamik einzubüßen.

Eher im Gegenteil. Doch bleiben wir noch bei den reinen Verbrennern der Marke. Hier wurde radikal an der Verbrauchschraube gedreht, und zwar nach unten. Es mutet geradezu verblüffend an, wenn ein Fahrzeug der 5er-­Reihe mit stattlicher Leistung jenseits der 200 PS im zähen Stadtverkehr weniger als sieben Liter auf 100 Kilometer braucht, zumal hier den Insider-Talks in Entwicklerkreisen zufolge sogar noch Luft nach unten herrscht. De facto ist vor allem der Selbstzünder, derzeit aufgrund von Feinstaubemissionen besonders gerne verteufelt, mit seinem ­Innovationspotenzial nicht am Ende. Entsprechende Vorschriftsregularien als Impulsgeber vorausgesetzt, sind hier Verbrauchswerte um die zweieinhalb Liter auf 100 km keineswegs Science-­Fiction. Eine Region, die elek­trisch unterstützte Antriebs­gewerke jetzt schon erreichen.
Hybrid also. Zunächst als Kompromiss zweier Welten verbrämt, hat sich, speziell, seitdem der Plug-in-Hybrid seinen Auftritt hatte, einiges ins Gegenteil gewandelt. Tatsächlich ist ein Plug-in-Hybrid, der zudem die Fähigkeit hat, im reinen Verbrenner-Fahrbetrieb seine Batterien zu laden, aktuell die sinnbringendste Art, ein Automobil anzutreiben. Indem stets jenes Aggregat zum Einsatz kommt, das im entsprechenden Habitat seinen höchsten Wirkungsgrad entfaltet: in der Stadt der Elektromotor, überland und auf der Autobahn der Verbrenner. Und ist dann mal sportlicher Vortrieb gefragt, ziehen beide Aggregate gemeinsam am Antriebsstrang. Was bei bekanntlich wohlsaturierten Leistungsdaten der Hybrid-Modelle stets für großes Hallo sorgt.

Doch spätestens beim Design schließt sich der Kreis mit der Dynamik der Marke. Generell gilt es seit Jahrzehnten als USP der Bayern, den sportlichen Anspruch ihrer Fahrzeuge quer durch alle Klassen beim ersten Anblick zu artikulieren. Nicht umsonst hat der BMW X6 mit der zunächst belächelten Gattung der SUV-Coupés ein Designstate­ment geschaffen, das seinen Siegeszug quer durch die Branche weiter fortsetzt. Und auch die GT-Lines der diversen Baureihen haben eine wohlakklamierte Trendrückkehr der Fließhecklimousine eingeläutet; Will man im aktuellen Fahrzeugdesign Dynamik, Futurismus und Komfort unter einen optischen Nenner bringen, kommt man um den Hatchback kaum herum.

Was uns eigentlich in direkter Linie zum auf diesen Seiten platzgreifend inszenierten Concept i4 führt. Vorerst aber noch ein paar Worte zum i3. Das 2013 präsentierte, rein elektrische Fahrzeug platzierte mit seinem eigenwilligen Design, dem hochwertigen Auftritt und einer gehörigen Portion Hightech bezüglich der Rekuperationsfähigkeit ein ziemlich nachdrückliches Statement in der Welt der Elektroautomobile. Mit einer Nominalreichweite von etwa 185 Kilometern (ohne Range Extender, einem Verbrennungs-Motor, der allerdings ausschließlich der Wiederbeladung der Batterie und nicht dem direkten Antrieb dient und auf Wunsch gegen Aufpreis erhältlich ist) ausgestattet, entstand der i3 aus dem Projekt „Megacity Vehicle“ (MCV) und findet sein ideales Betätigungsfeld im innerstädtischen Bereich. Das Fahrzeug wurde demnach aus keiner bestehenden Baureihe heraus entwickelt, sondern von Grund auf neu gedacht, was sich nicht nur im unkonventionellen Design, sondern etwa auch in der Verwendung der Materialien im Innenraum, dem Fahrwerkslayout oder dem Antriebskonzept ausdrückt. Zunächst sorgte der eigenwillige Auftritt des Autos für die üblich verstörten Reaktionen auf Neuartiges, vor allem bei Menschen, denen Begriffe wie Disruption nicht nur fremd sind, sondern auch unheimlich. Relativ bald aber definierte er nicht nur das Stichwort „Premium-Anspruch“ unter den kompakten E-Automobilen, sondern entwickelte sich sogar schnurstracks zum Klassiker, und das noch zu Lebzeiten. Durch geschicktes Einsetzen von Stilelementen ließ sich der i3 von allem Anfang an und aus jedem Blickwinkel eindeutig als BMW identifizieren. Und spätestens seit der s-Version, die einen Zuwachs um 20 PS brachte, ist auch Sportlichkeit beim i3 ein Thema.

