Man muss die Feste feiern wie sie fallen. Bei Fiat und Abarth fallen sie häufiger als in Ibiza, wie F595 und 695 esseesse unter Beweis stellen.
Die Welt steht kurz vor einer gewaltigen Finanzkrise, VW führt den Tiguan ein, Kimi Räikkönen gewinnt die Formel 1-WM und der VfB Stuttgart die Bundesliga: Willkommen im Jahr 2007. Es ist auch das Jahr, in dem der Cinquecento wiederbelebt wurde. Fast eineinhalb Dekaden ist diese Wiederauferstehung also her, und auch wenn die Welt heute eine wirklich ganz andere ist, beim 500 ist quasi alles gleich geblieben.
Zumindest mehr oder weniger. Klar hat es Überarbeitungen gegeben, durch die etwa das Infotainment fast zeitgemäß geworden ist. Und der elektrische 500 e ist ohnehin ein komplett frisches Fahrzeug. Der konventionell angetriebene ist im Kern aber das gleiche Auto. Seit 15 Jahren. Und wieso auch nicht? 2018 konnte der Cinquecento mit fast 200.000 verkauften Einheiten sein erfolgreichstes Jahr zelebrieren. Und das krisengebeutelte 2020 schloss er in Österreich auf Platz vier der Neuzulassungen ab. Die Kuh gibt immer noch Milch. Und Fiat melkt sie, wie man eine Kuh nur melken kann. Weshalb es Im Laufe der Jahre unzählige Sondereditionen gegeben hat.
Und auch 2021 fallen wieder irgendwelche Feste vom Himmel, die freilich gefeiert werden müssen, wenngleich im konkreten Fall von der sportlichen Schwester Abarth. Die feiert beispielsweise einen Formel-Italia-Monoposto, den Carlo Abarth vor fünf Dekaden gebaut hat. Was natürlich ohnehin schon Grund genug für ein Sondermodell wäre. Da würde nämlich schon ein umfallender, chinesischer Sack Reis genügen, ganz nach dem Motto: Abarth 595 Sacco di riso. Ein bisserl mehr steckt aber schon dahinter: Immerhin sponsert Abarth die italienische Formel 4-Meisterschaft und ist exklusiver Motorenlieferant für diese, genauso wie für die deutsche oder die spanische.
Verwendet wird dort, in groben Zügen zumindest, der Motor, der auch im bösen Cinquecento wütet. Und der freilich auch das Sondermodell F595 antreibt: 1,4 Liter Hubraum, Turboaufladung, 165 PS (und damit übrigens fünf PS mehr, als die Formel 4-Fahrzeuge bieten) – soweit, so bekannt. Was also ist neu? Es gibt wirklich hübsche blaue Akzente, etwa an der Frontlippe oder den Seitenspiegel. Großartig harmonieren die mit der mattgrauen Lackierung, Alternativen stehen freilich auch zur Wahl. Ebenfalls neu: die Auspuffanlage. Deren vier Endrohre sind jetzt nicht mehr nebeneinander, sondern übereinander angeordnet. Wie es aus diesen tönt, können wir aber nicht berichten, weil der bei der Präsentation nur wirklich hübsch dagestanden ist.
Dafür wissen wir, wie das zweite Sondermodell klingt, das Abarth mit aufs FCA-Testgelände in Balocco mitnahm: den 695 esseesse. Der feiert den esseesse aus den 60er Jahren, wie es schon das 2019er-Modell getan hat, von dem er quasi eine limitierte Neuauflage ist. 1.390 Einheiten werden vom Abarth 695 esseesse gebaut, 695 Stück in „Scorpine Schwarz“, 695 Stück in „Campovolo Grau“.
Was jedenfalls immer mit dabei ist: Carbon-Applikationen am Schaltknauf und dem Lenkrad, viel Alcantara sowie der „One of 695“-Schriftzug an den Kopfstützen der Sabelt-Sitze. Außerdem gibt’s Ziernähte in der jeweiligen Wagenfarbe.
Bei optischen Aufwertungen belässt man es aber nicht, auch technisch tut sich was, zumindest ein bisschen: So sorgt der neue Dachspoiler, der sich 13-stufig verstellen lässt, in steilster Position für 42 Kilogramm Abtrieb bei 200 km/h. Und auf der Vorderachse lasten zehn Kilo weniger, weil die Motorhaube aus Aluminium gefertigt ist.
Zwar haben wir den Abarth 695 esseesse auf der Rennstrecke bewegt, es wäre aber glatt gelogen, wenn wir jetzt behaupten würden, die zehn Kilo weniger Gewicht oder die 42 Kilogramm mehr Anpressdruck in irgendeiner Weise gespürt zu haben. Was aber genau gar nix am spaßigen Fahrerlebnis ändert: Durch enge Kurven schlängelt sich der kleine Sport-Cinquecento bestens, übersteuert dank knochentrockenem Fahrwerk (und vielleicht doch den zehn Kilo … ) erst spät, die Hinterachse geht bereitwillig mit. In schnellen Kurven liegt der 695 esseesse trotz des kleinen Radstandes sehr satt, von Unstabilität keine Spur.
Die Bremsen beißen auch bestens zu. Klar: Brembos, vier Kolben, innenbelüfteten 305-mm-Scheiben vorne, die tun sich mit 1.045 Kilgramm halt nicht allzu schwer. Selbiges kann man vom Motor behaupten: Die 180 PS des Vierzylinders schieben den Cinquecento (oder eigentlich: seicentonovanta-cinque) in nur 6,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Richtig Spaß macht aber vor allem die Kraftentfaltung. Das ist noch ein ganz klassisches Turbofahren, wo man noch deutlich spürt, wenn dieser zum Angriff bläst. Und nicht nur wegen der Druckanzeige links neben den digitalen Armaturen.
Und dann natürlich der bereits angesprochene, phänomenale Krach. Man kann schon wirklich von einer Degradierung der Konkurrenz reden, wenn man sieht respektive hört, was Abarth in Zusammenarbeit mit Akrapovic da aus den 1,4 Litern kitzelt- trotz der immer widriger werdenden Umstände. Da sieht man dann auch gerne über die etwas eigenwillige Sitzposition hinweg, die es nach fast 15 Jahren Cinquecento zum Preis von 34.490 Euro für den 695 esseesse und von 25.990 Euro für den F595 immer noch mit dazu gibt.