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Audi A3: Sport statt Smart

Er war der erste seiner Art und damals noch etwas ganz besonderes. Denn als Audi 1996 den A3 gebracht hat, wurde der ach so gewöhnliche Golf plötzlich wieder elitär und es ging auch in der Kompaktklasse richtig nobel zu. Das ist jetzt ein Vierteljahrhundert, drei Generationen und einige Millionen Zulassungen her und die Zeiten haben sich entsprechend geändert. Denn erstens gibt es mit Einser und A-Klasse längst auch bei BMW und Mercedes ein Angebot in der Kompaktklasse, und zweitens sind selbst Importmodelle wie ein Hyundai i30 mittlerweile fast auf Premium-Niveau. Vom Original aus Wolfsburg ganz zu schweigen.

Von Thomas Geiger

Die Zeiten für eine Neuauflage könnten also kaum härter sein. Doch Audi hat die Herausforderung angenommen und aus dem zuletzt im Streben nach Perfektion reichlich langweilig gewordenen Golf im feinen Zwirn wieder einen Charakterkopf gemacht: Wenn im Mai zu Preisen ab 26.800 Euro (D) die vierte Generation des kompakten Kassenschlagers in den Handel kommt, kehrt deshalb ein wenig Finesse auf den Golfplatz zurück.

Das ist vor allem ein Verdienst der Designer: In Länge und Breite jeweils um etwa drei Zentimeter gewachsen, im Radstand und damit in den Platzverhältnissen aber unverändert, reckt der nun 4,34 Meter lange A3 künftig einen flacheren Bug mit einem etwas schmollend dreinschauenden Single-Frame-Grill in den Wind und bekommt vor allem an der Flanke Charakter. Denn erstmals sind die Seitenteile deutlich eingezogen, so dass die weit ausgestellten Radhäuser noch besser zur Geltung kommen. Dazu noch die stärker geneigte C-Säule und das schnittige Heck – schon sieht der Golf noch braver und biederer aus, als er ohnehin schon ist.

Während Audi beim Design neue Maßstäbe setzt und sich mit Spielereien wie dem ersten digitalen Tagfahrlicht treu bleibt, lässt sich die Tochter im Innenraum von der Mutter die Schau stehlen. Ja, die Materialien des A3 sind natürlich ein wenig vornehmer als im Golf und die Verarbeitung ist wie immer tadellos. Irgendwie müssen die höheren Preise ja gerechtfertigt werden.  Doch wo VW eine digitale Revolution angezettelt und bis auf ganz wenige Ausnahmen alle Schalter aus dem Cockpit verbannt hat, gibt sich Audi eher konservativ: Die Klimaanlage, die Scheinwerfer und die Fahrprofilregelung bedient man auch künftig mit konventionellen Tastern. Das kann man vielleicht sogar noch als ergonomisch bessere Lösung verstehen und auch als eigenen Stil. Doch warum dann ausgerechnet der liebgewonnene Lautstärke-Regler auf dem Mitteltunnel einem Touchpad weichen musste, das wissen die Götter.

Keine Unterschiede gibt es dagegen unter dem Blech. Genau wie der Golf fußt auch der A3 auf dem Modularen Querbaukasten MQB und fährt deshalb mit der gleichen Technik. Zum Start gibt es den A3 als 1.5 TFSI mit einem 150 PS starken Benziner sowie einem 2.0 TDI, der 116 PS oder 150 PS leistet. Wenig später folgen ein 1.0 TFSI mit drei Zylindern und 110 PS für das Basis-Modell sowie der 1,5-Liter als Mild-Hybrid. Dabei will es Audi freilich nicht bewenden lassen. Sondern es soll mehr Diesel und Benziner geben, eine Erdgas-Umrüstung und sicher auch einen Plug-In-Hybriden. Außerdem gesellen sich zu den Fronttrieblern in der Startaufstellung bald wieder die ersten Quattros. Und natürlich stehen auch der S3 mit um die 300 und der RS3 mit etwa 400 PS auf dem Plan.

Egal mit welchem Motor aus der Startaufstellung man unterwegs ist, fühlt sich der A3 längst nicht mehr nach Kompaktklasse an: Das elektronisch geregelte Fahrwerk verbindlich, aber auch im Sportmodus noch versöhnlich, die mit wachsendem Einschlag immer direktere Lenkung und die gut gedämmten Motoren beamen die Insassen in die Mittelklasse und wenn es hinten etwas geräumiger zugehen würde, könnte man sich auch in einem A4 oder gar A6 wähnen.  

Gleichzeitig rüstet Audi bei den Assistenten auf: Das Licht wird schlauer, der adaptive Fahrassistent hält Spur und Abstand bis 210 km/h und bremst DSG-Modelle wie Handschalter im Stopp-and-Go-Verkehr bis zum Stillstand und genau wie der Golf kommuniziert der A3 mit der Infrastruktur sowie den umgebenden Autos und erweitert so seinen Horizont.

Zwar will Audi mit dem neuen A3 noch einmal frischen Wind in die Kompaktklasse blasen. Doch klappt das nur im übertragenen Sinne. Im wörtlichen Sinne dagegen wird der Sturm in den nächsten Monaten sogar deutlich nachlassen. Denn während es den A3 schon bald auch wieder als Limousine geben soll, bleibt das Cabrio beim Generationswechsel auf der Strecke.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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