Der i8 als Hybrid, wenngleich sportlicher mit schwerer Schlagseite Richtung Elektro, sei hier nur am Rande genannt. Er zeigt, was geht, macht Spaß wie Freude und befüllt einen uralten Spruch von Ferry Porsche ein weiteres Mal mit Leben: „Das letzte Auto, das je gebaut werden wird, wird ein Sportwagen sein.“ Oder eben ein Roadster, diesfalls. Aber es wird jetzt wirklich Zeit für die Zukunft. Und da gibt es ja auch einiges zu sehen bei BMW.

Die letzten Jahre waren üppig bestückt mit Concept Cars aus dem Hause BMW. Bereits 2018 wartete das Konzept iNEXT mit der an sich erwartbaren Aussicht auf, dass die E-Mobilität bei BMW in absehbarer Zeit das SUV-Segment erreichen wird – nun ist es also soweit, der iX3 scharrt bei den Händlern in den Startlöchern. Einen weiteren „Vollherz-Stromer“ wird die Marke 2021 mit dem i4 präsentieren, einen heiteren Ausblick darauf gibt schon jetzt die Studie Concept i4, die wir leibhaftig in München trafen: 530 PS, 600 km Reichweite, ein Null-auf-hundert-Sprint in etwa vier Sekunden. Warum eigentlich i4 und nicht iM? Bereits die fünfte ­Generation der E-Antriebseinheit feiert in iX3 und i4 ihre Premiere, damit bringt der i4 die bisherige Pionierarbeit, die man bei BMW i geleistet hat, in besonderer Art und Weise auf den Punkt: Er vereint futuristisches, aber doch DNA-erfülltes Design mit frischester Antriebstechnologie, die man allerdings durch den reichhaltigen Erfahrungsschatz aus knapp sieben Jahren E-Mobilität im Haus als ausreichend ausgereift bezeichnen kann.

Wollte und konnte man mit i8 und i3 noch ein fettgedrucktes Ausrufezeichen im Straßenbild platzieren, so hat man das bei i4 und iX3 nicht mehr nötig. Au contraire setzen die beiden frischen E-Bayern Zeichen einer „smoothen“ Disruption. So wird etwa die markante BMW-Niere nicht bloß als Designzitat an die gute alte Zeit übernommen, sie bekommt vielmehr als sogenannte „Intelligenzfläche“ eine neue Aufgabe und beherbergt nun anstelle des Kühlergrills eine Vielzahl an Sensoren. Derlei Gimmicks finden sich an mehreren Stellen des Autos, weniger „Form follows Function“, als man glaubt (mehr dazu im Interview).

Eine regelrechte Flotte an Hybridautos mit BMW-Propeller und Mini-Wing, zwei neue Elektriker unmittelbar am Start, dazu ein sich forsch etablierender E-Mini – der BMW-Konzern ist punkto E-Mobilität gut aufgestellt, sorgt für Aufsehen gleichermaßen wie für Dynamik am rechten Fleck und transformiert sich, zwar nicht still und heimlich, aber doch wohltuend nahtlos in die Zukunft, die ja eigentlich schon läuft. So soll’s sein.

