So langsam sind sie es leid in Stuttgart. Zwar rühmen sie sich mit der S-Klasse der erfolgreichsten Luxuslimousine der Welt und haben diesen Anspruch mit dem Generationswechsel für ihr Flaggschiff gerade noch einmal untermauert. Doch beim Wettrüsten auf der Buckelpiste musste Mercedes bislang tatenlos zusehen. Nicht dass sich GLE und GLS schlecht verkauften, von der legendären G-Klasse ganz zu schweigen. Aber während Bentley mit dem Bentayga und Rolls-Royce mit dem Cullinan auch SUV für Sehr-Viel-Besserverdiener anbieten und davon längst mehr verkaufen als von ihren Limousinen, war den Dickschiffen von Daimler der Smoking bislang versagt. Aber damit ist jetzt Schluss. Denn parallel zur neuen S-Klasse kommt jetzt zum ersten Mal auch der GLS als Maybach auf den Markt.
Damit man das Prunkstück für Prachtstraßen und Pampa trotz der engen Verwandtschaft mit der schnöden Großserie auf Anhieb erkennt, trägt der GLS stolz den Maybach-Grill im Nadelstreifen-Design und darunter mehr Chrom vor den Lufteinlässen als die Gangsterrapszene Gold um den Hals. Dazu gibt’s breit verchromte Rahmen um die Scheibe und – ein entsprechendes Selbstbewusstsein voraus gesetzt – auch die nur den Maybach-Modellen vorbehaltene Zweifarblackierung. Der Clou sind allerdings die beiden riesigen Trittbretter von mehr als zwei Metern Länge und 20 Zentimetern Breite, die sich samt LED-Beleuchtung in einem faszinierenden Spektakel unter dem Wagenboden hervorschieben, sobald sich die Türen öffnen. Denn selbst wenn der Maybach einen Knicks macht und sich die Luftfederung um drei Zentimeter absenkt, mag Mercedes dem gemeinen Krösus so eine unbequeme Kletterei offenbar nicht ohne Aufstiegshilfe zumuten.
Dass aus dem Einstieg auch im übertragenen Sinne ein Aufstieg wird, liegt am noblen Interieur des Maybach, der seine Passagiere in einen Kokon aus Lack und Leder lockt. Statt der bis zu fünf gewöhnlichen Sessel aus dem GLS sind hier wie in der Langversion der Limousine im Fond nur zwei Loungeliegen montiert, mit über einem Meter Beinfreiheit davor und einer riesigen Konsole für Barfach, Klapptische und Kleinkram dazwischen. Der Rücken wird fein massiert und klimatisiert, um die Nase weht der Duft von Osmanthusblüten, zarten Ledernoten und würzigem Tee und die Welt da draußen verschwindet hinter Isolierglas und schwarzen Vorhängen, die auf Knopfdruck vor die Scheiben surren: Willkommen in Ihrer eigenen Welt, lautet die Botschaft. Und damit auch wirklich nichts und niemand diese Ruhe stört, hat Mercedes den Kofferraum komplett gekapselt und eine massive Trennwand eingezogen. Die kostet zwar etwas Laderaum und Flexibilität, schluckt dafür aber auch den letzten Rest an Schall und stützt so das fast geisterhafte Gefühl, völlig im Luxus eingelullt zu werden.
Technisch dagegen ist der Maybach dem GLS näher, als es den meisten Kunden lieb sein dürfte. Zwar haben die Ingenieure die Profile des vorausschauenden Luftfederfahrwerks mit seinen schlauen 48 Volt-Stellern um einen Maybach-Modus ergänzt, mit dem man wie auf Wolken gebettet über den Asphalt gleitet, und für den Motor gibt es ein neues Setup. Doch wer sich angesichts des Typenkürzels 600 auf einen Zwölfzylinder freut, wird beim Blick unter die Haube jäh enttäuscht. Statt am BMW X7 gar vollends vorbei zu ziehen und tatsächlich zu den Briten aufzuschließen, belässt es auch Mercedes beim V8. Der ist immerhin der modernste im Programm, kommt als Mild-Hybrid mit einem 22 PS starken E-Booster und hat trotz soliden 2,8 Tonnen leichtes Spiel mit dem 5,21 Meter erlangen Luxusliner. Nicht umsonst wuchten die 558 PS und 730 Nm den Maybach für den Matsch in 4,9 Sekunden auf Tempo 100 und danach unbeirrt weiter bis auf 250 km/h. Und dass er dabei schon in der Norm 11,7 Liter verbraucht, wird die erlauchte Kundschaft kaum stören. Wer Maybach fährt, zahlt solche Tankrechnungen wie andere das Trinkgeld. Aus gutem Grund deaktivieren die sonst so CO2-sensiblen Schwaben im Maybach-Modus sogar die Start-Stopp-Automatik, weil man ja trotz des elektrischen Startergenerators doch etwas mitbekommen könnte vom Aus- und Anschalten des Achtzylinders.
Auch wenn die Maybach-Entwickler eher nach hinten rechts als vorne links geschaut haben, ist dieser GLS deshalb für den Fahrer genauso ein Erlebnis wie für die Passagiere. Denn es ist schier unglaublich, mit welcher Souveränität und Leichtigkeit sich dieser Luxusliner bewegen lässt. Auch wenn ihm zu Rolls-Royce und Bentley vier Zylinder fehlen, steht er den Briten darin in nichts nach. Und trotzdem macht der Maybach einen anderen Eindruck und wirkt bei ähnlichem Luxus mit seinem Cinemascope-Cockpit, dem MB UX-Infotainment und dem Heer an Assistenzsystemen sehr viel moderner, weniger barock und nicht ganz so verstaubt wie der automobile Adel aus England.
Zwar sieht sich Mercedes mit dem Maybach GLS zurecht auf Augenhöhe mit Rolls-Royce und Bentley, doch in einer Disziplin lassen die Schwaben den Briten gerne den Vortritt – beim Preis. Denn auch wenn das SUV im Smoking mit seinen 156.000 Euro (D) rund 50.000 Euro teurer ist als der GLS 580 und noch immer 10.000 Euro über der AMG-Version liegt, ist er gemessen an den englischen Konkurrenten ein Schnäppchen.