BMW Concept i4
Antrieb: eDrive-Technology Generation 5
Leistung: 390 kW / 530 PS
Batterieleistung / Energiegehalt: 80 kWh
Reichweite: 600 km (WLTP)
Beschleunigung: 0–100: ca. 4 s
Spitze: 200 km/h


BMW Hybrid und E: große Auswahl
Nahezu jede Baureihe des reichhaltigen BMW-Fahrzeugportfolios wurde mittlerweile antriebsseits elektrifiziert, was der Leistung ebenso hilft wie bei Verbrauch und Emissionen. Tatsächlich wurde hier unaufgeregt High-Tech implantiert, nicht wie sonst üblich nur bei den oberen, sondern quer durch alle Klassen. Hier eine aktuelle Modell-Übersicht.

BMW i3, BMW i3S, BMW iX3, BMW 225xe Active Tourer Plug-in-Hybrid, BMW 330e/xDrive Limousine Plug-in-Hybrid, BMW 330e/xDrive Touring Plug-in-Hybrid, BMW 530e Limousine Plug-in-Hybrid, BMW 545e xDrive Limousine Plug-in-Hybrid, BMW 745e/xDrive Plug-in-Hybrid, BMW X1 xDrive25e Plug-in-Hybrid, BMW X2 xDrive25e Plug-in-Hybrid, BMW X3 xDrive30e Plug-in-Hybrid, BMW X5 ­xDrive45e Plug-in-Hybrid. Dazu noch den Roller BMW C-Evolution, den Mini Countryman Plug-in-Hybrid und den Mini Cooper SE als ersten Vollelektriker der Marke.

Mit einem weltweiten Absatz von 145.815 Elektroautos und Plug-in-Hybriden im Jahr 2019 sowie einem Marktanteil von 21 % in Deutschland hat sich BMW an die Spitze der Autos mit elektrifiziertem Antriebsanteil gesetzt, ohne viel Aufhebens darum zu machen. Und die beiden neuen Stromer im Programm werden der Tendenz sicher weiteren Aufwind geben.


BMW iX3 – Elektro-SAV
Dass SUVs bei BMW stets SAVs hießen, ist hinlänglich bekannt. (Warum? Einfach googeln!) Zum Kürzel-Overflow kommt hier nun noch ein E mit Bindestrich davor: Nun kam mit dem BMW iX3 das erste reine Elektro-SUV, ’tschuldigung, SAV der Marke auf den Markt.

Optisch und haptisch weitgehend auf Basis des X3 auftretend, leistet sich der iX3 unterm Blech eine kleine Revolution: Erstmals kommt hier die fünfte Generation der BMW-E-Antriebseinheit zum Einsatz, die sich vor allem durch Kompaktheit hervortut: Motor, Getriebe und Leistungselektronik sind in ein Gehäuse integriert. Wirkungsgrad des um 30 Prozent geschrumpften E-Aggregats: bis zu 92 Prozent. Nur zur Erinnerung: Ein aktueller Dieselmotor muss sich diesbezüglich mit 40 Prozent begnügen.

Die Spitze wird auf 180 km/h begrenzt, zeitgemäß, wie wir finden. Dafür wird in unter sieben Sekunden auf 100 gespurtet, ein Drehmoment von 400 Nm (immer!) sorgt für Rückenlehnen-Belastungsproben. Die Reichweite wird vorerst mit 460 (WLTP) bzw. 520 (NEFZ) Kilometern veranschlagt, zumindest 350 Kilometer weit sollte man also die sicherlich satte Leistung des schicken Bayern jedenfalls genießen können.

Franz J. Sauer

Liebt Autos, weiß auch ein bissl was, schwurbelt schön drum herum und springt für SUV in die Bresche.

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